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Plakatmotiv: Mank (2020)

Die Entstehungsgeschichte des größten
Films aller Zeiten als menschliches Drama

Titel Mank
(Mank)
Drehbuch Jack Fincher
Regie David Fincher, USA 2020
Darsteller

Gary Oldman, Amanda Seyfried, Lily Collins, Tom Pelphrey, Arliss Howard, Tuppence Middleton, Monika Gossmann, Joseph Cross, Sam Troughton, Toby Leonard Moore, Tom Burke, Charles Dance, Ferdinand Kingsley, Jamie McShane, Jack Romano u.a.

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 131 Minuten
Deutschlandstart
4. Dezember 2020 (Streaming-Premiere)
Inhalt

1940 verkriecht sich Herman J. Mankiewicz auf einer abgelegenen Ranch in der Mojave Wüste. Der nach einem Unfall auf Krücken angewiesene, schwer alkoholkranke Autor soll dort für das Regie-Debüt des neuen Hollywood-Wunderkinds Orson Welles in nur 60 Tagen das Skript schreiben – unterstützt von der britischen Schreibkraft Rita und der deutschen Krankenschwester Freda.

In dem Film geht es um einen reichen Zeitungsmagnaten, einen Menschen wie William Randolph Hearst, den Mankiewicz 1930 kennenlernte, mit dem er sich anfreundete und schließlich nach turbulenten Jahren entzweite. So wird Citizen Kane zur ganz persönlichen Abrechnung mit Hearst und einem anti-liberalen Hollywood …

Was zu sagen wäre

Wenn es in Filmen um Film geht, stehen selten die Drehbuchautoren im Mittelpunkt. Sie gelten den Machern in der Branche nicht so viel. Einerseits liefern sie den dringend benötigten Content, um überhaupt drehen zu können. Andererseits gelten sie als Künstler, die wenig an den Markt denken, auf dem ihre Kunst verkauft werden soll. Dazu kommt, dass Schreiben keine glamouröse Sache ist; spannend schon gar nicht. Spannender als das Schreiben als solches ist allemal die Situation, aus der heraus geschrieben wird. So war auch der letzte große Drehbuchautorenfilm Trumbo eine Geschichte über die Auswirkungen der Kommunistenhatz im Hollywood der 1950er Jahre.

Auch David Finchers Film über den Drehbuchautoren Herman J. Mankiewicz ist kein Film übers Drehbuch schreiben. Es ist ein Film, der von der manipulativen Macht des Kinos erzählt. Eine Macht, die den Zuschauer glauben lässt, dass „King Kong zehn Stockwerke groß ist und dass Mary Pickford mit 40 Jahren noch Jungfrau ist“, lässt sich auch für politische Zwecke missbrauchen. Also lässt Studioboss Louis B. Mayer einen Fake-News-Beitrag für die Wochenschau produzieren, die den demokratischen Kandidaten für die Gouverneurswahl in Kalifornien Upton Sinclair in schlechtes Licht rückt. Die USA stehen noch unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise, die als Great Depression in die Geschichte einging. Die Menschen haben keine Arbeit, können sich die 25 Cent für ein Kinoticket nicht leisten, da sind die Studios scharf auf Unterhaltung, nicht auf gefilmte Realität. Mayer drückt die Löhne seiner Mitarbeiter und hofiert den schwer reichen Verleger William Randolph Hearst, der seiner Geliebten Marion Davies eine Filmkarriere finanziert.

In diesen einflussreichen Kreisen bewegt sich Mankiewicz als geduldeter Hofnarr. Der als Journalist, Essayist und Drehbuchautor erfolgreiche, von allen „Mank“ gerufene Wortakrobat wird für seine respektlosen Sottisen und boshaften Seitenhiebe geschätzt. Bis ihn seine rasende Alkoholsucht aus der Kurve trägt. Herman J. Mankiewicz, geboren 1897 als Sohn deutschstämmiger Juden in New York, galt als brillanter Schreiber für Zeitungen, Film und Broadway, als genialer Producer der Marx Brothers. Doch im Lauf der Dreißigerjahre, deren Stil er mitprägte, hatten noch die letzten Freunde die Geduld mit ihm verloren – alkoholkrank und spielsüchtig, wie er nun einmal war. Da kommt schließlich das Angebot, dem neuen Wunderkind der Traumfabrik, Orson Welles, ein Drehbuch zu schreiben, wie ein Rettungsanker daher. Mankiewicz schreibt Citizen Kane, von dem wir heute wissen, dass dieser Film der weltweiten Filmkritiker liebstes Kind ist.

Der Film gibt sich biografisch (s.u.). Dabei ist nicht sicher, ob sich alles so getragen hat. Tatsächlich hat sich Mankiewicz über mehrere Wochen in die Mojave-Wüste zurückgezogen, um das Drehbuch zu schreiben. Tatsächlich bekamen er und Orson Welles den Oscar für das Drehbuch und glänzten beide bei der Oscar-Show durch Abwesenheit. Beide hatten sich zerstritten über die Frage, ob oder wie Mankiewicz in den Credits genannt wird. Aus diesem – vermutlich – epochalen Krach macht sich David Fincher nichts. Er inszeniert eine kurze, lautstarke Auseinandersetzung zwischen Mankiewicz und Welles, deren Kern dem Zuschauer, der nicht im Filmbusiness sein Brot verdient, verschlossen bleibt, um dann zu seinem eigentlichen Thema zurückzukehren – der Autor als notwendiges Übel; als Hofnarr.

Fincher (Gone Girl – 2014; Verblendung – 2011; The Social Network – 2010; Der seltsame Fall des Benjamin Button – 2008; "Zodiac: Die Spur des Killers" – 2007; Panic Room – 2002; Fight Club – 1999; The Game – 1997; Sieben – 1995; Alien 3 – 1992) erzählt das auf zwei Zeitebenen. Auf der ersten schreibt Mank, der einst gefeierte und heute verlassene Autor, das Buch und kämpft mit seiner Alkoholsucht. Auf der zweiten Ebene erleben wir das Hollywood der frühen 30er Jahre, aus denen Mankiewicz, der gefeierte Hofnarr, seine Inspirationen holt. Der einzige Spannungsbogen speist sich aus der Frage, wie es kam, das Mankiewicz aus dem illustren Zirkel der Schönen und Reichen ausgeschlossen wurde. Alles andere weiß man, auch wenn man nicht im Filmbusiness sein Brot verdient. Das Drehbuch wurde geschrieben. William Randolph Hearst wollte alle Kopien kaufen, um den Film für immer aus dem Verkehr zu ziehen. Der Film wurde im zweiten Anlauf zum Klassiker. Das heißt: Viel Spannung ist da nicht; zumindest, wenn man sein Brot nicht im Filmbusiness verdient. Fincher verwendet viel Energie darauf, seinen Film zeitgenössisch – also: alt – aussehen zu lassen (s.u.), das gibt dem Film den Charme eines Nerd-Projekts, das ein vergessenes Genie feiert. Leben aber tut der Film von präzisen Dialogen und guten Schauspielern.

Gary Oldman ist als Mankiewicz ein aufrechter Streiter für die Wahrheit, ein Don Quichot im Kampf gegen die Lüge, ein Trinker vor dem Herrn. Oldman spielt den Titelheld mit bissigem Humor und Lust am Heldentum im Alter (Hunter Killer – 2018; Die dunkelste Stunde – 2017; Den Sternen so nah – 2017; Das Jerico-Projekt – 2016; Planet der Affen: Revolution – 2014; RoboCop – 2014; Paranoia – Riskantes Spiel – 2013; Dame, König, As, Spion – 2011; Batman Begins – 2005; Harry Potter und der Gefangene von Askaban – 2004; Hannibal – 2001; Rufmord – Jenseits der Moral – 2000; Lost in Space – 1998; Air Force One – 1997; Das fünfte Element – 1997; Léon – Der Profi – 1994; True Romance – 1993; Bram Stoker‘s Dracula – 1992; JFK - Tatort Dallas – 1991).

Wertung: 4 von 8 €uro
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