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Plakatmotiv: Die Verurteilten (1994)

Eine wunderbare Philosophie
über die Zeit und die Hoffnung

Titel Die Verurteilten
(The Shawshank Redemption)
Drehbuch Frank Darabont
nach der Novelle "Rita Hayworth and the Shawshank Redemption" von Steven King
Regie Frank Darabont, USA 1994
Darsteller

Tim Robbins, Morgan Freeman, Bob Gunton, William Sadler, Clancy Brown, Gil Bellows, Mark Rolston, James Whitmore, Jeffrey DeMunn, Larry Brandenburg, Neil Giuntoli, Brian Libby, David Proval, Joseph Ragno, Jude Ciccolella, Paul McCrane, Renee Blaine, Scott Mann u.a.

Genre Drama
Filmlänge 142 Minuten
Deutschlandstart
9. März 1995
Inhalt

1947 wird der Bankmanager Andy Dufresne anhand von Indizien wegen Mordes an seiner Frau und deren Liebhaber zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt, obwohl er seine Unschuld beteuert. Die Strafe sitzt er im Gefängnis von Shawshank in Maine ab. Zurückhaltend wie er ist, ist er ständig das Ziel sexueller Angriffe, doch als er als Banker durchblicken lässt, dass er finanziell für den Direktor und die Wärter eine Menge tun kann, ist für seine Sicherheit gesorgt.

Im Gefängnis lernt er unter anderem Red kennen, der wegen Mordes im Gefängnis sitzt und den Ruf genießt, für einen entsprechenden Gegenwert alles Mögliche besorgen zu können. Andy sagt, er sei Hobby-Geologe und bittet Red, ihm einen Geologenhammer zu besorgen.

Allmählich steigt Andys Ansehen bei den Mithäftlingen und Aufsehern. Als Andy von den Problemen des leitenden Aufsehers Byron Hadley im Zusammenhang mit einer Erbschaft erfährt, bietet er ihm an, bei der Lösung des Problems in Bezug auf die zu erwartende Erbschaftsteuer behilflich zu sein. Als Gegenleistung verlangt er nur Bier für seine Kumpel. Hadley nimmt das Angebot an.

Nachdem Andy von Mithäftlingen, die ihn vergewaltigen wollen, zusammengeschlagen worden ist, kommt er in die Krankenstation. Hadley schlägt daraufhin den Rädelsführer der Angreifer zusammen. Jetzt wissen die Sträflinge, dass Andy unter Hadleys Schutz steht.

Andy wird in die Gefängnisbibliothek versetzt, wo er den greisen Gefängnisbibliothekar Brooks Hatlen unterstützen soll. Der Grund seiner Versetzung ist, dass die Aufseher ihn in Ruhe als Berater in finanziellen Angelegenheiten konsultieren wollen. Er macht zum Beispiel deren Steuererklärungen. Seine Qualitäten in Steuersachen sprechen sich herum, und bald nehmen auch Mitarbeiter aus umliegenden Anstalten seine Hilfe in Anspruch. Durch stetige Anfragen an Abgeordnete und andere Politiker im Bundesstaat erhält Andy eine großzügige Bücher- und Geldspende und baut, ermutigt von seinem Erfolg, die Gefängnisbibliothek zu einer der besten des ganzen Landes aus. Außerdem gibt er Unterricht mit Abschlussprüfung zur Erlangung des GED (amerikanische Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg).

Über all die Jahre rückt Andy aber nie von seiner Überzeugung ab, unschuldig zu sein. Viele Jahre vergehen, bis etwas geschieht, was sogar Reds Leben für immer verändern wird …

Was zu sagen wäre

Ein Gefängnisfilm, der nicht ist, wie viele Gefängnisfilme, die wir kennen – Angels with Dirty Faces (1938) zum Beispiel, oder Birdman of Alcatraz (1962), Der Unbeugsame (1967), Flucht von Alcatraz (1979), Brubaker (1980). Gerade werden in den USA gleich zwei hochkarätig besetzte Filme produziert, die sich mit Insassen der Todeszelle beschäftigen und die den Gefängnisalltag als, nun ja, Alltag, beschreiben; in einem, Dead man walking (1995) führt Tim Robbins Regie, der im vorliegenden Film unter der Regie von Frank Darabont die Rolle des Andy Dufresne spielt. Gefängnisfilme sind Parabeln auf das Leben. Plakatmotiv: Die Verurteilten (1994) Das war – zumindest in der sogenannten westlichen, also unserer Welt – in den frühen Jahren des Kinos härter. Es ging um Kerle, die darauf warten, einen der neuen Insassen zu vergewaltigen und ansonsten ihre harten Männerkämpfe untereinander austrugen. Dagegen tritt Darabonts zweieinhalbstündiges Drama beinahe wie ein Feelgood Movie auf. Beinahe.

Es gibt die Vergewaltiger. Es gibt die Wärter mit den harten Knüppeln. Es gibt den Direktor, der den Neuen die grausamen, absolut undemokratischen Regeln aufzählt, die es einzuhalten gilt. Aber die Hauptfigur ist eine im besten Sinne graue Maus. Einer, der in sich gekehrt den Alltag hinter Gittern erträgt, der sich gegen die Schläger zur Wehr setzt, manchmal gewinnt, häufiger verliert, sich aber sonst keine Feinde macht; niemand, der ihm bildfüllend den Tod schwört. Darabonts Drama ist eine Philosophie über die Zeit und die Hoffnung. Sein Gefängnis ist ein Ort voller armer Tropfe, die nur versuchen, irgendwie nicht verloren zu gehen. Also eigentlich ein Ort, wie jeder andere.

Der Held der Geschichte, Andy, ist unschuldig, kommt also, wie so viele Kinohelden, unverschuldet in Not. Und er kämpft sich aus einem Dilemma mit den Waffen, die er besitzt, mit seinem Wissen über Steuergesetze und Schlupflöcher. Geld regiert die Welt, erst recht im Gefängnis. Bald sind die üblen Schläger ruhig gestellt und Andy ein allseits geschätzter Mitbürger in der Welt der Gefängnisbeamten. Und weil er als zu zweimal Lebenslänglich Verurteilter vor allem Zeit hat, baut er auch noch eine Gefängnisbibliothek auf, die es zu landesweiter Berühmtheit bringt. Das ist der Feelgood-Touch des Films. Darabonts Film ist, ähnlich wie das Leben, psychisch grausam. Natürlich erleidet Andy gesellschaftliche Rückfälle, wird kujoniert. Einmal verschwindet die Kamera eine zeitlang aus dem Gefängniskomplex, von dem sie sich sonst ununterbrochen aufhält und folgt einem alten Insassen, der nach 50 Jahren in die Freiheit entlassen wird, die sich für ihn nicht mehr als "Freiheit" herausstellt. Der Mann ist „institutionalisiert“, sagt Red, der selber seit 30 Jahren sitzt, er findet sich draußen nicht mehr zurecht und erhängt sich, frei nach Nietzsche Wenn Du lange vom Leben weggesperrt wirst, wird das Gefängnis zu Deinem Leben. Wird die Außenwelt zur Terra inkognito – gespielt wird der Alte von James Whitmore (Chatos Land – 1972; Nur noch 72 Stunden –1968; Planet der Affen –1968), einem alten TV-Recken aus den Zeiten von "Rauchende Colts", "Shiloh Ranch" und "Bonanza", der in dem Monsterameisen-Horror Formicula (1954) jenen sympathischen Cop spielte, der von den Zangen der Riesen grausam zerquetscht wird.

Für die Insassen, die Darabont uns näher vorstellt, ist das Leben draußen keine Option mehr, die hüten und verbergen ihre Hoffnungen, auf dass sie niemand erkennt, denn die Hoffnung ist das einzige, was sie noch haben. Mehrmals warnt Red seinen jungen Freund Andy, Hoffnungen zu offenbaren, die in dieser Welt ohne Menschenrechte so schnell zerstört werden können. Und Andy, diese graue Maus, wirkt auch nicht wie ein Träumer großer Hoffnungen. Er verfolgt still, aber verbissen seine kleinen Ideen und er wirkt mitsamt der Rückschläge, die er erleidet, wie ein Mann, der versteht, sich mit den Umständen zu arrangieren. Er entpuppt sich als Mann, der es versteht, sich mit der Zeit an sich zu arrangieren, für den Geduld zum Schlüssel wird.

Stephen King hat die Vorlage für diesen Film, die Novelle "Frühlingserwachen: Pin-up", 1982 in dem Band "Frühling, Sommer, Herbst und Tod" veröffentlicht. aus demselben Buch stammt auch die Vorlage für Rob Reiners Klassiker Stand by me (1986). Plakatmotiv (US): The Shawshank Redemption (1994) Es sind – für Kings Verhältnisse – bemerkenswert ungruselige Geschichten, die das besondere Talent des Autors für ungewöhnliche Geschichten aus dem – beinahe – Alltag unterstreichen. Darabont folgt der Novelle nicht sklavisch, nimmt sich Freiheiten, die der 13 Jahre alten Geschichte im Kino mehr Glaubwürdigkeit verschaffen. In der Novelle etwa hat Andy einen Geschäftspartner, der ihm draußen unter Pseudonym Geld angelegt und Ausweispapiere arrangiert hat, was für eine gewisse kriminelle Energie Andys schon in seinem Zivilleben vor der Verurteilung spricht. Im Film ist die Figur des Geschäftspartners gestrichen. Tim Robbins variiert seine Rolle aus dem eben erschienenen Hudsucker, der große Sprung (1994) als Simplicissimus, der es hier allerdings faustdick hinter den Ohren hat. Für die Unauffälligen Männer des 90er-Jahre-Kinos erweist sich Robbins einmal mehr als Idealbesetzung (Short Cuts – 1993; "Bob Roberts" – 1992; The Player – 1992; "Cadillac Man" – 1990; "Erik, der Wikinger" – 1989; Howard – Ein tierischer Held – 1986; Top Gun – 1986; Der Volltreffer – 1985). Die Besetzung seines Partners in Crime, des Erzählers Ellis, geht fast als komische Note durch. In der Novelle wie im Film ist der Mann Ire, wird wegen seiner roten Haare in der Novelle "Red" gerufen. Im Film spielt ihn Morgan Freeman (Erbarmungslos – 1992; Robin Hood – König der Diebe – 1991; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; "Glory" – 1989; Miss Daisy und ihr Chauffeur – 1989; Johnny Handsome – 1989; "Der knallharte Prinzipal" – 1989; Brubaker – 1980), der auf die Frage, warum man ihn "Red" nenne, antwortet, „Weil ich Ire bin“. Nun ist Freeman also der erste dunkelhäutige Ire der Filmgeschichte und im Film ein an der Aussichtslosigkeit seiner Hoffnungen leidender Mann, der die Aufgaben des Hehlers im Gefängnis bedient, der seinen Mithäftlinge alles besorgen kann, nur Waffen sehr ungerne. Für Andy wird er zum Fremdenführer durch die Welt des Gefängnisses und für den Zuschauer zum lakonischen Erzähler der Geschichte – neben seinem feinsinnigen Spiel kommt hier also auch seine sonore Stimme zum Tragen.

"The Shawshank Redemption" ist ein wunderbar gelungener Film über das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, in dem Diebe und Mörder als vertrauenswürdige Menschen auftreten, Frauen als untreue Gesellinnen und die Vertreter des Staates als korrupte Gauner.

Wertung: 10 von 10 D-Mark
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