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Plakatmotiv: Grand Canyon – Im Herzen der Stadt (1991)

Das Leben ist schwierig.
Aber es ist machbar.

Titel Grand Canyon – Im Herzen der Stadt
(Grand Canyon)
Drehbuch Lawrence Kasdan & Meg Kasdan
Regie Lawrence Kasdan, USA 1991
Darsteller

Danny Glover, Kevin Kline, Steve Martin, Mary McDonnell, Mary-Louise Parker, Alfre Woodard, Jeremy Sisto, Tina Lifford, Patrick Malone, Randle Mell, Sarah Trigger, Destinee DeWalt, Candace Mead, Lauren Mead, Shaun Baker u.a.

Genre Drama
Filmlänge 134 Minuten
Deutschlandstart
9. April 1992
Inhalt

Ein Ensemblefilm: Alle Protagonisten leben in Los Angeles und werden in unterschiedlicher Ausprägung mit Gewalt und Kehrseiten des urbanen Lebens konfrontiert.

Zentrale Figur ist Mack. Er ist wohlsituiert, verheiratet und Vater eines Sohnes, arbeitet als Rechtsanwalt. Nach einem spätabendlichen Basketballspiel der Los Angeles Lakers versucht Mack dem anschließenden Verkehrsstau durch eine Abkürzung zu entgehen. Dabei gerät er nach Inglewood, eine von sozialen Unruhen gezeichnete Wohngegend. Ausgerechnet hier streikt sein Fahrzeug. Nachdem er einen Abschleppdienst benachrichtigt hat, wartet er in seinem Wagen. Eine jugendliche Gang taucht auf. Sie droht ihm Gewalt an und beabsichtigt ihn zu berauben. Doch bevor es dazu kommt, erscheint Simon in seinem Abschleppwagen. Er bittet die Gang sie unbehelligt ziehen zu lassen und rettet somit Mack.

In unmittelbarer Nähe wohnt Simons Schwerster Deborah. Sie ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Deborah sorgt sich um ihren Sohn Otis, der stets erst spät abends nachhause kommt und Halt bei einer Gang sucht. Simon bittet seinen Neffen um einen Ausstieg. Doch Otis zeigt sich zunächst uneinsichtig. Ohne seine Gang sei er ein Nichts. Deborahs Haus wird eines Abends (wahrscheinlich von einer konkurrierenden Gang) unter Beschuss genommen.

Während sein Wagen repariert wird, kommen Mack und Simon sich näher. Plakatmotiv (US): Grand Canyon – Im Herzen der Stadt (1991) Sie räsonieren über die sich rapide verschlechternde gesellschaftliche Situation und die stets präsente Gewalt. Das ganze Land sei ziemlich runtergekommen. Simon berichtet über den Grand Canyon, den er einst bereist hat. Sein Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit angesichts dieser Größe.

Macks Freund Davis, seines Zeichens Filmproduzent extrem gewalttätiger Spielfilmproduktionen, wird auf offener Straße von einem Räuber ins Bein geschossen. Als er später aus dem Krankenhaus entlassen wird, scheint er geläutert. Er will keine Gewaltfilme mehr produzieren, nicht mehr das glorifizieren, was ihm selbst zum Verhängnis wurde. Er berichtet von einer quasi-religiösen Erfahrung. Künftig will er nur noch lebensbejahende Werke produzieren.

Claire, Ehefrau von Mack, findet beim morgendlichen Joggen ein ausgesetztes Baby im Gebüsch und nimmt es mit nach Hause. Erst am Abend übergibt sie es den Behörden.

In ausgeprägten Traumsequenzen grüßt Mack seinen neuen Freund Simon und beobachtet seine hübsche Assistentin Dee. Claire hingegen träumt davon, wie ihr die eigene Familie entgleitet und dass sie auch das Baby verpasst hat. Beide werden nach diesen Träumen aktiv.

Claire will das Baby adoptieren. Mack besucht Simon an seinem Arbeitsplatz. Für ihn ist Simon so etwas wie ein Schutzengel, der ihm das Leben gerettet hat. Aufgrund einer ähnlichen, früheren Erfahrung will er seinen Retter nicht noch einmal ungedankt ziehen lassen. Er bietet ihm für seine Schwester Deborah eine neue Wohnung in einer besseren Gegend an. Auch verkuppelt er ihn mit seiner Kollegin Jane. Aus den beiden wird ein Paar. Als zynischerweise schließlich Deborah eine Lebensversicherung für ihre Kinder angeboten wird, willigt sie in den Umzug ein. Otis hat mit diesem Umzug die größten Probleme. Abgeschnitten von seiner Gang und unsicher in der neuen Gegend, rennt er durch die Straßen, bis er von der Polizei gestoppt wird. Kurz darauf taucht er blutverschmiert bei Simon auf und berichtet tränenüberströmt, er habe Furchtbares erlebt.

Dee streift des Nachts mit ihrem Wagen durch die Gegend. Sie ist frustriert von einer unerfüllten Liebe zu Mack. An einer Straßenkreuzung wird sie im Auto attackiert. Doch die Polizei ist sofort da und verhindert Schlimmeres. Dee kündigt später ihre Anstellung bei Mack.

Zwischenzeitlich treten auch andere Arten von Gewalt und Gefahren auf. Zum Beispiel die Naturgewalt in Form eines kleinen Erdbebens. Oder aber Rücksichtslosigkeit, die auftritt, als Mack seinem Sohn Roberto Fahrstunden gibt und dies knapp kommentiert: „Ist schon grob hier“ …

Was zu sagen wäre

Davis, der Filmproduzent, bringt es auf den Punkt: „Der Punkt ist, dass sich in dieser Stadt zwischen denen die besitzen und denen, die nichts besitzen, ein riesiger Abgrund auftut!“, sagt der Produzent, ein Abgrund „wie der verdammte Grand Canyon“. Steve Martin ("Vater der Braut" – 1991; L.A. Story – 1991; My Blue Heaven – 1990; "Zwei hinreißend verdorbene Schurken" – 1988; Ein Ticket für zwei – 1987; Roxanne – 1987; "Der kleine Horrorladen" – 1986; Solo für 2 – 1984; Ein Single kommt selten allein – 1984; "Der Mann mit zwei Gehirnen" – 1983; Tote tragen keine Karos – 1982; Reichtum ist keine Schande – 1979) spielt da den charakterlichen Zwillingsbruder des realen Actionfilm-Produzenten Joel Silver (Lethal Weapon, Die Hard). Ein Zyniker kassenträchtiger Gewaltfantasien, der sich Künstler nennt: „Du hast zu wenig Filme gesehen. Alle Probleme der Menschen werden da gelöst!

Regisseur Lawrence Kasdan ("Die Reisen des Mr. Leary" – 1988; Silverado – 1985; Der große Frust – 1983; Eine heißkalte Frau – 1981) entwirft das Portrait einer Stadt, einer Gesellschaft, die das Zusammenleben hinbekommen muss – „muss“ insofern, als sie andernfalls einfach implodieren würde. DVD-Cover (US): Grand Canyon – Im Herzen der Stadt (1991) Er entwirft einen Alltags-Rahmen, in dem nacht Polizei-Hubschrauber die dunklen Gassen einschlägig bekannter Viertel ausleuchten und tagsüber die Helikopter der lokalen Medien, die wahlweise Verkehrsstaus oder Verfolgungsjagden aufführen.

Dazwischen zeigt Kasdan, der als Drehbuchautor Filmevents wie Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983), Jäger des verlorenen Schatzes (1981) oder Das Imperium schlägt zurück (1981) verantwortet, uns Otto Normalbürger. Menschen in einem Umfeld, dem sie nicht mehr gewachsen sind; die glauben, jede Sicherheit in ihrem Leben jederzeit durch eine Gewalttat – und sei es ein Erdbeben – verlieren zu können, und die sich durch ihre Menschlichkeit, ihre Hilflosigkeit finden, Menschen, die sich an die Regeln halten wollen und daher dauernd übervorteilt zu werden glauben. Simon und Mack etwa werden Freunde. Simon lädt ihn und seine Familie zu einem Ausflug an den Grand Canyon ein. Als sie an einem Aussichtspunkt auf den Canyon schauen, fragt Simon: „Also, was denkst Du?“ und Mack antwortet: „Ich glaube, es ist nicht alles schlecht!

Aber diese Regel-Gläubigen sind auf ihrem Niveau auch nicht besser, als die Handtaschenräuber, Gang-Killer und Straßenecken-Schläger. Mack etwa hat einen One-Night-Stand zu verantworten, der eine verzweifelte Frau zurücklässt, über deren Gefühle Mack hinweggallopiert, indem er erklärt, er habe doch kein Geheimnis daraus gemacht, dass er seine Ehe nicht gefährden wolle – Probleme einer Welt, die es in der Welt der Schwarzen im Problembezirk Inglewood nie geben wird.

"Grand Canyon" beleuchtet schlaglichtartig, wie dünn der Firnis unserer Sicherheit tatsächlich ist. Bettler und Obdachlose säumen den Weg der Protagonisten, sobald sie sich nur mal die Zeit nehmen hinzusehen – Zeichen einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich. Hubschrauber kreisen ständig am Himmel von L.A. – Symbol steter Überwachung. Vor diesem hintergrund wirkt Claires Jogging von Szene zu Szene mehr wie eine Flucht aus dem beängstigenden Leben im Moloch Los Angeles.

Als Filmproduzent Davis nach seiner traumatischen Gewalt-Erfahrung seine Arbeit wieder aufnimmt, sind seine neuen guten Vorsätze, keine Action-Gewalt mehr produzieren zu wollen, verschwunden. Er glaubt, seine Filme reflektierten nur die Realität – also auch die Gewalt. Außerdem sei Kino stets auch ein Ventil.

"Grand Canyon" ist ein Ventil: Das Leben ist schwierig, aber das einzige, das wir haben.

Wertung: 7 von 9 D-Mark
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