IMDB

Plakatmotiv: Die Bibel (1966)

Eine treu abgefilmte Bibel
ohne inhaltliches Drama

Titel Die Bibel
(La Bibbia (oder: The Bible: In the Beginning…))
Drehbuch Christopher Fry & Jonathan Griffin & Ivo Perilli
nach dem "Buch der Bücher"
Regie John Huston, Italien, USA 1966
Darsteller
Michael Parks, Ulla Bergryd, Richard Harris, John Huston, Stephen Boyd, George C. Scott, Ava Gardner, Peter O’Toole, Zoe Sallis, Gabriele Ferzetti, Eleonora Rossi Drago, Franco Nero, Pupella Maggio, Robert Rietty, Robert Heinze, Roger Beaumont, Gianluigi Crescenzi, Grazia Maria Spina, Angelo Boscariol, Claudie Lange, Anna Maria Orso, Adriana Ambesi, Eric Leutzinger, Michael Steinpichler, Gabriella Pallotta, Alberto Lucantoni, Rossana De Rocco, Luciano Conversi, Giovanna Galletti u.a.
Genre Drama
Filmlänge 174 Minuten
Deutschlandstart
28. Oktober 1966
Inhalt

Der Film beginnt am Anfang aller Geschichten: mit der bildgewaltigen Schöpfung der Erde und der Erschaffung der ersten Menschen Adam und Eva sowie ihre Vertreibung aus dem Paradies.

Im Stil eines Historienfilms wird das 1. Buch Mose, Genesis, erzählt. Der Brudermord von Kain an Abel und die Verbannung Kains bezeichnen den Übergang zur Geschichte der Arche Noah. Noah baut für sich und seine Familie sowie einem Paar jedes Tieres eine Arche und überlebt so die Sintflut. Sein Urenkel Nimrod gibt den Turmbau zu Babel in Auftrag, was Gott verärgert, sodass er die Menschen mit Sprachverwirrung straft.

Die letzte vorgestellte Geschichte ist die von Abraham und seinen Frauen und der Beinahe-Opferung Isaaks …

Was zu sagen wäre

Die Erschaffung der Welt, der Bau der Arche, der Turmbau zu Babel, die Geschichte Abrahams, Stammvater von  Judentum, Christentum und Islam. Das ist Stoff für vier Monumentalfilme. John Huston packt sie alle in einen, knapp drei Stunden lang. Weit kommt er nicht. Die titelgebende Bibel ist mit Altem und Neuem Testament zu dick. Huston und seine Drehbuchautoren schaffen die ersten 22 Kapitel des Alten Testaments und stellen im Wesentlichen den Inhalt der ersten Hälfte des 1. Buch Mose dar. Sie versuchen, nah an der Vorlage zu bleiben.

Dramaturgisch ist das nicht sonderlich spannend. Weil zwischen den erzählten Geschichten jeweils ein paar Generationen liegen, baut sich kein Spannungsbogen auf. Huston erzählt episodenhaft, lässt sich viel Zeit mit den ersten sieben Tagen der Weltgeschichte – „Am Anfang war das Licht“ – in denen er Naturpanoramen aneinander reiht, tosende Meere, rauchendes Land, elegant gleitende Wale, spritzende Lava, knallige Sonnenaufgänge. Die Geschichte von Adam und Eva und deren Vertreibung aus dem Paradies ist zügig erzählt und nachdem Kain seinen Bruder Abel erschlagen hat, stellt sich dem Zuschauer, der die Bibel nie gründlich gelesen hat, die Frage, wie sich die Menschheit eigentlich entwickeln konnte, wenn die ersten beiden Menschen zwei Söhne hatten, von denen einer den anderen erschlägt, weit und breit aber keine Tochter zu finden ist. Kain, mit theatralischen Gesten gespielt von Richard Harris (Sierra Charriba – 1965; Meuterei auf der Bounty – 1962; Die Kanonen von Navarone – 1961), wird in das Land Nod verbannt und ein paar Generationen später ist der Film bei Noah, dem Gott aufträgt, eine Arche zu bauen, weil er gedenke, die ganze zu Bosheit und Hass tendierende Menschheit, seine Schöpfung, mit einer Flut zu vernichten.

Der alte Noah ist die lebendigste Figur in diesem sehr würdevollen, um Respekt und Achtung für die literarische Vorlage bemühten Film, in dem alle immer sehr achtsam sprechen, als würden ihre Worte gleichzeitig gesprochen und in Marmor gemeißelt für die Ewigkeit. Der Regisseur selbst spielt Noah und John Huston gibt sich alle Mühe, den Erbauer der Arche als von den Umständen völlig unbeeindruckten Mann darzustellen. Gott will die Menschheit in Regen ersäufen? Kein Ding. Noah und die seinen sollen überleben und also eine Arche bauen? Okay! Seine Söhne stellen nur vorsichtige Nachfragen, die Noahs Frau mit den Worten „Euer Vater weiß am besten, was zu tun ist. Also gehorcht ihm!“ abschmettert, während Noah feixend an die Arbeit geht, das Schiff in Nullkommanichts hochzieht Plakatmotiv (Spa.): La Biblia (1966) und bald 40 Tage und 40 Nächte mit Familie und allerlei Getier über einen weltumspannenden Ozean treibt, wo er als erstes das Nahrungsproblem für alle Mitreisenden löst und seine Frau anhand des Verhaltens der Tiere die Tage zählen kann, die sich unter dicken Gewitterwolken nicht von den Nächten unterscheiden. Die Episode befeuert die Fantasie des Zuschauers über das Leben in der Arche, in der Menschen, Tiere und Raubkatzen friedlich koexistieren.

Der Turmbau zu Babel ist mit ein paar spektakulären Bildern des gigantischen Turms wieder schnell abgehandelt und wieder mehrere Generationen später sehen wir, wie auf Gottes Geheiß Abram, der später in Abraham umgetauft wird, mit Familie, Besitz und Sklaven seine Heimatstadt Ur verlässt, um sich vom Herrn in das gelobte Land führen zu lassen. George C. Scott (Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben – 1964; Haie der Großstadt – 1961; Anatomie eines Mordes – 1959) hat als Abraham einen engen Draht zu Gott, beide sprechen oft miteinander, Gott verspricht Abraham, Stammvater eines großen Volkes zu werden, hat ihm aber eine unfruchtbare Frau gegeben, sodass er dann mit der ägyptischen Magd zunächst Ismael zeugt, später Stammvater der Araber

In dieser Episode steckt das meiste Drama: Unfruchtbarkeit, Eifersucht zwischen Sarah und ihrer Magd, der Untergang der Städte Sodom und Gomorra, Gottes Forderung, Abraham solle ihm seinen Sohn Isaac opfern, die Geburt gleich zweier Stammväter (Ismael für Muslime, Isaac für Juden und Christen) und obendrauf Ava Gardner als leidende Sarah (Die Nacht des Leguan – 1964; Die barfüßige Gräfin — 1954; Die Ritter der Tafelrunde – 1953; Mogambo – 1953). Aber so richtig zünden tut die längste und den Film abschließende Episode nicht. Abraham hadert mit Gottes Forderung, den spät geborenen Sohn doch wieder opfern zu sollen, folgt aber stets Gottes Anweisungen und Abrahams Gefolge folgt unbeirrt Abrahams Anweisungen. Es gibt keine Loyalitätskonflikte, keine Dramen. Wie auch? Davon steht ja nichts in der Bibel.

Der Film folgt der Heiligen Schrift sehr genau, dichtet kaum hinzu. Daher gibt es wenig zu verfolgen, aber viel zu sehen. John Huston kennt sich mit der Filmemacherei aus (Die Nacht des Leguan – 1964; Misfits – Nicht gesellschaftsfähig – 1961; Denen man nicht vergibt – 1960; Moby Dick – 1956; African Queen – 1951; Asphalt-Dschungel – 1950; Gangster in Key Largo – 1948; Der Schatz der Sierra Madre – 1948; Abenteuer in Panama – 1942; Die Spur des Falken – 1941). Er liefert uns große Namen auf der Besetzungsliste, noch wunderbare Naturpanoramen und aufwendige Kulissen. Die Filmmusik von Toshirô Mayuzumi, die den Film vor allem in dessen erster, noch wortkarger Hälfte akustisch trägt, wurde 1967 für den Oscar nominiert.

Wertung: 5 von 8 D-Mark
IMDB