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Plakatmotiv: Einer mit Herz (1981)

Francis Ford Coppola erkennt hinter
der Kamera das reale Leben nicht

Titel Einer mit Herz
(One from the Heart)
Drehbuch Armyan Bernstein & Francis Ford Coppola & Luana Anders
Regie Francis Ford Coppola, USA 1981
Darsteller

Frederic Forrest, Teri Garr, Raul Julia, Nastassja Kinski, Lainie Kazan, Harry Dean Stanton, Allen Garfield, Jeff Hamlin, Italia Coppola, Carmine Coppola, Edward Blackoff, James Dean, Rebecca De Mornay, Javier Grajeda, Cynthia Kania, Monica Scattini, Luana Anders, Judith Burnett u.a.

Genre Drama, Musical, Romanze
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
30.September 1982
Inhalt

Nach fünf Jahren Beziehung voller Höhen und Tiefen scheint die Trennung endgültig besiegelt: In der Nacht vorm 4. Juli streiten sich Hank und Frannie lauthals auf offener Straße.

Um sich über ihre Partnerschaft und deren Zukunft im Klaren zu werden, flüchten beide jeweils in eine nächtliche Odyssee im bunten Las Vegas. Sie lernt dabei einen exotischen Kellner kennen, der sie umgarnt und schließlich verführt, er trifft auf eine mysteriöse Zirkustänzerin, die sich in ihn verliebt.

Am Ende einer langen bewegten Nacht finden Hank und Frannie schließlich wieder zueinander – doch werden sie noch eine weitere Chance erhalten ..?

Was zu sagen wäre

In Amerika stimmt was nicht!“, klagt Hank. „Was denn?“, fragt sein Kumpel Mo. „Na, das Licht!“ „Das Licht? Was is'n damit?“ „Es gibt keine Geheimnisse mehr. Es ist alles nur Schein, alles Glamour, irgendwelche unechte Scheiße!

Dieser Dialog umschreibt ziemlich gut das Problem dieses Films von Francis Ford Coppola ("Der Dialog" – 1974; Der Pate II – 1974; Der Pate – 1972), dem Mann, der uns das Familienleben der Mafia so eindringlich geschildert hat, dass die Realität der wahren sizilianischen Mafia mit ihren Kellerverstecken dagegen keine Chance mehr hat. Mafia ist wie in Der Pate. Stimmt nicht, ist aber seit dem Film nun mal so! Das Leben ist allerdings nicht wie das in "One from the Heart". An dem ist nichts echt. Auch nicht die inszenierten Gefühle, die Coppola mit so viel bonbonbunten Farben in Realität übersetzen will.

Erst auf dem Nachhause-Weg nach diesem Film, an der frischen Luft, beim Durchatmen, entfaltet sich das Drama eines großen Filmemachers, der sich nach seinen beiden exorbitant gelungenen, bei Publikum und Kritik gefeierten Filmen Der Pate I und II in das Abenteuer zu Apocalypse Now stürzte, einen Vietnamfilm mit lauter Originalschauplätzen, großen Explosionen, unkontrollierbarem Wetter und unerwarteten Krankheitsfällen, dessen Dreharbeiten mehrfach vor dem Abbruch standen, Coppola zu ruinieren drohten, am Ende aber zum Triumph des Alles-oder-Nichts-Filmemachers wurden. Plakatmotiv (US): One from the Heart (1981) Als Folge gründete Coppola sein eigenes Studio, Zoetrope, und konzipierte einen Film, bei dem er alles unter Kontrolle haben wollte. Wirklich alles. Also erschuf er eine Welt komplett im Studio.

Er schmeißt die Gegensätze Romantik und Las Vegas gegeneinander, wahre Gefühle gegen künstliche Animation. Dazu baut er Las Vegas in seinen Studiohallen nach – und kaschiert die Studiohallen auch gar nicht, manchmal sehen wir die mit schwarzem Molton abgehängten Wände – um eine heißblütige Liebesgeschichte zu erzählen, die vom Spelunkenbarden Tom Waits musikalisch begleitet wird; und wo Tom Waits jammert, wissen wir: mindestens Weltschmerz!

Und Coppola hat – endlich – alles unter Kontrolle. Damit auch wirklich nichts schief geht, lässt er seinen Hauptdarsteller Frederic Forrest so herrichten, dass er immer wieder an Marlon Brandos Stanley Kowalski in "Endstation Sehnsucht" erinnert, der dessen Charakter auch lautmalerisch nacheifert in seinem Namen Hank Poleski. Kowalski hat dem Schauspieler Brando unsterblichen Ruhm eingebracht, kann also wohl nichts schief gehen. Hanks Freundin Franny dekoriert Schaufenster und baut da ein Bora Bora als Traumdestinaton des Pauschalurlaubers auf, das mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Und sie freut sich über einen Typen, der sie charmant besingt, weil doch ihr Hank überhaupt nicht singen kann. Aber real ist jener Galan dann auch nicht, bemüht den Film Casablanca als Ausdruck für das große, emotionale Drama – nicht etwa das wahre Leben: „Und wo wollen Sie hin?“, fragt ihn Franny. „Ich weiß es noch nicht“, antwortet Kellner Ray. „Irgendwo. Wie im Film Casablanca. (…) Humphrey Bogart. Er war wirklich cool. Er besaß diesen eleganten Club. Das könnte ich auch sein.“ „Sie wissen ja, am Ende des Films hat er die Frau verloren.“ „Nein! Er hätte sie haben können, aber er verzichtete auf sie für etwas größeres.“ „Und wofür?“ „Für die Freiheit!“ „Die … Freiheit …“, rätselt daraufhin Franny, die diesem Gedankengang offensichtlich nicht so wirklich folgen mag.

Wäre schön, wenn wenigstens an einer Stelle in diesem Film mal ein nachvollziehbar menschliches Gefühl aufploppen würde.

Coppola ersetzt in seinem Film in der künstlichen Las-Vegas-Kulisse reale Emotion gegen schon mal gelebte Gefühle aus vergangenen Kinoklassikern. Daraus entsteht nichts Neues. Was ich sehe, sagt mir nichts, was ich nicht schon weiß. Ich bin im Kino mit Godzilla, Space Odyssey, Spiel mir das Lied vom Tod und Krieg der Sterne groß geworden. Alles, was "One from the Heart" mir erzählt, haben mir die genannten Filme in ebenfalls überwiegend künstlicher Kulisse auch schon erzählt: Irgendwie aufregende Abenteuer als Metapher zur Realität. Aber da gab es dann wenigstens Raumschiffe, einen Kinder mordenden Henry Fonda oder Städte zertrampelnde Monster, die jeweils für Atemlosigkeit gut waren. Aber in "One from the Heart" fressen sich die künstlichen Emotionen in künstlichen Kulissen gegenseitig auf. Keine Atemlosigkeit nirgends.

Übrig bleibt ein leer gegessener Teller. Warum soll ich für den ins Kino gehen?

Wertung: 2 von 9 D-Mark
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