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Plakatmotiv: Zu guter Letzt (2017)

Ein Feelgood-Movie, dem ein
bisschen Bodenhaftung gut täte

Titel Zu guter Letzt
(The Last Word)
Drehbuch Stuart Ross Fink
Regie Mark Pellington, USA 2017
Darsteller
Shirley MacLaine, Amanda Seyfried, AnnJewel Lee Dixon, Thomas Sadoski, Philip Baker Hall, Gedde Watanabe, Tom Everett Scott, Joel Murray, Yvette Freeman, Valeri Ross, Anne Heche, Steven Culp, Adina Porter, Todd Louiso, Chloe Wepper, Sarah Baker, Nikki McCauley, Marshall Bell u.a.
Genre Komödie, Drama
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
13. April 2017
Website bleeckerstreetmedia.com/thelastword
Inhalt

Harriet Lauler hat in ihrem Leben nie etwas dem Zufall überlassen. So möchte es die wohlhabende Ruheständlerin auch mit ihrem Vermächtnis halten. In ihrem Auftrag soll daher die junge Journalistin Anne Sherman schon zu Lebzeiten einen Nachruf verfassen, der sie nach ihrem Ableben als Familienmensch, Vorbild und Wohltäterin im allerbesten Licht erscheinen lassen wird.

Natürlich hat Harriet, Kontrollfreak durch und durch, eine Liste mit den zu befragenden Stichwortgebern erstellt: vom Exmann bis zur Friseurin, alle alphabetisch sortiert. Leider weiß niemand etwas Positives über die vereinsamte Kratzbürste zu berichten – nicht einmal ihre Tochter Elizabeth. Kein Wunder, dass die Auftraggeberin mit dem ersten Entwurf von Anne alles andere als zufrieden ist. Also beschließt Harriet, ab sofort Einiges zu ändern – natürlich in Begleitung ihrer Chronistin.

Mit der gewohnten Portion Zynismus sucht die Selfmade-Erfolgsfrau ein gütiges Werk aus, um die Nachwelt zu beeindrucken: Sie möchte dem Leben eines schwarzen Mädchens aus schwierigen Verhältnissen eine Wende geben. Um die neunjährige Brenda für ihren Plan zu gewinnen, muss sich die Wohltäterin allerdings ins Zeug legen, denn das Mädchen hat seinen eigenen Kopf. Dass Harriet endlich mal wieder so richtig gefordert ist, setzt ungeahnte Energie frei – und lässt nicht nur bei ihr neue Lebensfreude aufkommen …

Was zu sagen wäre

Im Alter wird dem Menschen spürbar, dass das Leben endlich ist. Es wächst, auch wenn man das sein Leben lang nicht für möglich hielt, die Frage nach dem Danach. Nicht das esoterische Danach, sondern die Frage “Wie werde ich in Erinnerung bleiben?“ Unter Mark Pellingtons Regie kümmert sich die alte Harriet lieber zu Lebzeiten darum, was von ihr übrig bleibt.

Mark Pellington ist ein Regisseur, der im Genre nicht festgelegt ist. Er dreht Musikvideos für Kid Rock, Michael Jackson, U2, die Foo Fighters oder für Bruce Springsteen, dann Fernsehserien und hin und wieder auch Kinofilme und da so unterschiedliche wie Arlington Road (1999) oder "The Mothman Prophecies" (2002). Hier ein Politthriller, da ein Horrorfilm, sein "Zu guter Letzt" ist ein charmantes Feelgood Movie über Frauen, die ihren Weg im Leben suchen. Das heißt, die eine hat ihn gefunden. Harriet hat in den piefigen 50er Jahren an allen Männerhürden vorbei eine erfolgreiche Werbefirma aufgebaut, weil sie stets ihren Dickkopf durchgesetzt hat – und wurde dafür vom Drehbuch mit jahrzehntelanger Einsamkeit bestraft, die sie in einem imposanten Haus verlebt, in dem sie die Angestellten knechtet. Shirley MacLaine spielt Harriet gewohnt kratzbürstig mit weichem Herz, eine Rolle, die sie über die Jahre verinnerlicht hat (Das erstaunliche Leben des Walter Mitty – 2013; Valentinstag – 2010; Magnolien aus Stahl – 1989; Auf dem Highway ist wieder die Hölle los – 1984; Zeit der Zärtlichkeit – 1983; "Willkommen, Mr. Chance" – 1979; Ein Fressen für die Geier – 1970; Siebenmal lockt das Weib – 1967; Immer mit einem anderen – 1964; Das Mädchen Irma la Douce – 1963; Infam – 1961; Das Appartement – 1960; Immer Ärger mit Harry – 1955). Die andere Frau, Anne, weiß nicht so recht, wohin mit sich. Sie trauert ihrer Mutter nach, die die Familie verlassen hat, als sie noch ein kleines Kind war und die jetzt, mit Anfang 30, Nachrufe bei der örtlichen Zeitung verfasst, damit ihren Lebensunterhalt verdient, eigentlich aber Schriftstellerin sein möchte, ihre verträumten Essays, die sie handschriftlich in einer Klasse sammelt, aber für zu schlecht für die Welt da draußen erachtet. Plakatmotiv (US): The Last Word (2017) Für Amanda Seyfried ist die Rolle eine Auszeit, keine, die der wandlungsfähigen Schauspielerin, die leichtfüßig zwischen Drama, Komödie, Action und Science Fiction wechselt, viel abverlangt (Mank – 2020; "Mamma Mia! Here We Go Again" – 2018; Zu guter Letzt – 2017; Gefühlt Mitte Zwanzig – 2014; A Million Ways To Die In The West – 2014; In Time – Deine Zeit läuft ab – 2011; Das Leuchten der Stille – 2010; Jennifer's Body – Jungs nach ihrem Geschmack – 2009; "Mamma Mia!" – 2008).

Genau betrachtet gibt es noch eine dritte Frau in diesem Film, Brenda. Die ist noch ein Kind, hat keine Eltern mehr, lebt in einem Heim und hat, ähnlich wie die alte Harriet, sehr eigene Vorstellungen vom Leben. Deshalb hat sich Harriet auch gleich in Brenda verguckt. Brenda ist süß, Afroamerikanerin mit lustigen Zwirbellocken wie sie früher eines der Mädchen aus den "Kleinen Strolchen" hatte. Sie taucht zwar immer wieder auf im Film, spielt aber eigentlich keine weitere Rolle. Weder tauchen ihre Eltern wieder auf, noch wird sie am Ende adoptiert (oder was sonst immer in Feelgood Movies mit solchen Kindern passiert) und als sie Anne, der verhinderten Schriftstellerin, deutlich gemacht hat, dass sie auch ihre Mom vermisst, dies aber nicht ihr weiteres Leben bestimme, ist die Rolle des kleinen Mädchens auch schon durch und gerät zur reinen Staffage.

Die Männer spielen vordergründig nur die Nebenrolle. Harriets geschiedener Ehemann hat einen kurzen Auftritt und Anne lernt den Betreiber einer freundlichen, betont nicht digitalen Radiostation (Altmodisches – oder: Antimodernes – gehört zu solchen Filmen, wie das Herz zur Liebe) kennen, den sie irgendwann mal sehr proaktiv küsst. Die Männer sind nicht Mittelpunkt aller Dialoge. Aber: Erst, als sich Harriet mit ihrem Mann ausgesprochen hat und er sie nochmal in den Arm genommen hat, und erst, als Anne ihr Love Interest küsst, nimmt beider Leben endlich die glückliche Wendung, gibt Anne ihren einengenden Nachruf-Job auf und zieht in die weite Welt, um das Leben zu umarmen.

Wie es die Radiostation in die Geschichte geschafft hat? Nun, Harriet ist da rein marschiert, sagte, ich bin wohlhabend, Sie müssen mich also nicht bezahlen, aber ich will ab sofort Discjockey in ihrer Morgensendung sein. Und sie bekommt den Job, weil sie ein paar interessante Schallplatten dabei hat und die Kiinks super findet. Sowas passiert nur im Kino und auch da ob seiner albernen realitätsferne nur sehr dosiert, aber die Radiostation gibt dem Film seinen Soundtrack. Jede Menge Golden Oldies klingen von der Tonspur, während die Frauen ihre Leben ins Reine, bzw. auf die Schiene bringen.

Das ist großer Kitsch, ein bisschen verlogen, ein bisschen bescheuert und Austob-Terrain für die große Shirley. Aber wenn man sich schonmal die Zeit genommen hat, in den Film reinzuschauen, wird man auch nicht gelangweilt. Feelgood eben.

Wertung: 3 von 8 €uro
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