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Plakatmotiv: Die Nibelungen, Teil 1: Siegfried (1966)

Eine naive Sagen-Verfilmung mit
Pappmaché und bunten Kostümen

Titel Die Nibelungen, Teil 1: Siegfried
Drehbuch Harald G. Petersson & Harald Reinl & Ladislas Fodor
Regie Harald Reinl, BRD, Jugoslawien 1966
Darsteller

Uwe Beyer, Rolf Henniger, Siegfried Wischnewski, Maria Marlow, Hans von Borsody, Mario Girotti, Fred Williams, Dieter Eppler, Samson Burke, Skip Martin, Hilde Weissner, Barbara Bold, Ingrid Lotarius, Maria Hofen, Djordje Nenadovic, Milan Bosiljcic-Beli, Benno Hoffmann, Karin Dor u.a.

Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 91 Minuten
Deutschlandstart
13. Dezember 1966
Inhalt

Siegfried von Xanten bezwingt den Drachen Fafnir, der den sagenhaften Nibelungenschatz bewacht und badet anschließend in seinem Blut, das ihn unverwundbar macht.

Als Siegfried sich am Hofe des Burgunderkönigs Gunther in dessen Schwester Kriemhild verliebt, bittet er diesen um ihre Hand. Gunther will allerdings nur einwilligen, wenn Siegfried ihm zur Hochzeit mit der Walküre Brunhild verhilft, die vorher im Zweikampf besiegt werden muss. Durch eine List Siegfrieds wird Brunhild geschlagen und es kommt zur Doppelhochzeit in Worms.

Brunhild, die selbst in Siegfried verliebt ist, sinnt auf Rache und schmiedet gemeinsam mit dem heidnischen Ritter Hagen von Tronje finstere Pläne …

Was zu sagen wäre

Mit einem Schwert einen alten Drachen besiegen … HaHaHa“, höhnt Alberich, der Albenkönig, als Siegfried darauf beharrt, den Nibelungenhort zu erhalten, nachdem er Fafnir, den Drachen getötet hat. In der Tat, dieser Drache, den Artur Brauners CCC-Filmkunst da hat bauen lassen, ist ein bisschen peinlich. Plakatmotiv: Die Nibelungen, Teil 1: Siegfried (1966) Ein paar wenige, unübersichtliche Großaufnahmen eines hydraulisch hin- und herschwingenden Echsenkopfes mit Teppichhaut, bei dem drei Gasdüsen für unablässigen Feuerhauch sorgen; dagegen wirkt der japanische Gigant Godzilla, der ganze Städte zertrampelt, wie ein wirklich bedrohlicher Ur-Gigant. Entsprechend schnell ist Fafnir, der hüftsteife Drache bezwungen, Siegfried badet in seinem Blute und ist fortan unbezwingbar – mehr oder weniger.

Großer deutscher Sagenstoff, verfilmt von den Männern und Frauen, die Euch die Edgar-Wallace- und die Karl-May-Filme gebracht haben. Regie führt Harald Reinl ("Der unheimliche Mönch" – 1965; Winnetou III – 1965; Winnetou – 2. Teil – 1964; Winnetou I – 1963; Der Schatz im Silbersee – 1962; Der Frosch mit der Maske – 1959). Die Hauptrolle des blonden Recken, die die Verleiher unbedingt mit einem deutschen Schauspieler besetzt haben wollten, geben sie dem international erfolgreichen Hammerwerfer Uwe Beyer, der 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio die Bronzemedaille erkämpft hatte. Uwe Beyer ist kein sensibler Schauspieler, kein filigraner Handwerker vor der Kamera. Bei Großaufnahmen reißt er seine blauen Augen weit auf und strahlt ein geputztes-Zähne-Lächeln. Selten muss er mehr als zwei Sätze hintereinander in einer Kameraeinstellung sprechen und meistens läuft er mit nacktem Oberkörper. Es gibt zwar keinen Grund dafür, aber sieht halt imposant aus. Beyer gibt der Heldenfigur, was sie benötigt. Sein Siegfried hört von Brunhild, der Walküre, die hinter Mauern aus Feuer in ewigem Schlaf liegt, bis ein Kühner sie erwecke. Und also geht er nach Island, löscht die Feuer und erweckt die Brunhild. Aber er ist nicht gekommen um zu bleiben. Er muss gleich weiter in den Süden an Gunthers Hof, wo ihm von einer holden Kriemhild geheißen wurde. Daraufhin ist Brunhild sauer und später eifersüchtig, weil Siegfried anders als versprochen nicht nur nicht zurückgekehrt ist, sondern auch noch Kriemhild geehelicht hat.

Diese Neuverfilmung der Nibelungen – Mitte der 20er Jahre hatte Fritz Lang sich schon mal an eine knapp fünfstündige Stummfilmversion gewagt – feiert die Schaulust seiner Zeit und befriedigt die Sehnsucht der Zuschauer nach exotischen Schauplätzen und fernen Ländern. Reinl nimmt jede Gelegenheit wahr, die Helden ausführlich beim Ritt über weite Ebenen und durch malerische Schluchten zu zeigen, Motto: Wenn wir schon auf Island drehen, dann zeigen wir das auch. Es sind imposante Landschaften mit gigantischen Wasserfällen und malerischen Hochebenen. Auch in Jugoslawien, Drehort der Karl-May-Filme, wurde gedreht.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht das "Königreich der Burgunden", welches reich und mächtig von Worms aus herrscht, aber im Niedergang begriffen ist. Plakatmotiv: Die Nibelungen, Teil 1: Siegfried (1966) Mit dem vor seinen Toren auftauchenden und den Kampf suchenden Drachentöter Siegfried von Xanten schließt König Gunther lieber gleich Freundschaft. Hin und wieder fallen die Sachsen in sein Reich ein. Und die Frau, die er heiraten will, Brunhild von Isengard, Tochter des Wotan, ist stärker als er, aber Männer, die sie nicht bezwingen können, heiratet sie nicht. Karin Dor (Winnetou – 2. Teil – 1964; Der Schatz im Silbersee – 1962; Der grüne Bogenschütze – 1961), im selben Jahr als "Bond-Girl" in Man lebt nur zweimal aufgefallen, spielt sie mit der gebotenen kühlen Leidenschaft, die unter glänzender Robe bebt. Ihr entgegen steht die blonde, sanfte Kriemhild, die kaum tragend in Erscheinung tritt, dann aber ihren holden Siegfried bei erster Gelegenheit mit größter Naivität ans Messer liefert.

Die Schwierigkeit im Kinosessel besteht darin, dass hier, abgesehen von einem kurzen Besuch der Sachsen, kein äußerer Feind auftritt. Der Drache ist nach 20 Filmminuten Geschichte und hat als erster Höhepunkt jetzt nicht so ganz viel hergegeben. In der Burg zu Worms laufen intrigante und feige und impotente Männer sowie zwei eifersüchtige Frauen umeinander und machen Dummheiten. Der König hat seine Frau unter betrügerischen Vorzeichen erobert und beschwört damit großes Unheil herauf, Siegfried hilft ihm bei seinem schändlichen Tun und ist ansonsten verliebt und Hagen von Tronje knurrt, guckt finster aus dem einen Auge, das ein Kampf ihm noch gelassen hat und bringt schließlich Siegfried um – das darf man verraten, das ist deutsches Allgemeinwissen und Kulturgut. Für 90 Minuten Film ist das zu wenig und für ein Sozialdrama – Königreich im Niedergang – ist zu wenig Niedergang, stattdessen stapfen die Hausherren in immer neuen prachtvollen Gewändern durch ihre Burg. Da war Hollywood mit seinen Ritterfilmen in den frühen 50er Jahren schon aufregender. Produzent Artur Brauner hat ein großes Drama mit Schauspielern gesetzt, die Action und Abenteuer darstellen können, in dem sie laut herrische Sentenzen deklamieren. Das gibt der Stoff aber nicht her.

Das große Unheil mit Untergang, Mord und Totschlag kommt in der Nibelungensaga ja erst jetzt, wenn aus der holden Kriemhild der blonde Racheengel wird.

Wertung: 3 von 8 D-Mark
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