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Plakatmotiv: Goldrausch (1925)

Im Schneesturm am Klondike erzählt Charles
Chaplin eine Parabel auf die Roaring Twenties

Titel Goldrausch
(The Gold Rush)
Drehbuch Charles Chaplin
Regie Charles Chaplin, USA 1925
Darsteller

Charles Chaplin, Mack Swain, Tom Murray, Georgia Hale, Henry Bergman, Malcolm Waite, Jack Adams, Frank Aderias, Leona Aderias, Lillian Adrian, Sam Allen, Claude Anderson, Harry Arras, Albert Austin u.a.

Genre Abenteuer, Komödie
Filmlänge 95 Minuten
Deutschlandstart
19. September 1925
Website charliechaplin.com
Inhalt

Alaska 1898: Im Goldrausch stürzt sich auch Charlie in das gefahrvolle Leben der Goldschürfer: Hunger, Kälte, Einsamkeit. Ein Schneesturm verschlägt ihn in die Hütte von Black Larsen, in der auch Big Jim, der gerade Gold gefunden hat, erscheint.

Black Larsen verlässt die beiden, um Nahrung zu suchen, kehrt jedoch nicht zurück. Aus Verzweiflung kocht Charlie seinen eigenen Schuh, den er zusammen mit Big Jim verzehrt. Als der Sturm nachlässt, trennen sich die Wege von Charlie und Jim. Der kehrt zu seinem Claim zurück, wo er einen Berg von Gold zurückgelassen hatte und wird dort von Black Larsen überrascht. Larsen schlägt ihn mit der Schaufel außer Gefecht und flieht, kommt aber nicht weit. Er stürzt auf einem abgehenden Schneebrett in die Tiefe und wird nie wieder gesehen.

Charlie irrt derweil durch die Wildnis und erreicht ein kleines, neu errichtetes Dorf, wo man tanzt und lacht. Hier verliebt er sich in die Tänzerin Georgia. Die findet den kleinen Kerl drollig und foppt ihn ein wenig. Zu spät erkennt sie ihre wahren Gefühle für den einzig ehrlichen mann weit und breit.

Big Jim hatte sich von dem Schlag mit der Schaufel erholt, aber sein Gedächtnis eingebüßt. Nur vage weiß er von seinem goldenen Claim, aber genau weiß er, dass da dieser kleine Kerl war. Der müsste ihm helfen können. Jim findet ihn in dem kleinen Dorf.

Es bedarf weiterer Abenteuer und einer über dem Nichts schwankenden Hütte, bis die beiden Freunde Big Jim Goldmine ausbeuten und reich werden können. Jetzt muss Charlie nur noch Georgie wiederfinden …

 

ein Lager. Dort trifft er auf den steckbrieflich gesuchten Halunken Black Larson und den Goldgräber Big Jim.

Larson hat es auf den Sack Gold abgesehen, den Big Jim gefunden hat. Das Schicksal dieser beiden Goldschürfer wird zum Dreh- und Angelpunkt bei Charlies aufregender und entbehrungsreicher Odyssee des Tramps nach Reichtum und Glück.

Doch je trostloser die Lage, um so erheiternder sind die Einfälle Charlies …

Was zu sagen wäre

Der Goldrausch am Klondike River in Alaska Ende des 18. Jahrhunderts bündelt wie unter einem Brennglas den amerikanischen Traum, per aspera ad astra – Über Mühen zu den Sternen. Oder auch: Leiste was, dann haste was, dann biste was. Zu Hunderttausenden machten sich die Glücksritter auf den Weg in den Nordwesten der USA, viele starben unterwegs an den Strapazen, die meisten kamen mittellos zurück und sichten woanders ihr Glück, die wenigsten wurden wohlhabend.

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es eine neue Art Goldrausch. Die Börsen sprudelten, der Handel mit verbotenem Alkohol florierte, jeder versuchte, an der sich entwickelnden Industrialisierung und der mit ihr einhergehenden amüsanten Ablenkungen teilzuhaben. Charles Chaplin nimmt diese Zeit, in der heiße Gier und kalte Enteignung florieren, zum Anlass, sie mit den Mitteln des Klondike Goldrausches zu erzählen; mit sich selbst als Kleiner Mann im Mittelpunkt. In abgewetztem Frack und eingebeulter Melone stapft der stets höfliche Jedermann durch die eisigen Berge, schlecht vorbereitet auf die Stürme, die dort toben und auch ohne Ahnung, wie und wo er eigentlich nach Gold schürfen soll.

Schnell wird er Spielball der Mächtigen. Zuerst blasen den zur Gegenwehr Unfähigen die Gezeiten durchs Eis, und als er endlich Unterschlupf in einer brüchigen Hütte findet, wird er zwischen den Mächtigen zerrieben – in einer Szene kämpfen Big Jim und Black Larsen da um ein Gewehr und die Mündung des Gewehrs zeigt immer genau auf Chaplin, egal, wo der in seiner Angst hinspringt, links oder rechts, hoch oder runter, der Gewehrlauf ist während des Kampfes der beiden Hennen immer auf ihn gerichtet; Sinnbild für die Gesellschaft der Roaring Twenties in den USA: Die Mächtigen kämpfen um das größere Stück vom Kuchen, die Opfer sind immer die Kleinen. Der Kleine Mann in den Bergen hat nie eine Chance, aber immer seinen Optimismus und seinen Humor.

Den Humor braucht er auch im Dorf, wo es eigentlich viele gibt wie ihn, die sich das nur nicht gerne ansehen lassen und also auf Großen Max markieren. Auch hier zieht der stets höfliche Charlie den Kürzeren, die Frauen nehmen ihn nicht ernst, ziehen lieber mit den harten Rabauken um die Häuser, auch wenn das ungehobelte Kerle ohne Manieren sind.

Charles Chaplin wirft einen klaren Blick auf die Gesellschaft seiner Zeit und versüßt ihn mit ironischen und herzlichen Einschüben. Ihm hilft sein Talent zum Clown, wenn er beim Tanzen den Gürtel verliert und seine Hose nur noch mit seinem Spazierstock über der Hüfte halten kann, während er formvollendet weiter tanzt. Einmal lässt er auch Brötchen tanzen – zwei Brötchen, in denen je eine Gabel als Unterschenkel steckt und fertig ist das Can-Can-Ballett, eine herzensrührige Szene, die inmitten der traurigsten Szene sitzt, die je im Kino zu sehen war – wenn Charlie registriert, dass seine große Liebe ihn hopps genommen hat. Aber zum traurig sein bleibt ihm keine Zeit: der Magen will gefüllt, die Zukunft gesichert, das Leben glänzend sein. Dem Kleinen Mann bleibt nichts anderes übrig, als einmal mehr aufzustehen als hinzufallen.

Das ist die große Kunst dieses vermeintlich kleinen Kerls auf dem Regiestuhl: Er skizziert aktuelle gesellschaftliche Brutalitäten und stemmt sich ihnen mit einem Lächeln und einem Schulterzucken entgegen: Es hilft ja nichts, sagt er seinem Publikum. Muss ja weitergehen! Lass dich nicht unterkriegen, dann kommt der Rest von ganz allein.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
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