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Kinoplakat: Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Eine dreiste Aufforderung,
mit dem Träumen aufzuhören

Titel Das erstaunliche Leben des Walter Mitty
(The Secret Life of Walter Mitty)
Drehbuch Steve Conrad
nach einer Kurzgeschichte von James Thurber
Regie Ben Stiller, USA 2013
Darsteller

Ben Stiller, Kristen Wiig, Jon Daly, Kathryn Hahn, Shirley MacLaine, Terence Bernie, Sean Penn, Adam Scott, Paul Fitzgerald, Grace Rex, Alex Anfanger, Amanda Naughton, Adrian Martinez, Nolan Carley, Joey Slotnick, Gary Wilmes, Ólafur Darri Ólafsson, Þórhallur Sigurðsson, Ari Matthíasson, Hendrikus Schraven u.a.

Genre Drama, Komödie
Filmlänge 114 Minuten
Deutschlandstart
1. Januar 2014
Inhalt

Der spannendere Teil des Lebens von Walter Mitty ist sicher sein Job in den Archiven des Life!-Magazins, wo er Abzüge, Negative und all die unter zum Teil abenteuerlichen Umständen entstandenen Fotos verwaltet, die das Magazin prägen. Sein Privatleben ist … leer. Wenn er sich nicht um den Umzug seiner alten Mutter in eine Anlage für betreutes Wohnen kümmert, sitzt er daheim am Küchentisch und verwaltet seine Kalender. Seit kurzem ist er bei einer Online-Singlebörse – vor allem, weil er weiß, dass die neue Mitarbeiterin aus der Bildabteilung, Cheryl, dort ein Profil hat. Er traut sich nicht, sie im Büro anzusprechen. Und online traut er sich auch nicht. Zumal sie – ihrem Profil nach zu urteilen – auf abenteuerlustige Typen steht. Mit Abenteuer kann Walter nicht dienen. Er hat seine Heimatstadt New York ja überhaupt nur einmal verlassen, Richtung Philadelphia. Die einzigen Abenteuer erlebt er in seinen Tagträumen, die ihn bisweilen überfallen. Aber solche Abenteuer meint Cheryl sicher nicht.

Als er an diesem Morgen ins Büro kommt, wird ihm offiziell mitgeteilt, dass jetzt die letzte Print-ausgabe des Life!-Magazins produziert werden wird. Danach erscheint das Magazin nur noch online mit kleinerem Personalbestand. Walters Job steht auf der Kippe. Die letzte Print-Ausgabe des Magazins soll ein Foto des bekannten Life!-Fotografen Sean O’Connell zieren, doch ausgerechnet dieses Foto ist nicht aufzutreiben. Wird das bekannt, wäre er seinen Job sofort los. Also muss er das Foto auftreiben – irgendwie. Die Bilder, die O’Connell unmittelbar vor und nach dem verschwundenen Negativ #25 aufgenommen hat, bieten wenig Interpretationsmöglichkeit dafür, wo das verschwundene Foto entstanden sein könnte. In seinem Begleitschreiben hat er nur gesagt, es sei das bestes Foto, das er je gemacht habe und perfekt geeignet für den Titel der letzten Print-Ausgabe.

Walter und Cheryl finden anhand der letzten Fotos von Sean heraus, wo er sich befinden könnte. Walter reist ihm nach. Zuerst geht es im Flieger nach Grönland, dann per von einem betrunkenen Piloten gesteuerten Helikopter in richtung offene See, wo Walter auf einen Frachter wechselt. Von dort führt die Spur O’Connells nach Island zu einem brodelnden Vulkan – mittlerweile bewegt er sich per Fahrrad und Skateboard voran. Die Zeit drängt: Sein Kollege simst ihm, er werde gefeuert, sollte das Foto nicht sofort auftauchen.

Walter reist heim und stellt fest, dass Ted Hendricks, der das Time!-Magazin abwickeln soll, mittlerweile unter anderem schon Cheryl gefeuert hat. Von seiner Mutter erfährt er, dass Sean vor einer Woche in der Stadt war, sich über Walters Arbeitszeiten informiert hat und weitergereist ist – in Richtung Afghanistan.

Zusammen mit zwei Sherpas (und einem Mandarinenkuchen seiner Mutter) macht er sich auf in den Jemen …

Was zu sagen wäre

„Sei kein Träumer! Lebe Dein Leben!“ bewirbt das Kinoplakt den Film und man möchte flehentlich in die Hände klatschen – der abgewandelte Sponti-Spruch ignorierte schon in den 1970er Jahren die Realitäten des Lebens. Aber hier ist ja Kino und gutes Kino umgeht die Alltagsrealität zugunsten einer Fast-Realität. Diese Prämisse erfüllt der Film unmittelbar. Satte Farben strahlen von der Leinwand, schaffen eine Hyperrealität. Offenbar haben sie in der Postproduktion ordentlich Sättigung in die Bilder gedreht.

Aus dem Trailer zu diesem Film wissen wir schon, dass sich Walter Mitty in Tagträume flüchtet und irgendwann offenbar tatsächlich los muss ins Abenteuer. Und was könnte eine schönere Motivation in der Hyperrealität sein, als das verschwundene Negativ eines Fotos, das „die Quintessenz“ aus dem Schaffen des Starfotografen Sean O’Connell sein soll. Sonst geht es im Kino schnell um Leben und Tod, hier geht es um ein Negativ, das Walter Mitty mit Haien schwimmen und mit Taliban dealen lässt. Das ist schön – ähnlich schön wie die Erkenntnis, dass das Abenteuer für den Durchschnittsmenschen schon beginnt, wenn er ein Flugzeug besteigt und nicht auf ausgetrampelten Touristikpfanden wandelt, sondern zum Beispiel nach Grönland fliegt und dort auf einen betrunkenen Hubschrauber-Piloten trifft. Aber dann wird es natürlich noch richtig abenteuerlich und Walter, der einsame Kalenderordner, entpuppt sich mit grauer Windjacke und bruchsicherem Aktenköfferchen als instinktsicherer Spontanreisender, kraftvoll genug, auch schwerste Bergstrecken ohne besonderes Training zu absolvieren. Das ist nicht so schön. Weil es zur Langeweile herausfordert.

Der Film ist eine schöne Träumerei mit vielen bezaubernden Miniaturen. Aber es fehlt der … Thrill. Es besteht nie die Möglichkeit, dass Walter Mitty womöglich scheitern könnte. Der Zuschauer ist in keinem Moment gefordert, um seinen Helden zu bangen. Nicht mal, als der böse alerte Übergangsmanager Walter vor der Zeit feuert, wirft ihn das zurück. Die (im realen Alltag eher) schwer zu organisierende, teure Reise nach Afghanistan tritt er im Handumdrehen an; er ist zwar gefeuert, aber das Foto für die Titelseite seines ehemaligen Arbeitgebers will er trotzdem noch finden.

Statt nägelknabbernder Spannung bekommen wir wunderbare Schauspieler, eine muntere Montage, schöne bunte Landschaften und einen Helden, der erst noch erkennen muss, dass er ein Held ist. Die Moral von der Geschicht: Wenn Du schon nicht der Welteneroberer bist, kannst Du aber vielleicht tolle Sachen auf dem Skateboard machen. Und das Abenteuer ist ohnehin nie weiter entfernt, als der Ticketschalter abseits der Pauschal-All-inclusive-Büros.

„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ ist der perfekte Film für die Sonntagsmatinée. Harmlos, leicht und witzig.

Wertung: 4 von 8 €uro
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