Schön sind sie beide, durchtrieben – zunächst – nur die eine: Die elegante Karrierefrau Christine pflegt einen ziemlich lässigen Umgang mit Macht und Geld. Sie nimmt ihre unschuldige und liebenswerte Kollegin Isabelle unter ihre Fittiche.
Mit ihrer Naivität und ihrer Kreativität ist Isabelle ein leichtes Ziel für Christine, die keinerlei moralische Skrupel hat, die Ideen ihres jüngeren Protegés als ihre auszugeben und damit ihre Position im Haifischbecken ihres Arbeitgebers, einem internationalen Großkonzern, geschickt zu festigen. Christine genießt es, Isabelle mehr und mehr zu beeinflussen und Kontrolle über sie auszuüben, wodurch diese immer tiefer in den Strudel sexueller Verführung und Manipulation hineingezogen wird …
Nach knapp einer halben Stunde erwähnt die versierte Businessfrau Christine, dass sie eine Zwillingsschwester habe, die bei einem Unfall in der Kindheit zu Tode kam. Im Film bedeutet "Zwilling" nie einfach eine Information; in einem Brian-De-Palma-Film, in dem Zwillinge immer wieder mal füreinander oder anstelle der anderen gemordet haben (Schwarzer Engel – 1976; Schwestern des Bösen – 1972), schon gar nicht. Um diesen Film qualitativ einzuordnen kommt man um einen Spoiler nicht herum. Denn Brian De Palma baut allerlei Gespensterburgen auf, die sich nacheinander in Luft auflösen: Die Zwillingsschwester ist dann nur eine Traumvision. Mit der Geschichte, die wir 100 Minuten lang präsentiert bekommen, hat sie gar nichts zu tun. Wie schade.
Es macht nämlich Spaß, sich in diese unheimliche Welt des weltumspannenden Marketing, die De Palma hier entwirft, einzulassen. Auch, weil es keine Männer sind, die die Fäden ziehen, sondern eine Frau in leitender Position, gespielt von einer extrem gekühlten Rachel McAdams, die offenbar auch anders als herzig kann (Für immer Liebe – 2012; Sherlock Holmes – Spiel im Schatten – 2011; Midnight in Paris – 2011; Morning Glory 2010; Sherlock Holmes – 2009; State of Play – Stand der Dinge – 2009; Red Eye – 2005; "Wie ein einziger Tag" – 2004), sowie ihre Assistentin und deren Assistentin. Die ungewöhnliche Ausgangsposition verspricht Spannung. Da ist die erfolgsverwöhnte Managerin sowie gleich zwei sich übersehen fühlende Assistentinnen sowie ein großer, Prestige versprechender Auftrag. Und ein Liebhaber, dessen Ziele bis zuletzt unklar leiben – bis zuletzt der einzige rätselhafte Mann in diesem Film voller gefährlicher Frauen.
Dann passiert, was immer mal wieder passiert, wenn Geld im Spiel ist: Der Film liefert eine wunderbare Exposition. De Palma ist ein Meister darin, seine Figuren auf dem Schachbrett zu verteilen. Aber dann wird er gezwungen, zum Ende zu kommen und nach diesem sitzen wir dann in unserem Kinosessel und denken Ach so, Aha.
Ich gucke De Palma gerne zu, wenn er einzigartig Bilder und deren Montage zu Geschichten formt. In "Passion" aber hat er keine Lösung gefunden. Da bleibt vom Film, dass da ein Großer was gewollt aber nicht erreicht hat.
Die Kinofilme von Brian De Palma
Brian De Palma (* 11. September 1940 als James Giacinto De Palma jr. in Newark, New Jersey) ist ein US-amerikanischer Filmregisseur.
In seinen Filmen geht es um Spannung, Mord, Besessenheit und psychische Störungen. Immer wiederkehrende Themen und Motive in seinen Filmen sind Voyeurismus und Überwachung, Doppelgänger, multiple Persönlichkeiten und Gewalt. De Palma bezieht sich in sehr vielen seiner Filme auf Alfred Hitchcock. So orientiert er sich in seinen Thrillern an Grundthemen und Motiven von Hitchcock-Filmen, zitiert Szenen und greift auf viele Strategien der filmischen Erzählung wie Plansequenzen und Nahaufnahmen in ähnlicher Weise wie Hitchcock zurück.
Filmtechnisch ist De Palma vor allem durch den ausgiebigen Einsatz der Steadicam bekannt. Sein Establishing Shot in Spiel auf Zeit führt beispielsweise mit nur einer, sehr elaborierten Kamerafahrt das gesamte Ensemble der Akteure ein. Als Erster hat De Palma den Split Screen als spannungserzeugendes filmtechnisches Mittel konsequent benutzt und auf diese Technik immer wieder zurückgegriffen.
Seinen ersten großen Erfolg feierte de Palma 1976 mit dem Horrorthriller Carrie – Des Satans jüngste Tochter, der auf dem Buch Carrie von Stephen King basiert. In den folgenden Jahren drehte er eine Reihe von weiteren Thrillern.
- Murder à la Mod (1968)
- Greetings (1968)
- The Wedding Party (1969)
- Hi, Mom! (1970)
- Hilfe, ich habe Erfolg (Get to know Your Rabbit, 1972)
- Die Schwestern des Bösen (Sisters, 1972)
- Das Phantom im Paradies (Phantom of the Paradise, 1974)
- Schwarzer Engel (Obsession, 1976)
- Carrie – Des Satans jüngste Tochter (Carrie, 1968)
- Teufelskreis Alpha (The Fury, 1978)
- Home Movies – Wie du mir, so ich dir (Home Movies, 1979)
- Dressed to Kill (1980)
- Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren (Blow Out, 1981)
- Scarface (1983)
- Der Tod kommt zweimal (Body Double, 1984)
- Wise Guys – Zwei Superpflaumen in der Unterwelt (Wise Guys, 1986)
- The Untouchables – Die Unbestechlichen (The Untouchables, 1987)
- Die Verdammten des Krieges (Casualties of War, 1989)
- Fegefeuer der Eitelkeiten (The Bonfire of the Vanities, 1990)
- Mein Bruder Kain (Raising Cain, 1992)
- Carlito’s Way (1993)
- Mission: Impossible (1996)
- Spiel auf Zeit (Snake Eyes, 1998)
- Mission to Mars (2000)
- Femme Fatale (2002)
- The Black Dahlia (The Black Dahlia, 2006)
- Redacted (2007)
- Passion (2012)
- Domino (2019)