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Plakatmotiv: My Blue Heaven (1990)

Eine Märchen-Groteske mit
surrealen Höhepunkten

Titel My Blue Heaven – Das Schlitzohr von der Mafia
(My Blue Heaven)
Drehbuch Nora Ephron
Regie Herbert Ross, USA 1990
Darsteller

Steve Martin, Rick Moranis, Joan Cusack, Melanie Mayron, Bill Irwin, Carol Kane, William Hickey, Deborah Rush, Daniel Stern, Jesse Bradford, Corey Carrier, Seth Jaffe, Robert Miranda, Ed Lauter, Julie Bovasso, Colleen Camp, Gordon Currie, Raymond O'Connor u.a.

Genre Komödie, Crime
Filmlänge 97 Minuten
Deutschlandstart
9. Januar 1992
Inhalt

In seiner neuen Umgebung, einer kreuzbraven Vorstadt, ist Ex-Gangster Vinnie Antonelli ganz offensichtlich deplatziert. Aber als Kronzeuge in einem Mafiaprozess muss er schon mal für seine neue Identität üben. Der biedere FBI-Agent Barney soll für Vinnies Schutz sorgen und ihn mit dem bürgerlichen Leben vertraut machen.

Zunächst fühlt er sich unterfordert, aber das ändert sich! Vinnie trifft sich mit Ex-Kumpels und dreht krumme Dinger. Als er zu Hannah Stubbs, der stellvertretenden Staatsanwältin, vorgeladen wird, ist Barneys Einfallsreichtum gefordert: Wenn sie Vinnie jetzt verknacken, ist er seinen wichtigsten Kronzeugen los …

Was zu sagen wäre

Es gibt in Kalifornien ein kleines Städtchen, in das das FBI all die Kronzeugen schickt, die gegen die Mafia aussagen wollen oder schon ausgesagt haben. Dort leben sie unter dem Schirm des Zeugenschutzprogrammes der Vereinigten Staaten ein friedliches Leben zum Beispiel als Zoohändler. Und nebenbei als gut organisierte Diebesbande. Der jüngste dieser Kronzeugen ist Vincent Antonelli, genannt Vinnie, ein kleines Licht bei der Mafia und ein das Leben liebender, dauernd in Plauderlaune die Leute über den Tisch schwatzender Sympathikus – oder eine Nervensäge, je nachdem, auf welcher Seite man steht. Aber dieses kleine Städtchen in Kalifornien ist so abgelegen, dass die Köpfe des organisierten Verbrechens auf all die Kronzeugen dort nie aufmerksam geworden sind.
Das ist die Voraussetzung, die man akzeptieren sollte, wenn man dieser liebenswerten Komödie den Charme abgewinnen will, den sie hat. Man muss sogar den notorisch weißhaarigen Steve Martin (Ein Ticket für zwei – 1987; Roxanne – 1987; "; Solo für 2 – 1984; Ein Single kommt selten allein – 1984; Tote tragen keine Karos – 1982; Reichtum ist keine Schande – 1979) als schwarzhaarigen Mafiosi mit Elvis-Frisur akzeptieren. Das ist einigermaßen schwer, weil diese Frisur mich im Kinosessel eine Zeit lang ablenkt. Aber die Märchenwelt, die Herbert Ross hier inszeniert, ist so liebevoll dämlich charmant, dass ich mich ihr irgendwann ergebe und sogar Steve Martin als Sizilianer akzeptiere.

Herbert Ross (Magnolien aus Stahl – 1989; Das Geheimnis meines Erfolges – 1987; "Footloose" – 1984; Mach's noch einmal, Sam – 1972) erzählt sein Märchen im Gerüst einer Buddykomödie. Neben dem überdrehten Kronzeugen im Zeugenschutz steht der aufrechte FBI-Mann Barney Coopersmith, dem das Leben viele Zitronen geschenkt hat. Er ist eher klein von Statur, steckt im Karrieretief und gerade ist seine Frau mit einem Baseball-Typen durchgebrannt. Rick Moranis spielt ihn ("Eine Wahnsinnsfamilie" – 1989; Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft – 1989; Ghostbusters 2 – 1989; Mel Brooks' Spaceballs – 1987; "Der kleine Horrorladen" – 1986; Ghostbusters – Die Geisterjäger – 1984). Den schmächtigen Mann mit Brille, der großspurig auftritt und sich für großartig hält, hat er seit seinem Auftritt in Straßen in Flammen (1984) perfektioniert. Hier variiert er die Rolle, indem Barney sich von Vinnie die große Geste, den perfekt sitzenden Anzug erst beibringen lassen muss. Natürlich ist das Leben des Ex-Mafiosi berauschender, abwechslungsreicher, unterhaltsamer, als das des Staatsbeamten und natürlich lernt Barney von Vinnie die Lässigkeit, die es braucht, eine  Frau wirklich zu beeindrucken und natürlich lernt Vinnie von Barney, dass ein gewisses Maß an Ehrlichkeit hohe Erträge im Zusammenleben abwirft – und im Finale feiert die kleine kalifornische Stadt ein großes Fest, haben Barney und die etwas verpeilte Staatsanwältin doch endlich zueinander gefunden, sind Vinnie und die anderen Kronzeugenkumpels in das Städtchen integriert, weil ihre kleinen Gaunereien jetzt im Sinne des Städtchen laufen. Und wer kann schon was dagegen haben, wenn sein Heimatstädtchen plötzlich ein großes Baseballstadion für den Nachwuchs sein eigen nennt?

Überraschend ist an dem Film nichts. Außer seine bizarre Ausgangslage, die quer zu jeder Erwartung steht. Das geht so weit, dass Vinnie, der Kronzeuge gegen die Mafia, zwischendurch sogar mal nach New York reist und dort von seiner ganzen Familie mit großem Hallo am Flughafen empfangen wird, aber von keinem einzigen Killer. Aber da haben wir im Kinosessel die quasi Unverwundbarkeit Vinnie längst verinnerlicht. Oder haben das Kino schon verlassen. Ein verträumter, nahezu surrealistischer Film. Ein schönes Märchen.

Wertung: 5 von 10 D-Mark
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