Mit Frauen kann er nicht. Eigentlich überhaupt mit Menschen nicht. Mark Zuckerberg ist an der Uni Harvard das, was man einen Nerd nennt. Er kann mit Computern umgehen, Websites bauen, programmieren. Aber das ist nicht der Grund, wieso Frauen ihn nicht mögen. Erica Albright, seine aktuelle Flamme, sagt es ihm, bevor sie ihn in der Kneipe sitzen lässt - „Die Leute mögen Dich nicht, weil Du ein Arschloch bist.”
Allein auf seiner Bude entwickelt der Student im Jahr 2003 die Idee für eine Webseite namens FaceMash, auf der die Nutzer jeweils Bilder zweier Frauen präsentiert bekommen und per Mausklick deren Attraktivität vergleichen und bewerten können. Den Algorithmus für den Bildervergleich liefert ihm sein bester Freund Eduardo Saverin. Um an das entsprechende Bildmaterial für die Webseite zu kommen, hackt sich Mark in die Datenbanken aller Wohnheime der Harvard University, stiehlt aus den Online-Jahrbüchern der Fakultäten digitale Fotos der Studentinnen und stellt die Bilder online. Zeitgleich postet er herablassende Kommentare über seine Exfreundin in seinem Blog.
FaceMash verbreitet sich binnen weniger Stunden unter den Studenten der Universität und binnen kürzester Zeit bringt der Traffic die Server an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Die Universität unterbricht die Verbindung zum Server und Zuckerberg muss sich vor einem Gremium der Universität für den Vorfall verantworten. Als Strafe erhält er eine Bewährungszeit von sechs Monaten.
Die Berichte über die Webseite und deren überwältigenden Erfolg erreichen auch die ebenfalls in Harvard studierenden Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss und ihren Kommilitonen Divya Narendra. Sie kontaktieren Zuckerberg und besprechen mit ihm ihre Idee für ein elitäres soziales Netzwerk, das nur für die Kommilitonen an der Harvard University vorgesehen sein soll. Zuckerberg sagt zu, die drei zu unterstützen, ist dann jedoch für mehrere Wochen nur sporadisch für sie erreichbar.
Während dieser Zeit arbeitet er an seiner eigenen Webseite, die er „thefacebook.com” nennt. Die Grundidee umreißt Zuckerberg so: „Ich rede davon, sämtliche sozialen Erlebnisse im College online zu stellen.” Der ungeahnte Erfolg der Webseite überrollt die Gründer. Schnell wächst Facebook über Campus- und Länder-Grenzen hinaus. Zuckerberg trifft sich mit Sean Parker, dem Mitgründer der einstigen Musiktauschbörse Napster. Er wird Zuckerbergs Mentor und schlägt ihm unter anderem vor, das the im Domainnamen zu entfernen.
Fortan geht es nicht mehr um eine „Kommunikationsrevolution” an der Hochschule, sondern um viel Geld. Parker sagt: „Eine Million Dollar ist nicht cool. Weißt du, was cool ist? Eine Milliarde!” Er stellt den Kontakt zu Risikokapitalgebern her.
Damit lässt die Unternehmung endgültig den Campus-Charakter hinter sich. Freunde zerstreiten sich, gnadenlose Finanziers erscheinen auf der Bildfläche und die Zwillinge Winklevoss strengen einen Schadenersatzklage in Millionenhöhe gegen Zuckerberg an …
Wer hätte das nächste Biopic gebraucht? Noch dazu eines, dessen Buchvorlage höchst zweifelhaft ist, von der keineswegs bewiesen ist, dass das, was dort steht, einer realen Lebensgeschichte folgt.
Bunt, atemlos, unverschämt - Finchers Facebook-Krimi ist dynamisches Kino
Solche Fragen sollte man besser außen vor lassen und darauf vertrauen, dass David Fincher („Panic Room” - USA 2002; „Fight Club” - USA 1999; Sieben - USA 1995; „Alien 3” - UK/USA 1992) weiß, wie Kino geht. Sein Film ist kein Tech-Porno für Nerds, sondern im Grunde eine Rachegeschichte. Weil ein Junge nicht in die coolen Clubs gelassen wird, entwickelt er seinen eigenen Club - mit Perl-Skript und SSL-Schlüsseln, statt Geld und Lacoste-Hemden. Und um bei Facebook Mitglied zu werden, muss man auch nicht mehr nächtelang in Unterhosen auf dem Campus ausharren, wie das im Film-Harvard noch zum Ritual gehört. Die Mitgliedschaft im angesagtesten Club der Welt ist körperlos und kostet nichts. Bätsch.
Finchers Facebook-Film ist dynamisches Kino, ein buntes, atemloses, unverschämtes Porträt der Digital Native Generation. Fincher macht das einzig richtige, um der Biografie-Falle zu entgehen: Er springt in der Zeit - einmal sind wir in der Entwicklungsphase von Facebook dabei, im nächsten Moment bei den Anhörungen zu den Schadenersatzforderungen. An der strikten chronologischen „Und-dann”-Dramaturgie krankte Finchers Seltsamer Fall des Benjamin Button. In „social network” beherrscht Fincher sein Handwerk so gut, dass er weder Blenden noch Jahreszahlen noch fliegende Kalenderblätter noch sonst irgendein Objekt aus der filmischen Mottenkiste braucht, um in der Zeit zu springen. Bei Fincher reicht der einfache Schnitt; der Zuschauer weiß immer, wo er ist.
Elegante Bilder - Rythmischer Schnitt
Überhaupt der Schnitt. Die einzige Love-Interest lässt unseren Helden nach fünf Minuten sitzen, zwischendrin gibt's einmal schnellen Groupie-Sex auf dem Klo, der Rest ist Campus, Computer, Cash-funding - auf den ersten Blick nicht unbedingt bildstark und Leinwandtauglich. Aber Finchers Cutter Kirk Baxter und Angus Wall geben dem Film einen unwiderstehlichen Rythmus, der die Story und ihre Figuren treibt; dazu liefert Jeff Cronenweths Kamera elegante Bilder mit schöner Tiefe - dazu kommen Szenen bei einer Ruderregatta … da möchte ich gleich selbst wieder ins Boot steigen.
By the way: Die Zeit der Frischluft fröhnenden Gymnastikrecken ist vorbei. „the social network” ist das Porträt einer Generation, die die Wohnung nur noch virtuell verlässt. Am Ende ist es auch völlig egal, ob die Geschichte dieser sozial inkompetenten Zuckerberg-Figur auf einer realen Figur basiert oder nicht. „the social network” ist der Film zur absterbenden Bindungsbereitschaft; jeder kruscht vor sich hin, hält seine Schäfchen trocken. Gleichzeitig will zwar jeder wissen, was der andere macht, aber bitte online; das hat den Vorteil, dass man sie nicht fragen und dabei ggf. ein lästiges Gespräch führen muss.
Sehr cooles Kino!
Zuckerbergs ehemals bester Freund, Eduardo Saverin, erhält später , so sagt uns der Abspann - eine Abfindung in unbekannter Höhe, die Abfindung der Winklevoss-Zwillinge wird mit 65 Millionen Dollar beziffert. Zuckerberg wurde durch den Erfolg von Facebook laut Film zum jüngsten Milliardär der Welt.
Das Online-Lexikon Wikipedia schreibt über die Faktentreue des Films:
Einige Kritiker monierten, dass die Fiktionalität der Handlung nicht deutlich genug gemacht werde. Laut David Kirkpatrick, Autor des Buches The Facebook Effect: The Inside Story of the Company That Is Connecting the World. entspreche der Film nur zu ca. 40 % der Wahrheit.[3] Schon das abfällige und auf eine gemeine Art sarkastische Verhalten ("... snide and sarcastic in a cruel way ..."), in dem Jesse Eisenberg den Facebook-Gründer spiele, entspreche nicht den Tatsachen. Laut Kirkpatrick sei dieser viel eher eine sehr selbstsichere und verlässliche Person ("... unbelievably confident and secure.")
Die Mehrzahl der dargestellten Vorgänge seien tatsächlich so geschehen, aber viele seien auch verzerrt dargestellt, wodurch der generelle Eindruck, den der Film hinterlasse, ein falscher sei ("A lot of the factual incidents are accurate, but many are distorted and the overall impression is false.")
Die wichtigste Quelle für den Buchautor Ben Mezrich war Eduardo Saverin, der dem Autor während des Rechtsstreites und noch vor der Einigung mit Facebook als Berater zur Verfügung stand. Mark Zuckerberg selbst weigerte sich, mit den Machern des Films zu kooperieren, nahm an der Premiere nicht teil und distanzierte sich. Eine Werbeseite durfte der Filmvertrieb Sony auf Facebook nicht schalten. Zuckerberg sagte in einem Fernsehinterview, dass der Film zwar Spaß mache, sein Leben jedoch nicht so dramatisch sei. Der Film sei Fiktion, Zuckerberg selbst wolle mit Facebook die Welt zu einem offeneren Ort machen. Der Film lege stattdessen nahe, er habe das Netzwerk eingerichtet, um Frauen leichter kennenzulernen.
Auch Facebook selbst bezeichnete den Film als Fiktion: "Der Film könnte ein Zeichen dafür sein, dass Facebook für viele Leute bedeutsam geworden ist - selbst wenn der Film Fiktion ist. Was der Film enthält oder nicht enthält, ist nicht das, worauf wir uns fokussieren. Wichtiger ist, eine nützliche, innovative Dienstleistung zu erschaffen, die Menschen mit Freude nutzen, um miteinander in Verbindung zu treten und aneinander Anteil zu nehmen."
Cameron Winklevoss hingegen verteidigte die Filmmacher und bezeichnete den Film als nicht fiktiv, Fincher und Sorkin hätten die Fakten korrekt dargestellt ("The film is nonfiction. I think David Fincher and Aaron Sorkin did a great job getting their facts right.“). Drehbuchautor Aaron Sorkin bezeichnete den Film als Kunstwerk, es handele sich nicht um einen faktentreuen Dokumentarfilm. ("This isn’t a documentary. Art isn’t about what happened.").
David Fincher stellte klar, dass er Zuckerberg mit dem Film nicht schlecht machen wolle ("It’s not my intention to crucify Mark Zuckerberg."). Zuckerberg habe schon in jungen Jahren sehr viel erreicht ("Mark Zuckerberg is a guy who accomplished an enormous amount at a very, very young age.").
Napster-Gründer Sean Parker bezeichnete "the social network" als komplett erfundene Geschichte ("a complete work of fiction").