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Plakatmotiv: Chaplin (1992)

Visuell ansprechende, erzählerisch
schwache Filmbiografie über ein Genie

Titel Chaplin – Das Leben der unsterblichen Filmlegende
(Chaplin)
Drehbuch William Boyd & Bryan Forbes & William Goldman
nach dem Buch "Chaplin: His Life and Art" von David Robinson und der Autobiografie von Charlie Chaplin
Regie Richard Attenborough, UK, Fr., I. Jap., USA 1992
Darsteller

Robert Downey Jr., Geraldine Chaplin, Paul Rhys, John Thaw, Moira Kelly, Anthony Hopkins, Dan Aykroyd, Marisa Tomei, Penelope Ann Miller, Kevin Kline, Maria Pitillo, Milla Jovovich, Kevin Dunn, Deborah Moore, Diane Lane, Nancy Travis, James Woods, Hugh Downer u.a.

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 143 Minuten
Deutschlandstart
28. Oktober 1993
Inhalt

Im England der Jahrhundertwende wächst in armen Verhältnissen ein Junge auf, der später zum Weltstar der Komik wird: Charlie Chaplin. Sein Leben ist geprägt von beruflichen und zwischenmenschlichen Leidenschaften.

Da seine Eltern beide Schauspieler sind, entdeckt auch Charlie schon in früher Jugend seine Leidenschaft für das Theater. Bald tourt er mit einer Komikertruppe durch Europa und später auch durch die USA. Dort macht er mit seinen erfrischenden Slapstickstücken auf sich aufmerksam und erhält ein Angebot für einen Film.

Mit seinen ersten Kurzfilmen kann er ein immer größeres Publikum begeistern. Über Nacht wird er zum gefeierten Hollywoodstar – und zum reichen Mann. Er gründet ein Studio, wird Produzent und fast alles scheint perfekt. Doch mit seinem bissigen Humor und seinen zahlreichen Frauengeschichten macht er sich im prüden Amerika nicht nur Freunde.

Zu einem besonderen Gegner wird der spätere FBI-Chef J. Edgar Hoover. 1952 wird Charlie Chaplin nach einer Europareise die Rückkehr in die USA verweigert. Doch Charlie Chaplin lässt sich nicht unterkriegen. Amerika wird ihn wiedersehen …

Was zu sagen wäre

Charles Spencer Chaplin ist ein Meilenstein in der Geschichte Hollywoods. Der zugewanderte Clown aus Großbritannien begann mit kleinen Slapsticknummern vor der Kamera, bis er sein Outfit fand, die Melone, den Stock, die ausgelatschten Schuhe und den verschrammelten Anzug, die ihn zum "Tramp" machten, eine Figur, die mehr zeigte, als reinen Slapstick. Erstmals erzählte eine Figur eine Geschichte im Kino.

Regisseur Richard Attenborough ("Gandhi" – 1982; Die Brücke von Arnheim – 1977) erzählt diese Geschichte in Rückblenden. In der Rahmenhandlung diskutiert der Verleger George Hayden – die einzige fiktive Figur im Film – mit Chaplin über dessen Biografie-Manuskript. Hayden fehlen allerlei emotionale Momente, die der alte Chaplin dann in seinen Erzählungen nachreicht. Wenn wir im Kinosessel diese Autobiografie von Chaplin und das Buch "Chaplin: His Life and Art" von David Robinson nicht kennen, erfahren wir viel Neues über die Figur.

Es entsteht ein Bilderbogen über den Kampf eines kleinen Jungen heraus aus der Armut mit den Mitteln des Humors, der seine Mutter an eine Nervenheilanstalt verliert, aus der er sie später als Millionär und Weltstar wieder befreit; und der zum Weltstar wird durch die Erfahrungen seiner Kindheit. In seinem The Kid (1921) verarbeitet er seine Ängste als einsames Kind, dem die Mutter genommen wird. Später dreht er Modern Times (1936) unter dem Eindruck der Großen Depression, was ihn in den Fokus der noch jungen Bundespolizei F.B.I. bringt.

Aber der eigentliche Motor Chaplins heißt Hetty Kelly. Sie ist 16 Jahre und Tänzerin, als der um einiges ältere Chaplin sie im englischen Varieté kennenlernt, wenige Wochen, bevor er zu einer Tour durch die USA aufbricht. Er wird Hetty nie wiedersehen, aber seine Sehnsucht nach viel jüngeren Frauen wird ihn sein Leben lang verfolgen. Plakatmotiv: Chaplin (1992) Attenborough versteigt sich, indem er Hetty und Oona von derselben Schauspielerin spielen lässt, zu der These, dass Chaplins vierte (und letzte) Ehefrau Oona ein Abbild dieser Hetty gewesen sei, die im Alter von 25 einer Grippeepidemie erlag. In Hollywood hat der schnell erfolgreiche Chaplin zahlreiche Affären mit jungen Schauspielaspirantinnen, immer wieder mal versuchen ihm junge Mädchen, ein Kind anzuhängen.

Das Leben mit den Affären erzählt Attenborough in gefühlsschwachen Episoden. Dauernd sehen wir Chaplin in kreative Diskurse verstrickt – mal fehlt ihm für City Lights (1931) ein Drehbuchkniff, mal ist die Musik nicht richtig, mal wehrt er sich mit aller Kraft dagegen, dass sein "Tramp" im Tonfilm plötzlich sprechen soll. Dazwischen schneidet Attenborough ins Büro des neu installierten FBI-Chefs J. Edgar Hoover, der verzweifelt versucht, Chaplin als Feind der USA, als Feind des Landes der Stolzen und Freien, als Kommunisten zu entlarven.

Wirklich aufregend ist das alles nicht. Es fehlt ein dramaturgischer Bogen, der uns interessiert sein lässt, während wir zuschauen. Ein großes Ereignis ist Robert Downey Jr. ("Lieblingsfeinde – Eine Seifenoper – 1991; "Air America" – 1990; "Unter Null" – 1987; L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn (1985), der sich vor der Kamera 1 zu 1 bewegt, wie der Titelheld, den er verkörpert. Um ihn herum hat Attenborough eine Vielzahl großer Namen des aktuellen Hollywood geschart: Anthony Hopkins, Dan Aykroyd, Kevin Kline, Diane Lane und James Woods. Der Film spielt in den 20er bis in die 70er Jahre und er bietet große Schauwerte; Kulissen und Kostüme lassen das ganz alte Hollywood erahnen, bevor es das Hollywood wurde – einmal klettern Chaplin und sein Buddy Douglas Fairbanks in den berühmten Buchstaben herum, die damals tatsächlich noch das Wort "HOLLYWOODLAND" bildeten. Aber tiefer in den Schafensprozess des Filmgeschäfts steigt der Film dann nicht ein. Die Perspektive ist die Chaplins, der im Filmgeschäft das bessere Händchen hat, deshalb überall gewinnt, und der auf junge Mädchen steht.

Egal, von welcher Seite aus wir den Film beleuchten, es reicht nie. Die Titelfigur bleibt ebenso auf Distanz, wie das Filmgeschäft und die Welt, in der das alles spielt. Aber die Autos und die Kulissen sind großartig.

Wertung: 6 von 10 D-Mark
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