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Plakatmotiv: Star Wars – Episode XI: Der Aufstieg Skywalkers (2019)

Das applauswürdige Finale
einer großartigen Kinoserie

Titel Star Wars – Episode IX: Der Aufstieg Skywalkers
(Star Wars: Episode IX – The Rise of Skywalker)
Drehbuch Chris Terrio & J.J. Abrams & Derek Connolly & Colin Trevorrow
nach Charakteren von George Lucas
Regie J.J. Abrams, USA 2019
Darsteller

Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver, Billie Lourd, Keri Russell, Carrie Fisher, Mark Hamill, Ian McDiarmid, Kelly Marie Tran, Lupita Nyong'o, Domhnall Gleeson, Anthony Daniels, Billy Dee Williams, Andy Serkis, Joonas Suotamo, Naomi Ackie, Richard E. Grant, Greg Grunberg, Dominic Monaghan u.a.

Genre Fantasy
Filmlänge 141 Minuten
Deutschlandstart
18. Dezember 2019
Website starwars.com
Inhalt

Imperator Palpatine lebt! Sein Körper mag zerschmettert sein, sein böser Geist aber, Konglomerat aller Sith, treibt weiter seine Ränke.

Etwa ein Jahr ist seit dem Tod des Obersten Anführers Snoke vergangen. Kylo Ren führt nun die Erste Ordnung und ist in den Besitz eines Sith-Wegweisers gelangt, der ihm den Aufenthaltsort Palpatines aufzeigt. In den unbekannten Regionen der Galaxis, fernab der bekannten Systeme, findet Kylo den künstlich am Leben gehaltenen Imperator. Dieser offenbart ihm, der Strippenzieher hinter all den vergangenen Geschehnissen gewesen zu sein, inklusive Snoke, und bietet Kylo eine Flotte von hunderten Sternenzerstörern an, unter der Bedingung, dass er Rey vernichten solle.

Für den Widerstand setzen Poe, Finn und die anderen immer wieder kleine Nadelstiche gegen den Machtapparat des Tyrannen Ren – allerdings ohne große Unterstützung aus der Galaxis. Das Opfer von Luke Skywalker hat scheinbar doch keinen allzu großen Hoffnungsfunken entzündet. Der Widerstand bleibt klein und für sich.

Auch Rey beteiligt sich nicht. Sie lässt sich im Stützpunkt des Widerstands von Leia in der Jedi-Kunst unterweisen. Als der Widerstand allerdings durch einen Spion bei der Ersten Ordnung erfährt, dass Palpatine lebt, macht sie sich gemeinsam mit ihren Kampfgefährten auf, den mächtigen Strippenzieher zu finden. Denn der hat sich im Verborgenen eine riesige Flotte aufgebaut. Mit dieser Letzten Ordnung droht er ein neues Imperium zu errichten und jegliche Rebellion ein für alle Mal auszulöschen.

Aber um den Aufenthaltsort des Finsteren zu finden, brauchen die Rebellen einen Sith-Wegweiser, von dem es nur zwei in der Galaxis gibt. Den einen hat Kylo Ren gefunden, den anderen finden sie über eine Spur auf dem Wüstenplaneten Pasaana, wo sie auf Lando Calrissian treffen. Dieser berichtet von einem Raumschiff, das einst von Luke Skywalker aufgesucht wurde, als er selbst nach dem Sith-Wegweiser suchte. Dort finden sie einen Dolch, auf dem in Sith-Runen die Position des zweiten Wegweisers eingraviert ist.

Obwohl C-3PO in der Lage ist, die Sith-Runen zu entziffern, kann er diese aufgrund seiner Programmierung nicht übersetzen. Auf der Suche nach einem geeigneten Techniker, der die Programmierung umgehen kann, begeben sie sich nach Kijimi. Hier treffen sie auf Zorri Bliss, eine alte Bekannte von Poe, die nicht recht weiß, ob sie Poe erschießen oder doch küssen soll. Mit ihrer Hilfe gelingt es, die Runen zu entziffern und den Aufenthaltsort des zweiten Wegweisers zu orten.

An Bord des Millennium Falken begeben sie sich nach Kef Bir, einem Mond des Planeten Endor, auf dem die Trümmerreste des zerstörten zweiten Todessterns niedergegangen sind. In den Ruinen findet Rey den zweiten Wegweiser. Und Kylo Ren findet sie. Er zerstört den Wegweiser …

Was zu sagen wäre

Die Wüste ist ein zentraler Ort in der Star-Wars-Galaxis. Von hier kommen die Helden, hierher kehren sie immer zurück. Der Mythos der Wüste erzählt von Klarsicht durch Einsamkeit, von Selbsterforschung und Sinnfindung. Auf sich selbst zurückgeworfen entdecken Helden in der Wüste Beziehungen, Freundschaften, Familien. Egal, ob es die Israeliten waren, die 40 Jahre durch die Wüste wanderten und das Gelobte Land fanden, ob der Farmersjunge Luke Skywalker auf Tatooine einen sonderbaren alten Mann traf, der ihn zur Legende formte, ob Schrottsammlerin Rey auf Jakku einen lustigen Roboter fand, dessen Inhalt ihr ein galaktisches Abenteuer aufbürdet, oder sie auf dem Wüstenplaneten Pasaana im jüngsten Abenteuer Hinweise auf ihre Herkunft findet – die philosophisch spitzen Denkmuster des Mythos Wüste stecken in der DNA der Star-Wars-Figuren.

Die Wüste ist der erste gemeinsame Anlaufpunkt unserer neuen Helden, die endlich so etwas wie eine Gemeinschaft bilden. Da sind rund 15 Minuten Film (in denen übrigens nach zwei Minuten schon all die oben genannten Palpatine-Fakten offenliegen) vorbei, in denen J.J. Abrams, der auf den Regiestuhl zurückgekehrt ist, uns bereits über vier Planeten gehetzt hat. Der Regisseur legt großes Tempo vor, das er bis zum Schluss seines großartigen Spektakel-Finales beibehält. Zwar hat er 142 Minuten Zeit, muss aber soviel bündeln, beantworten, zu Ende erzählen, dass für besinnliche Momente, etwa wenn geliebte Menschen sterben, keine Zeit bleibt. Durchschnaufen ist nicht in dieser Bilderexplosion. Gerade in der ersten Stunde hetzen Abrams und sein Co-Autor Chris Terrio die Figuren auf eine Schnitzeljagd über weit weit entfernte Planeten, die man sich gar nicht alle merken kann – auch nicht muss, weil der ein oder andere das Ende des Kriegs der Sterne nicht mehr erlebt. Gefunden werden muss eine Art Kompass, dazu muss vorher ein Rätsel gelöst werden, die Spielkonsolen-Dramaturgie war immer schon Bestandteil der Star-Wars-Galaxis.

Man fühlt sich nach wenigen Minuten im Kinosessel wie Zuhause. Denn trotz der großen Hektik, die erst im letzten Akt mit so großer Emotionalität aufgeladen wird, dass jemand, der seit 1977 immer wieder gerne in diese Welt abgetaucht ist, diesen finalen Akt kaum ohne Tränen verlassen kann, hält Regisseur Abrams uns immer an der Hand. Er ist nicht der Systemsprenger auf dem Regiestuhl wie Rian Johnson, der in der vorherigen Episode VIII mutig begonnen hatte, alte Zöpfe abzuschneiden und eine neue Richtung einzuschlagen. Abrams aber ist ein genauer Beobachter. Er weiß genau, was in diese spezielle weit, weit entfernte Galaxis gehört und was nicht, er ist mehr konservativer Lordsiegelbewahrer als in neue Galaxien vorstoßender Visionär. Darin liegt die Krux dieser Episode IX: Sie ist ein packender Abenteuerfilm, wirkt aber nicht, als hätten die Macher beim Dreh der Episode VII schon gewusst, wo sie in Episode IX landen wollen – anders als Lucas damals, der sehr wohl wusste, wo er mit seiner Episode IV hin wollte.

Die Star-Wars-Welt ist eine konservative Angelegenheit. Die Geschichte dieser Episode IX schlägt den Bogen zurück zu den ersten Episoden der Serie; ihre Fans schätzen progressives Rebellentum auf der Leinwand, nicht aber auf dem Regiestuhl – der Shitstorm, den Rian Johnson erleiden musste, war gewaltig, bis hin zu der Forderung, seine Episode VIII aus der offiziellen Reihung auszuschließen; nur weil Johnson aus dem engen Familienkorsett der Skywalkerlinie ausbrach und der Saga eine politischere Perspektive gönnte. Prompt tauchen die Kinder der Rebellion, die am Ende seiner Episode so vielsagend ins Bild gesetzt wurden, nicht mehr auf. Statt dessen heißt es wieder Rebellen gegen imperiale Übermacht.

Dasselbe gilt für die Romantik in der Galaxis Es gibt einen Kuss der Liebe in diesem Film, der gleichzeitig ein Kuss des Abschieds ist. Andere zarte Gefühle offenbaren sich eher in einer mütterlichen Umarmung. Die romantische Erzählung war nie eine Stärke der Serie; das geht auf George Lucas zurück, der so etwas schlicht nicht erzählen konnte. Lucas konnte damals mit Maschinen mehr anfangen, als mit Menschen; es war kein erzählerisches Unvermögen, dass in den ersten zehn Minuten seines Originalfilms von 1977 die Maschinen C-3PO und R2-D2 als zentrale Charaktere den Mittelpunkt des Geschehens bilden. Mit Maschinen konnte Lucas besser umgehen. Die zwischenmenschlichen Liebesgeschichten in den vorherigen Trilogien waren mehr Behauptung als Gefühl, untermalt von kitschigen Postkartenmotiven und Sätzen aus den Comicsprechblasen der 70er Jahre – „Ich liebe Dich.“ „Ich weiß.

Wenn es um Gefühle geht in dieser Serie, dann immer um negative Gefühle. Romantische Gefühle führen in den Untergang. Das ist das Leitmotiv der Episoden I-III. Die Vertreter der hellen Seite sagen, man solle auf seine Gefühle hören, sich diesen aber gleichzeitig aus Sicherheitsgründen verschließen. „Lass Deinem Hass jetzt freien Lauf!“ lockt hingegen Palpatine in Episode VI, um Luke auf die dunkle Seite zu ziehen. Und diese dunkle Seite hat, auch in der aktuellen Trilogie, nichts Schönes. Man fragt sich: Was ist an der so reizvoll, dass sich ihr ein ganzer Orden verschreibt? Der Imperator, künstlich am Leben gehalten, an Schläuchen hängend in einem kalten, dunklen, riesigen Raum, erfreut sich an seinen Rankünen um ihrer selbst Willen. Das ist wahrscheinlich der Kern dieser Macht. Die helle Seite, deren tieferer Nutzen auch nie so ganz klar wird, außer, dass die für das sogenannte Gute einsteht – aber wer definiert, was Gut ist in einer Galaxis mit zig Trillionen Wesen in zig Billionen Kulturen? – hat wenigstens Sonnenlicht, Freundschaften und gelegentliche Gelage. Die dunkle Seite hängt im Dunkeln an Schläuchen und ist sich selbst genug. Letztlich ist der neunteilige Kampf um Hell oder Dunkel nur der MacGuffin dieser Serie, die sich um eine Familie in aufgewühlten Zeiten dreht.

Bei Abrams stehen die Familienbande der verzweigten Familie Skywalker wieder im Mittelpunkt. Zu klären ist ja, neben dem rätselhaften Episodentitel (wieso "Aufstieg"? War der letzte Skywalker nicht in Ep. VIII gestorben?), zum Beispiel die Herkunft von Rey, die keinen Nachnamen hat. Kann sie wirklich das Kind von Trinkern sein, die sie verkauft haben, um Spielschulden zu bezahlen, wie Kylo Ren in Episode VIII behauptet? Natürlich nicht. Zunächst aber hat Rey in "Der Aufstieg Skywalkers" endlich eine komplette Ersatzfamilie – auch da schlägt Abrams einen Bogen zu dem alten Hit-Trio Luke, Han und Leia. Darin spielt Poe, auf den Rey hier überhaupt zum ersten Mal in einer längeren Szene trifft und sich gleich mit ihm zofft, ihren großer Bruder und Finn ihren kleinen – und Leia ist so eine Art Ersatzmutter. Und Rey selbst, auch wenn sie im Jedi-Training noch Schwächen hat und leicht mal ausrastet – was, wie wir aus den alten Zeiten wissen, für einen Jedi unangenehme Folgen haben kann – dreht als Kämpferin mächtig auf, dass den Jungs im Kinosessel der Mund offen steht. Ihre Entwicklung vom Schrott sammelnden Waisenmädchen zur entschlossenen Kriegerin ist über die drei Filme gelungen.

Auch Kylo Ren hat sich entwickelt. Der wankelmütige Junge, der zu Beginn der Trilogie noch wirkte wie das trotzige Kind, das sauer ist, weil es nicht bekommt, was es will und auch gar nicht weiß, was es will, ist endlich in die Rolle des Schwarzen Mannes geschlüpft – gefürchtet, bekämpft und betrogen; Adam Driver (Marriage Story – 2019; BlacKkKlansman – 2018; Logan Lucky – 2017; Sieben verdammt lange Tage – 2014; Gefühlt Mitte Zwanzig – 2014; The F-Word – 2013; Inside Llewyn Davis – 2013; Lincoln – 2012; J. Edgar – 2011) stellt plötzlich einen komplexen Charakter dar, hin und her geschleudert von allerlei widerstreitenden Parteien. Mit Rey liefert er sich ein Laserschwert-Duell in den Ruinen des von aufgepeitschten Sturmfluten umtosten alten Todessterns, das sich neben Lukes und Vaders Schwertkampf in Das Imperium schlägt zurück als beeindruckendstes der neun Teile erweist.

Und noch etwas ist neu: das Design des Films in Farbgebung, Intensität und Fülle. Die Art Direction leitet zum ersten Mal Paul Inglis (Blade Runner 2049 – 2017; Jason Bourne – 2016; Mission: Impossible – Rogue Nation – 2015; Dracula Untold – 2014; James Bond 007: Skyfall – 2012; Prometheus – 2012). Es wechseln Wimmelbilder von Raumschiffen, Planeten und Explosionen mit Bildern von leerer Weite ab, mal farbentsättigt, mal in tausend Farben explodierend. Als hätte die Skywalker-Saga in ihrer neunten und letzten Episode endlich ihre Ästhetik gefunden, in der die Figuren trotz des Irrsinns um sie herum – mit Streitrössern gegen Sternenzerstörer oder Reys Sprung über den TIE-Fighter – geradezu menschlich wirken, also verletzlich; das nun waren Han und Leia und Luke und Obi-Wan und Anakin eher nie.

J.J. Abrams, der große Dekonstrukteur des zeitgenössischen Kinos (Star Trek Into Darkness – 2013; Super 8 – 2011; Star Trek – 2009) hat einen kraftvollen Schlusspunkt gesetzt, eine filmische Wuchtbrumme, in deren andauerndem Vollgas man schon mal kurz den Faden verliert, die arrogant Fäden liegen lässt, die Rian Johnson (mit Abrams als Executive Producer) vor zwei Jahren für neue Storylines ausgelegt hatte; eine Wuchtbrumme, die über ihre Bilder immer fasziniert und schließlich da endet, wo alles begann, in der Wüste unter der Doppelsonne. Schon 1977 hatte Darth Vader prophezeit: „Der Kreis schließt sich!

Wertung: 6 von 8 €uro
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