Fünf Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur in einem südamerikanischen Land hilft der Arzt Dr. Roberto Miranda dem Rechtsanwalt und designierten Vorsitzenden des Komitees zur Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen zu Zeiten der Militärjunta, Gerardo Escobar, bei einer nächtlichen Autopanne, indem er ihn nach Hause fährt.
Escobars Frau Paulina ist fest davon überzeugt, in Miranda ihren Peiniger zu erkennen, der sie in ihrer Zeit als Oppositionelle folterte und vergewaltigte. Wild entschlossen, ihm dieses Geständnis zu entlocken, bedroht sie ihn mit vorgehaltener Waffe und fesselt ihn. Sie möchte ihm die Folterszenen in Erinnerung rufen. Dazu demütigt sie ihn. Gerardo glaubt ihr zunächst nicht, kooperiert aber dann doch mit ihr. Obwohl Miranda bei Anbruch des nächsten Tages sogar ein Alibi angibt, indem er Gerardo telefonisch bestätigen lässt, dass er zur fraglichen Zeit in einer Klinik in Spanien gearbeitet habe, droht sie dennoch, ihn zu töten …
Totalitäre Regime und was sie mit, bzw. aus Menschen machen. Roman Polanski hat eine gewisse Erfahrung in solchen Fragen, da kommt ihm das Drama von Ariel Dorfman gerade recht. Das Stück behandelt die großen Fragen von Schuld und Sühne und wie eine Gesellschaft danach weiterleben soll; denn das Leben ist dann ja eben doch nicht einfach zu Ende. Es geht weiter.
Also ewige Rache? Erst ich an ihm? Dann seine Kinder an mir? Dann meine Kinder an deren Enkelkindern? Vielleicht. Aber damit baut man keinen neuen Staat auf. Aber darum geht es in Dorfmans Stück – neben dem Verzeihen auch um das Wie eines neuen Staatengebildes.
Roman Polanski, Kind des Krakauer Ghettos, ist auf dem Regiestuhl Dirigent eines geschriebenen Dramas, das Erlebnisse auch seiner Jugend touchiert. Die Qualen in einem repressiven Regime sind in Ost und West, Nord und Süd, ziemlich gleich – immer schmerzhaft, immer einzigartig in der Ausprägung ihrer Grausamkeit, mal mit spanisch säuselnden, mal mit deutsch sprechenden Folterknechten. Am Ende bleibt den Überlebenden die grausame Erinnerung an den Keller der Folter, der Erniedrigung.
Polanski inszeniert dieses Stück mit hochkarätiger Besetzung aus der Perspektive des vermeintlichen Opfers (Bitter Moon – 1992; Frantic – 1988; Piraten – 1986; Der Mieter – 1976; Chinatown – 1974; Was? – 1972; Macbeth – 1971; Rosemaries Baby – 1968; Tanz der Vampire – 1967; Ekel – 1965). Sigourney Weaver spielt diese Paulina (Dave – 1993; 1492 – Die Eroberung des Paradieses – 1992; Alien 3 – 1992; Ghostbusters II – 1989; Die Waffen der Frauen – 1988; Gorillas im Nebel – 1988; Ghostbusters – 1984; "Ein Jahr in der Hölle" – 1982; Alien – 1979; Der Stadtneurotiker – 1977) und der Film ist die ganze Zeit auf ihrer Seite; das heißt: der Zuschauer zweifelt nicht an ihr. Im Laufe des Films werden aber die beiden Männer entblättert. Erst der tolle Ehemann, der gerade zum Justizminister der neuen, demokratischen Regierung gewählt wurde, und sich dann als Feigling, Jammerlappen und als Verräter der Ideale entpuppt. Dann der verdächtige Doctor Miranda, der nach vielem Hin und Her endlich zugibt, damals die Vergewaltigungen durchgeführt zu haben, mit Genuss, nichts bereuend, weil er endlich mal die alleinige Macht über die Frauen hatte und die dabei nicht wagten ihn auszulachen. Da schnurrt das herrschende System zusammen auf schwache und impotente Männer. Polanskis Film ist ein Gänsehaut erzeugendes Kammerspiel, das auf die Kraft seiner Dialoge setzt. Paulinas Schilderungen ihrer Folterhaft gehen unter die Haus, auch ohne dass auf der Leinwand ein brutales Bild gezeigt werden muss.
Und das bleibt am Ende des Stücks auch übrig, das Polanski formvollendet in Kamera und Montage mit beeindruckendem Schauspiel inszeniert: Regime, wie jene in Südamerika oder in Nazi-Deutschland wird es immer wieder geben, weil die Menschen zu bequem sind, und die Männer gefesselte Frauen brauchen, um sich selbst ihre schwache Potenz zu beweisen.