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Plakatmotiv: Traum meines Lebens (1955)

Schöne Sommerromanze
in einer traumhaften Stadt

Titel Traum meines Lebens
(Summertime)
Drehbuch Arthur Laurents & H.E. Bates & David Lean
Regie David Lean, UK, USA 1955
Darsteller
Katharine Hepburn, Rossano Brazzi, Isa Miranda, Darren McGavin, Mari Aldon, Jane Rose, MacDonald Parke, Jeremy Spenser, Gaetano Autiero, Virginia Simeon, David Lean, Tanya Lopert, André Morell, Angelo Puppin u.a.
Genre Komödie, Drama
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
30. September 1955
Inhalt

Die Amerikanerin Jane Hudson, eine ledige Sekretärin mittleren Alters, reist zum ersten Mal nach Europa, um sich einen langgehegten Traum zu erfüllen und Urlaub in Venedig zu machen. Sie steigt in der gemütlichen Familienpension der Signora Fiorini ab. Zunächst fühlt sie sich in der romantischen Umgebung ein wenig einsam, aber dann freundet sie sich mit dem pfiffigen Gassenjungen Mauro an, der ihr die Stadt zeigt.

Bei ihren Streifzügen lernt sie den Antiquitätenhändler Renato kennen, der ihr beharrlich den Hof macht. Nachdem die 40-jährige Jane ihr anfängliches Misstrauen überwunden hat, gibt sie sich ganz dem Rausch der Verliebtheit im schönen Venedig hin. Sie verbringt eine zauberhafte Zeit voller romantischer Momente. Doch dann stellt sich heraus, dass Renato verheiratet ist und Kinder hat ...

Was zu sagen wäre

Als sie wieder in den Zug steigt, sagt sie schon wieder „Danke … äh, Grazie“. Jane war in den vergangenen 100 Filmminuten tief eingetaucht in den Zauber Venedigs, radebrechte sogar ein bisschen italienisch. Plakatmotiv: Traum meines Lebens (1955) Aber jetzt ist der Zauber vorbei, sie kehrt in ihr amerikanisches Leben zurück, über das wir kaum etwas erfahren. Sie ist Sekretärin und hat ein offenbar herzliches Verhältnis zu Geschwistern, denen sie einmal einen Brief schreibt.

Wir treffen auf sie, als sie am Bahnhof von Venedig ins Freie tritt und sich zur Pension Fiorina durchfragt. Eine Amerikanerin in Venedig, die mit ihrer Filmkamera jeden Palazzo filmt und alles märchenhaft oder „Was sagt man dazu?“ findet. Jane bewegt sich durch die Stadt wie durch einen Themenpark, in der Pension stößt sie auf lauter Amerikaner. Einer nennt die Stadt einen „Rummelplatz auf dem Wasser“ und so ähnlich filmt Regisseur David Lean (Herr im Haus bin ich – 1954; Begegnung – 1945) auch. Der Regisseur, der zwei Jahre nach diesem Film mit Die Brücke am Kwai und später mit Lawrence von Arabien und Doktor Schiwago zu Weltrum gelangen wird, bewegt sich als filmtalentierter Tourist durch die Stadt, lässt Katherine Hepburn durch die Gässchen wandeln, sinnierend in einem Café sitzen, den Campanile am Markusplatz bestaunen, dann wandelt sie wieder durch die malerisch morbiden Gassen von Venedig.

Die Amerikanerin plagt eine innere Einsamkeit. Sie findet keinen Anschluss, weder zu den Amerikanern in der Pension noch zu Italienern – mit Ausnahme von einem kleinen Jungen, der überraschend gut deutsch (bzw. englisch) spricht; für sie bleibt Venedig eine Kulisse für ihre Kamera. Für den Zuschauer auch. Eine schöne Kulisse, und Katherine Hepburn könnte wohl auch ein Telefonbuch vorlesen und man würde ihr noch gerne zuschauen ("Pat und Mike" – 1952; African Queen – 1951; Ehekrieg – 1949; Die Frau von der man spricht – 1942; Die Nacht vor der Hochzeit – 1940; Die Schwester der Braut – 1938; Leoparden küsst man nicht – 1938). Hepburn verkörpert das dauernde Thema des Regisseurs. Schon in Begegnung und Herr im Haus bin ich waren es Frauen, die in der Mitte des Lebens in Zweifel geraten, ihre Situation hinterfragen und, ein bisschen, ausbrechen.

Der Film entstand zehn Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs. Da war das ferne Europa für wohlhabende Amerikaner ein Reisetraum, den sich die wenigsten erfüllen konnten. Für das immer noch kriegsversehrte Europa, speziell für die Deutschen, hat sich Italien zum Sehnsuchtsland gemausert. Der Film bedient diese Sehnsucht dies- und jenseits des Atlantiks und macht sich auch darüber lustig. Plakatmotiv (UK): Summertime (1955) Jane trifft auf ein Ehepaar, das in sechs Wochen ein streng durchchoreographiertes Reiseprogramm von Schottland über London nach Belgien, Holland, Deutschland, Österreich, Venedig, Florenz, Rom, Neapel bis nach nach Portugal durchzieht: ”10.30 Uhr bis 12.30 Uhr ZZE.“ „Was ist denn das?“ „Zeit zur Eigenverfügung. Zwei Stunden täglich haben wir frei!

Wir erfahren nicht, woher der stille Schmerz kommt, der Jane unablässig begleitet, nicht, was der Grund dafür ist, dass sie ledig geblieben ist. Sie ist keine verschlossene Person, offenbar kontaktfreudig. Aber sie trifft halt nur auf Paare, die im Allgemeinen keinen Anschluss suchen. Vielleicht ist sie tatsächlich das Klischee der fleißigen Sekretärin, die von früh bis spät einem Chef das Büro ordentlich hält und ihr eigenes Leben darüber vergessen hat; und jetzt hat sie soviel gespart, dass sie sich diese Venedigreise leisten kann.

Dann, wenn wir schon sehr viel Venedig mit Katherine Hepburn darin gesehen haben, trifft Jane endlich auf jemanden, einen Einheimischen und plötzlich beginnt eine merkwürdige Romanze, die sich über den Zauber der Stadt erklärt: Es ist Sommer, es ist Venedig, die Menschen tragen schöne Kleider oder Anzüge. Im Original heißt der Film schlicht "Summertime". Richtig: Im Sommerurlaub verliebt man sich schon mal, und obwohl er, wie sich herausstellt, verheiratet ist, was sie kurzzeitig empört, lässt sich die Sekretärin aus Ashland, Ohio, auf eine Romanze mit dem charmanten venezianischen Ladenbesitzer ein. Es wird eine Romanze bleiben, nichts Festes werden; zu viel Melancholie und liegt von Anfang an über der traumhaft schönen Szenerie, zu eigenverantwortlich lebt Jane ihr Leben, und der Mann, Renato, mag sich von seiner Frau getrennt haben, beide haben aber vier Kinder zusammen. Jane macht also von jetzt auf gleich Schluss, setzt sich in den Zug und fährt heimwärts.

Es bleibt kein Klos im Hals, als der Film zu Ende ist. Ja, traurig, dass aus den beiden nichts wird. Aber so nachvollziehbar. Es bleibt die Erinnerung an eine schöne Sommerromanze in einer der schönsten Städte der Welt.

Wertung: 4 von 7 D-Mark
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