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Plakatmotiv: Die Hindenburg (1975)

Effektvolle Zeppelinbilder
umrahmen zähe Handlung

Titel Die Hindenburg
(The Hindenburg)
Drehbuch Nelson Gidding & Richard A. Levinson & William Link
frei nach dem Buch "Hindenburg. Der letzte Flug von LZ 129" von Michael M. Mooney.
Regie Robert Wise, USA 1975
Darsteller

George C. Scott, Anne Bancroft, William Atherton, Roy Thinnes, Gig Young, Burgess Meredith, Charles Durning, Richard Dysart, Robert Clary, Rene Auberjonois, Peter Donat, Alan Oppenheimer, Katherine Helmond, Joanna Moore, Stephen Elliott, Joyce Davis, Jean Rasey, Ted Gehring u.a.

Genre Abenteuer, Drama, Historie
Filmlänge 125 Minuten
Deutschlandstart
16. April 1976
Inhalt

Mai 1937: Das deutsche Luftschiff "Hindenburg" bereitet sich auf die erste Atlantiküberquerung der Saison vor. Plötzlich erreicht ein Drohbrief die deutsche Botschaft in Washington und lässt eine Sabotage am Zeppelin befürchten, der als Symbol für Nazi-Deutschland angesehen wird.

Die Gestapo beauftragt Luftwaffenoberst Franz Ritter, als Sicherheitsoffizier getarnt an Bord zu gehen. Unterstützt wird er von SS-Hauptsturmführer Martin Vogel, der sich als Fotograf ausgibt. Beide sollen unabhängig voneinander Passagiere und Besatzung überwachen. Ritter hat bald jeden unter Verdacht: vom amerikanischen Geschäftsmann Edward Douglas über eine geheimnisvolle Gräfin bis zu Besatzungsmitgliedern wie dem ehemaligen HJ-Führer Karl Boerth.

Während sich die "Hindenburg" New York nähert, findet Ritter heraus, dass an Bord eine Bombe platziert wurde, die 90 Minuten nach der Landung explodieren soll. Doch die Landung verzögert sich und Ritter versucht verzweifelt, die Katastrophe abzuwenden …

Was zu sagen wäre

Wenn du schon weißt, dass das Luftschiff im Finale in die Luft fliegt, musst du einen Weg finden, dieser historisch verbürgten Explosion möglichst viele fiktive Charaktere Deines Drehbuchs zuzuführen. Also bündeln die Autoren allerlei Begebenheiten, die sich irgendwann einmal an Bord eines Zeppelins zugetragen haben, und bündeln sie auf dieser entscheidenden Passage der Hindenburg über den Atlantik. Dazu gibt es Passagiere, die alle ihr privates Päckchen zu tragen haben oder sonstwie verdächtig erscheinen, einen Bombe an Bord des Luftschiffes platzieren zu wollen.

Da ist der Clown mit anarchischem Hintergrund, der sich auf seine Kinder in Amerika freut und an Bord seine neue Solonummer verkaufen möchte. Da sind zwei seltsame Gestalten, die beim gezinkten Kartenspiel ihre Mitpassagiere ausnehmen wollen. Da ist ein Monteur, der der Welt zeigen will, dass das Nazi-Regime korrupt ist. Da ist eine Gräfin mit unklarer Vergangenheit zur aufrechten Hauptfigur des Oberst Franz Ritter. Die gemeinsame Verbindung wird nicht vertieft, aber die Gräfin will aus dem Land fliehen und würde den aufrechten Oberst am liebsten mitnehmen. Anne Bancroft spielt die Gräfin (Die Reifeprüfung – 1967) und erhält somit als einzige Nebenfigur etwas mehr Tiefe im Film wo die anderen Nebenfiguren eindimensionale Bildfüller geben.

George C. Scott ("Die schwarze Liste" – 1975; "Patton: Rebell in Uniform" – 1970; Die Bibel – 1966; Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben – 1964; Haie der Großstadt – 1961; Anatomie eines Mordes – 1959) spielt die Hauptrolle des Franz Ritter als schneidigen deutschen Luftwaffenoberst, Plakatmotiv (US): The Hindenburg (1975) der insgeheim längst seine Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner Vorgesetzten und der des Regimes hat und sich irgendwann auf die Seite des Bombenlegers schlägt, ohne dass die Motivation deutlich wird – er hat halt plötzlich Verständnis für die Gegner der Nazis.

"Die Hindenburg" reitet die Welle der Katastrophenfilme um brennende Hochhäuser (1974), bebende Städte (1974), sinkende Luxusliner (1972) und führerlose Passagierflugzeuge (1970), hat dabei aber mit der Crux zu kämpfen, dass die Hindenburgkatastrophe als solche nach wenigen Minuten vorbei war und es also jede Menge Filmminuten zu füllen gibt – einmal eben mit den dann nur wenig mitreißenden Schicksalen der eindimensionalen Passagiere und der bis heute ungeklärten Frage, warum die Hindenburg damals über Lakehurst explodiert ist. Oder mit unvermittelt auftretenden Kleinkatastrophen. Einmal reißt die Hülle des Luftschiffes und muss unter abenteuerlichen Umständen in der Luft geflickt werden. Diesen Vorfalll hat es wirklich gegeben, nur nicht auf diesem Flug und nicht an Bord der Hindenburg.

Wir sehen den Recherchen und Gesprächen Ritters mal mehr mal weniger gespannt zu und sind sofort hellwach, wenn Robert Wise eines der vielen Panoramabilder seiner Titelheldin auf die Leinwand setzt (Andromeda: Tödlicher Staub aus dem All – 1971; Kanonenboot am Yangtse-Kiang – 1966; West Side Story – 1961; U 23 – Tödliche Tiefen – 1958; Der Tag, an dem die Erde stillstand – 1951). Die Aufnahmen der Hindenburg am Himmel, wenn sie die Wolken durchstößt oder elegant am Firmament dahingleitet, sind grandios konstruierte Trickaufnahmen. Im großen Finale schaltet Robert Wise von Farbe auf Schwarz-Weiß-Bilder und bedient sich der bekannten Archivaufnahmen der Katastrophe, zwischen denen die Schicksale der einzelnen Haupt- und Nebenfiguren aufgelöst werden. Da treibt mich der Film in einen bitteren Zwiespalt. Einerseits will ich, wenn ich die Kinokarte für einen Film, der "Die Hindenburg" heißt, löse, die Katastrophe auch sehen, bei der auch 36 Menschen starben. Aber ich will sie fürs Kino aufbereitet sehen, sozusagen mit Farbe poliert statt der realen Aufnahmen, in denen irgendwo auch reale menschen den Tod finden.

An der Stelle schickt mich der Film in Gedanken an den naiven, hybrishaften Menschen, der glaubt, den Himmel beherrschen zu können, nach Hause – aber nicht mit einem sonderlich aufregenden Film.

Wertung: 4 von 9 D-Mark
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