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Plakatmotiv: Peggy Sue hat geheiratet (1986)

Ein Film, der an sich
selbst vorbei läuft

Titel Peggy Sue hat geheiratet
(Peggy Sue Got Married)
Drehbuch Jerry Leichtling & Arlene Sarner
Regie Francis Ford Coppola, USA 1986
Darsteller

Kathleen Turner, Nicolas Cage, Barry Miller, Catherine Hicks, Joan Allen, Kevin J. O'Connor, Jim Carrey, Lisa Jane Persky, Lucinda Jenney, Wil Shriner, Barbara Harris, Don Murray, Sofia Coppola, Maureen O'Sullivan, Leon Ames, Randy Bourne, Helen Hunt, Don Stark u.a.

Genre Komödie, Romantik
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
22. Januar 1987
Inhalt

Peggy Sue, Geschäftsfrau und Mutter zweier Kinder, will sich gerade von ihrem windigen Mann Charlie scheiden lassen. Auf einem Klassentreffen zum 25. Abschlussjubiläum bricht sie ohnmächtig zusammen und erwacht im Jahre 1960.

Mit dem Wissen einer reifen Frau erlebt sie erneut die turbulente Zeit ihrer eigenen Pubertät, lernt Charlie neu schätzen und bleibt – zurück in der Zukunft – mit ihm zusammen …

Was zu sagen wäre

Der große Traum: Fehler auszubügeln, die das heutige Leben beeinflussen – zurückgehen, eine/n andere/n küssen, dadurch heutigen Familienstatus ändern. Wenn es doch so einfach wäre. Ein Jahr nach Zurück in die Zukunft (1985), in dem die Folgen einer Zeitreise exzessiv verhandelt werden, kommt schon wieder ein Zeitreisefilm in die Kinos. Angesichts durchschnittlicher Vorproduktionsphasen eines Films darf ausgeschlossen werden, dass hier ein paar Trittbrettfahrer den Erfolg kopieren und die schnelle Mark am Bahnhof machen wollten. Im Gegenteil: Die Vorgeschichte zu diesem Film ist lang, ursprünglich war Penny Marshall (Jumpin' Jack Flash – 1986) für die Regie vorgesehen, Francis Ford Coppola (Cotton Club – 1984; Rumble Fish – 1983; Die Outsider – 1983; Einer mit Herz – 1981; Apocalypse Now – 1979; "Der Dialog" – 1974; Der Pate II – 1974; Der Pate – 1972) sprang dann ein und liefert seine erste Auftragsarbeit ab – mit seinem Neffen Nicolas Cage in der zweiten Hauptrolle und seiner Tocher Sofia in der Nebenrolle als Peggy Sues jüngere Schwester.

Das Thema scheint allgemein in der Luft zu liegen, durch die Zeit reisen und die Gegenwart zu einem besseren Ort zu machen. Großer Traum. Nicht zu realisieren. Auch nicht im Kino. Peggy Sue will gar nichts ändern. Sie hat sich mit dem Scheitern ihres Lebens abgefunden. Ihr Mann Charlie ist mit der jüngeren Sekretärin durchgebrannt. Die Scheidung läuft. Und dann passiert – und das ist einer der schönen Aspekte in diesem Film – irgendwas, was nicht näher erläutert wird. Es gibt keine kosmische Planetenkonstellation, keinen heftigen Schlag auf den Hinterkopf oder irgendsowas. Peggy Sue wird einfach nur ohnmächtig und wacht 25 Jahre früher wieder auf. Wobei unklar ist, ob sie wirklich aufwacht, oder doch eher träumt oder irgendwie halluziniert. Der Film folgt ihrer Perspektive, die damit die des Zuschauers wird, und damit lebt sie plötzlich wieder in ihrer Teenagerzeit. Und die ist erst einmal wunderschön.

Coppolas Produktionsdesigner und Partner in Crime Dean Tavoularis (Rumble Fish – 1983; Die Outsider – 1983; Hammett – 1982; Apocalypse Now – 1979; Fahr zur Hölle, Liebling – 1975; Der Pate 2 – 1974; "Der Dialog" – 1974; Der Pate – 1972; Little Big Man – 1970) lässt die 50er mit bulligen Haifischflossenkotflügel-Autos, bunten Schaufensterauslagen und Wohnungseinrichtungen lebendig werden. Auf dem Soundtrack spielen Buddy Holly, Dion & The Belmonts, Little Anthony oder The Diamonds. Würde der Film einfach die Erfolgswelle reiten, würde Peggy Sue nun daran gehen, Dinge anders zu entscheiden, um ihr späteres Familienleben und das ihrer Freundinnen und Freunde perfekter zu gestalten. Tut sie aber nicht. Die längste Zeit läuft sie durch ihre Vergangenheit und weiß nicht recht, wie sie dahin gekommen ist. Auch ein Gespräch mit dem Physikgenie der Klasse, dem – natürlich – allseits verlachten Richard Norvik, bringt sie nicht wirklich weiter, dem sie aber allerlei Tipps für Erfindungen gibt, mit denen er später steinreich werden könnte – was dann aber weiter keine Rolle im Film mehr spielt. Peggy Sues Verhältnis zu Charlie, ihrem späteren Ehemann, ist durchgehend ein fragwürdiges. Einerseits ist er keine treue Seele, andererseits tut er kaum etwas anderes als Peggy Sue zu versichern, wie sehr er nur und ausschließlich sie liebe und dass das für die Ewigkeit gälte.

Nun könnte man meinen, Peggy Sue würde mit dem Wissen aus einer 25 Jahre währenden Zukunft wenn schon Charlie nicht frühzeitig in den Wind schießen, dann doch ihn auf Gleise schubsen, die ihm eine glücklichere berufliche Zukunft sichern. Denn Charlie wollte eigentlich mal Musiker werden und war auch talentiert. Aber in der Gegenwart zu Beginn des Films leitet er ein Fachgeschäft für Elektroartikel, die er in wilden TV-Spots mit billig, billig, billig anpreist. Charlie wird gespielt von Nicolas Cage ("Birdy" – 1984; Cotton Club – 1984; Rumble Fish – 1983; Ich glaub' ich steh' im Wald – 1982) und der macht es einem mit seiner blondierten ins Riesenhafte überzogenen Elvistolle und seinem exaltierten Auftreten echt schwer. An dem Jungen ist wenig anziehend; bis auf ein paar Dialogsätze aus dem Drehbuch. Aber dass dieser Charly später mal seine Frau und die beiden Kinder für eine Jüngere sitzen lässt, kann Nicolas Cages Performance von Anfang an nicht verhehlen. In Zeiten, in denen im realen Leben der westlichen Welt bald jede zweite Ehe geschieden wird, muss das Kino schon stärkere Geschütze auffahren, um einen Hallodri zum glaubhaften Liebhaber zu machen. Das passiert hier aber nicht und als dann Peggy Sue am Ende erneut aufwacht und in ihrer Gegenwart dem nun wieder faltigen Charly/Nicolas Cage gegenüber sitzt, der sich nicht (mehr) scheiden lassen will, weil die jüngere Sekretärin doch nicht so toll war wie geglaubt, fragt man sich: Und was sollte das alles jetzt?

Das schönste Kino ist das, was einen überrascht. Das schaffen im zeitgenössischen Kino so Regisseure wie (manchmal) Wim Wenders, die zunächst mal auch keine Geschichte erzählen, im Nachhinein aber über ihre Bilder einen ganzen Kosmos an Geschichten offenbaren (Paris, Texas – 1984; Der Stand der Dinge – 1982; Der amerikanische Freund – 1977; Im Lauf der Zeit – 1976; Alice in den Städten – 1974) – mit Coppola ist Wenders bei seinem Hammett-Projekt ja dann prompt über Kreuz geraten. Umso dringlicher sucht man in "Peggy Sue …" nach den magischen Momenten, die Coppola doch so verschwenderisch in seinen Pate-Filmen und in Apocalypse now verteilt hat. Aber da ist innerhalb der zauberhaften 50er-Jahre-Kulisse nichts weiter, was Zauber entfacht, Charlie bleibt ein Schwätzer, der in einem Elektrofachhandel versinkt. Peggy Sue hat – offenbar hat tatsächlich so etwas wie eine Zeitreise stattgefunden – den Poeten Fitzsimmons zu einem erfolgreichen Gedichtband inspiriert. Aber warum Rosalie in der Gegenwart im Rollstuhl sitzt, was es also mit ihr in der Vergangenheit auf sich hatte, bleibt ungeklärt. Bei allem Respekt vor der Kunstfreiheit eines Regisseurs, aber: Ein Zeitreisefilm ist kein Kunst-Stück. Ein Mensch, der in einem Zeitreisefilm im Rollstuhl sitzt, muss über die Story erklärt werden. Wird er das nicht, entlässt er den Zuschauer aus einem unfertigen Film.

Das ist das Gefühl bei diesem Film, den die derzeit sehr angesagte Kathleen Turner auf ihren Schultern tragen muss (Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil – 1985; Die Ehre der Prizzis – 1985; China Blue bei Tag und Nacht – 1984; Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – 1984; "Der Mann mit zwei Gehirnen" – 1983; Eine heißkalte Frau – 1981). Er ist nicht fertig. Schön, gefühlig, aber incomplete.

Wertung: 5 von 10 D-Mark
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