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Plakatmotiv: Einer nach dem Anderen (2014)

Unterhaltsames Kintopp, das
bei Genre-Vorbildern ausleiht

Titel Einer nach dem anderen
(Kraftidioten)
Drehbuch Kim Fupz Aakeson & Finn Gjerdrum
Regie Hans Petter Moland, Nor., Den., Swe. 2014
Darsteller

Stellan Skarsgård, Bruno Ganz, Pål Sverre Valheim Hagen, Jakob Oftebro, Anders Baasmo Christiansen, Birgitte Hjort Sørensen, Kåre Conradi, Kristofer Hivju, Peter Andersson, Jack Sødahl Moland, Arthur Berning, Stig Henrik Hoff, Sergej Trifunovic, Miodrag 'Miki' Krstovic, Goran Navojec, Jon Øigarden, Bjørn Moan, Damir Babovic, Atle Antonsen, Leo Ajkic, Julia Bache-Wiig u.a.

Genre Action, Komödie
Filmlänge 116 Minuten
Deutschlandstart
20. November 2014
Inhalt

Als Schneepflugfahrer hält der kräftige, schweigsame Nils die Wege und Bergpässe seiner norwegischen Gemeinde frei. Gerade ist er für seine Verdienste zum Bürger des Jahres gekürt worden, da erreicht ihn die Nachricht, dass sein Sohn an einer Überdosis Heroin gestorben ist.

Nils kann und will diese Erklärung nicht wahrhaben. Der Polizei misstraut er, deshalb stellt er eigene Nachforschungen an und findet so heraus, dass sein Spross bei einem einmaligen Coup als Drogenkurier zwischen die Fronten geraten war. Wutentbrannt beginnt Nils einen Rachefeldzug gegen das Drogenkartell. Als er einmal angefangen hat, sich die Hände schmutzig zu machen, fällt schnell der Name des mutmaßlichen Strippenziehers. So macht sich der Kleinstädter also auf, Kingpin "Der Graf" zu töten …

Was zu sagen wäre

Der mobbt Dich nur“, sagt der Gangsterboss zu seinem Jungen, der Schwierigkeiten mit einem Mitschüler hat, „weil er glaubt, dass Du schwach bist. Da musst Du ihm einfach mal zeigen, dass das gar nicht stimmt. Trau Dich!“ So machen Gangster das. Und auch Väter, denen man den einzigen Sohn gemordet hat.

Irgendwie ist der Sohn von Schneepflugfahrer Nils in eine dumme Geschichte mit Drogenhändlern geraten. Sein Kumpel hat ihn da reingezogen, er selber war wohl ahnungslos, aber das erfährt der Zuschauer nicht so genau. Jetzt ist er jedenfalls tot und wird von der Polizei als weiterer Junkie mit Überdosis zu den Akten gelegt. Und hier beginnt sich das Kinokarussell zu drehen, auf dem wir lieber nicht mehr so viel Fragen stellen. Zum Beispiel, was Vater Nils eigentlich antreibt. Der Gedanke an Rache ist noch verständlich. Aber dass er dann den ersten Dealer blutig schlägt und dann erwürgt, den zweiten auch blutig schlägt und dann mit einer eigenhändig abgesägten Schrotflinte erschießt, dem dritten das Gehirn buchstäblich wegpustet? Für einen unbescholtenen Familienvater und die Einsamkeit liebenden Schneepflugfahrer ist das ein mächtiger Karrieresprung, ohne sich wenigstens einmal zu übergeben. Auf dem Kinokarussell reicht der Satz des Schneepflugfahrers: „Ich bin einfach ein Mann, der hier im Nirgendwo eine Schneise der Zivilisation fräst.

Diese Schneise durch den norwegischen Tiefschnee wirbelt das ortsansässige Organisierte Verbrechen durcheinander. Da ist der schnöselige, sich für großartig haltende "Graf" und der melancholische alte Serbe, den alle "Pappa" nennen. Plakatmotiv (Norw.): Kraftidioten (2014) Die glauben, der jeweils andere habe einen Krieg vom Zaun gebrochen. Im Original heißt der Film "Kraftidioten" (zu deutsch etwa: Der Vollidiot). Eine irre Geschichte ist das, die der norwegische Regisseur Hans Petter Moland aus Versatzstücken des Genrekinos à la Coen-Brüder hier zusammengeklöppelt. Die schrulligen Figuren im Schnee erinnern an Fargo, die fatalistischen Morde an Blood Simple, die leicht genervte Unerbittlichkeit des Racheengels an True Grit. Die Gangster sind in ihrer verspielten Naivität von der Sorte, dass man um sie Angst haben müsste, weil womöglich cleverere Gangster aus der Großstadt dahinter kommen könnten, dass hier was zu holen ist. Diese Großstadt ist weit weg hinter den verschneiten Bergen. Nah genug, um jederzeit mit dem Auto über eine graue Straße dorthin zu gelangen, aber weit genug, damit die städtische Polizei nicht zuständig ist, sondern lediglich zwei Kleinstadt-Cops aus einem Skitourismus-Örtchen. Alles in allem eine Gegend also, in der der Gedanke an Inzest nicht weit ist, der die absurde Schrulligkeit der Figuren erklären könnte – würde man auf dem Kinokarussell denn Fragen stellen.

Stellan Skarsgård spielt den traurigen Schneepflugfahrer, dessen Sohn ermordet wird und dem dann noch die Frau wegläuft, die als Abschiedsbrief nur einen leeren Zettel hinterlässt. Skarsgård dimmt sein ohnehin stets reduziertes Gemüt noch ein bisschen herunter (Der Medicus – 2013; The Avengers – 2012; Verblendung – 2011; Thor – 2011; Illuminati – 2009; "Mamma Mia!" – 2008; Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt – 2007; Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2 – 2006; The Glass House – 2001; Dancer in the Dark – 2000; Deep Blue Sea – 1999; Ronin – 1998; Amistad – Das Sklavenschiff – 1997; Good Will Hunting – 1997; Jagd auf Roter Oktober – 1990) und verwächst mit seiner Umgebung. Ähnlich wie Bruno Ganz (The Counselor – 2013; Nachtzug nach Lissabon – 2013; Unknown Identity – 2011; "Der Untergang" – 2004; Der Manchurian Kandidat – 2004; In weiter Ferne, so nah! – 1993; Der Himmel über Berlin – 1987; "Nosferatu: Phantom der Nacht" – 1979; "The Boys from Brazil" – 1978; Der amerikanische Freund – 1977), der den serbischen Oberboss als melancholischen Grandseigneur spielt, der Wert auf Anstand und Benehmen legt. Die Karikatur eines Obergangsters spielt Pål Sverre Hagen als der "Graf", der einen Krieg ums Sorgerecht mit seiner cleveren Ex-Frau führt und bei seinem Sohn Wert darauf legt, dass der sich gesund ernährt.

Am Ende sind die meisten tot. Eine logische Folge, wenn man als Chef zu viele Dinge delegiert an Leute, die sich nicht auskennen und vorschnell einen Jungen aus dem Weg schaffen, der einen starrköpfigen Vater hat, der hier im Nirgendwo eine Schneise der Zivilisation fräst. Unterhaltsames Kintopp. Wenn man die Fragen stecken lässt.

Wertung: 5 von 8 €uro
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