Annie Braddock ist eine junge Frau aus New Jersey, die nach ihrem Abschluss in Anthropologie bei der Jobsuche in eine Identitätskrise gerät, weil sie selbst nicht zu wissen scheint, wer sie eigentlich ist. Durch einen Zufall trifft sie im Central Park auf Mrs. X, eine junge Mutter aus der New Yorker Oberschicht, die sie auf Grund ihres Namens Annie für eine Nanny hält und ihr prompt eine Stelle anbietet. Annie, auf der Suche, nimmt kurzerhand an.
Schon am Tag ihres Einzuges in die noble Wohnung im Stadtteil Upper East Side merkt Annie, dass ihre neue Arbeit ganz anders werden wird, als sie es sich vorgestellt hat. Zunächst erfährt sie, dass ihre Vorgängerin auf Grund eines einzelnen Dates entlassen wurde, dann erhält sie ein Zimmer in der Wohnung, welches eher einer Besenkammer gleicht, und zu allem Überfluss scheint der Sohn Grayer sie zu hassen, da er noch sehr an seiner alten Nanny hängt.
Auf dem Hausflur lernt Annie nach kurzer Zeit Hayden kennen, den attraktiven Nachbarn der Familie X. Im Laufe der ersten Wochen gelingt es Annie, ihre Beziehung zu Grayer in den Griff zu bekommen, und der kleine Junge schließt sie als Ersatzmutter in sein Herz, da seine echte Mutter egozentrisch ist und keine echte Beziehung zu ihrem Sohn hat. Genauso wenig konnte der Vater des Kindes eine Beziehung zu diesem aufbauen, stattdessen vernachlässigt er den Sohn sowie seine Frau, wodurch er Familienprobleme verursacht.
Durch Annies Freundschaft mit Hayden und ihre gute Beziehung zu Grayer, auf die dessen Mutter mehr und mehr eifersüchtig wird, spitzen sich die Probleme zu. Auch Annies Wunsch nach gelegentlichen freien Abenden ist Mrs. X ein Dorn im Auge. Ein weiteres Problem für Annie stellt ihre Mutter, eine engagierte Krankenschwester, dar, welche glaubt, dass ihre Tochter in einer Bank arbeitet und sie nach ihrem Wegzug aus dem Elternhaus nur zu gerne besuchen will …
Das Leben ist ungerecht, seine Gaben und Leistungen unfair verteilt – die einen sind reich, die anderen nicht. Das Hollywood-Kino macht sich diesem Umstand gerne zunutze, um uns, den weniger Privilegierten gegen Einsatz einer Kinokarte Trost zu spenden, weil es uns zeigt: Die da oben sind alle irre, wir hier auf Normalniveau sind anständig und engagiert. Man könnte Karl Marx abwandeln und behaupten Hollywood ist Opium fürs Volk. Denn natürlich wissen wir, dass die da oben so irre gar nicht sind – nun gut: Es gibt Ausnahmen – aber wir glauben‘‚ gerne für zwei Stunden und lassen die Reicdhen danach reich sein, während wir anschließend weiter hoffen, dass die nächste Mieterhöhung moerat ausfällt.
Die Filmplakate zu diesem Film – das us-amerikanische wie das deutsche – geben die Blickrichtung dieses angeblich auf total wahren Beobachtungen basierenden Films vor. Das englische bietet grimmig schauende Nanny und „A comedy about life at the top, as seen from the bottom“, das deutsche zeigt eine ergeben lächelnde Nanny mit dem Satz „Sie wollte nur einen Job … und findet Mr. Right“. In Deutschlands Kinobranche gilt der richtige, also reiche, Mann immer noch als großes Ziel einer Frau, in den USA der sarkastische Blick auf die Oberen Zehntausend als Wunsch der zahlenden Masse. Und zwischen diesen beiden Polen geht der Film dann baden.
Das ist zu Beginn noch eine schöne Idee, wenn die Anthropologin auf prekärer Jobsuche unversehens ein Forschungsfeld bei einer seltenen Spezies – den Superreichen – erhält und distanziert sachlich, also satirisch, erzählt. Aber wovon erzählt sie dann? Ein superreicher New Yorker, der nie da ist, sich ein blondes Frauchen hält, das den gemeinsamen Sohn als Accessoire missversteht und Angestellte quält – das ist ungefähr so überraschend, wie hohe Wohnungspreise an der Fifth Avenue. Bald verliert dieser satirische Blick sein Tempo und verkommt zur durchschnittlichen Love-Story, in der die arbeitslose Anthropologin am meisten damit zu kämpfen hat, den ehrlichen Avancen des charmanten Sohnes aus sehr reichem Hause frauhaft zu widerstehen.
Den Film retten die Schauspielerinnen. Laura Linney als zickige Schnösel-Mom ist herrlich giftig, schafft dann mühelos die moralische Wende in letzter Minute. Donna Murphy hat einen kurzen Auftritt als Annies Mutter, breitet da aber die ganze Palette aus – ich verstehe, warum Annie vor ihr flieht und ich verstehe, warum das ein großer Fehler ist. Chris Evans, den wir hierzulande am ehesten als feurigen Johnny Storm aus den Fantastic-Four-Filmen kennen, ist eben das: feurig charmant, cute looking und aufrecht.
Scarlett Johansson, die die Titelrolle spielt, macht das allerbeste daraus (Prestige - Die Meister der Magie – 2006; Black Dahlia – 2006; Scoop - Der Knüller – 2006; Die Insel 2005; Match Point – 2005; Lovesong für Bobby Long – 2004; Das Mädchen mit dem Perlenohrring – 2003; Lost in Translation – 2003; Arac Attack – 2002; Ghost World – 2001; The Man Who Wasn't There – 2001; Der Pferdeflüsterer – 1998; „Wenn Lucy springt“ – 1996; „Im Sumpf des Verbrechens“ – 1995). Die 23-Jährige osziliert zwischen schmollmündigem Kleinkind, halbwüchsiger Vertreterin der Generation Y und patentem Mutterersatz, als würde sie nie anderes machen.
Diese Tagebücher sind ungefähr so überraschend wie Geschrei beim Kindergeburtstag und leben von ihren Darstellern.