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Plakatmotiv: Morbius (2022)

Wieder beweist SONY: Es kann
mit MARVEL-Stoff nicht umgehen

Titel Morbius
(Morbius)
Drehbuch Matt Sazama & Burk Sharpless
nach den Comics von Stan Lee & Steve Ditko
Regie Daniel Espinosa, USA 2021
Darsteller

Jared Leto, Matt Smith, Adria Arjona, Jared Harris, Tyrese Gibson, Al Madrigal, Michael Keaton, Zaris-Angel Hator, Joe Ferrara, Charlie Shotwell, Joseph Esson, Jason Rennie, Aryan Moaven, Christopher Louridas, Oliver Bodur, Tom Forbes, Clara Rosager, Corey Johnson u.a.

Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 104 Minuten
Deutschlandstart
31. März 2022
Inhalt

Der junge Michael Morbius lebt in Griechenland unter der Obhut von Dr. Emil Nicholas, der seine seltene Blutkrankheit therapieren soll. Als auch der junge Milo in die Einrichtung kommt, freunden sich beide Jungen schnell miteinander an. Da Michael überdurchschnittlich intelligent ist, folgt er dem Rat von Nicholas und zieht nach New York City, wo er fortan eine spezielle Fördereinrichtung besuchen soll. Als sich beide Freunde voneinander verabschieden müssen, verspricht Michael Milo, eines Tages eine Heilung für die Blutkrankheit zu finden.

25 Jahre später ist Michael Morbius einer der renommiertesten Ärzte und Forscher auf dem Gebiet der Hämatologie geworden, hat künstliches Blut erfunden und dafür einen Nobelpreis erhalten. Trotzdem ist er körperlich stark von seiner Krankheit gezeichnet und geht jeder Möglichkeit einer Heilung nach. Als er mit Vampirfledermäusen aus Costa Rica experimentiert, gelingt es ihm, ein Serum zu extrahieren, das bei einer Labormaus Wirkung zeigt. Sich der Illegalität seiner Handlungen bewusst, bittet Michael seine Kollegin Martine Bancroft, ihm auf internationalen Gewässern die Substanz zu verabreichen. Doch das Experiment schlägt fehl: Michael gerät außer Kontrolle und tötet alle Passagiere des Schiffes. Einzig Martine wird verschont, und als Michael wieder bei Sinnen ist, setzt er einen Notruf ab und springt von Bord.

Getrieben von seinem Durst auf „rotes Blut“ – vornehmlich menschliches Blut – hat Michael Angst, er könne jemanden töten, ga jemanden, den er liebt. Seine Kollegin Martine zum Beispiel. Aber da wird schon eine Kollegin von ihm bestialisch ermordet und leer getrunken. Während Michael ob seiner mörderischen Brutalität zu verzweifeln droht, erkennt er, dass Milo das gefährliche Serum heimlich ebenfalls genommen hat. Und der fühlt sich sehr wohl damit, endlich stark, unbezwingbar und mächtig zu sein. Und Menschen umbringen ist für ihn auch kein Problem. „Der Schatten des Todes hat mir lange genug im Genick gesessen. Jetzt sollen ihn die anderen spüren!

Michael Morris miss Milo stoppen, gleichzeitig Martine schützen und seinen Ruf wieder herstellen …

Was zu sagen wäre

Das ist so ein Halbstarken-Film. Wobei die Halbstarken nicht auf der Leinwand agieren, sondern hinter der Kamera in den Büros der SONY-Studios. SONY, das aus alten Zeiten die Filmrechte an Spider-Man und einigen in dessen Welt vorkommenden Figuren hat, hat mit seinen fünf Spider-Man-Filmen (ab 2002 mit Tobey Maguire, 2012 und 2014 mit Andrew Garfield) legendär schlecht abgeschnitten – die Kassen mau, die Fans gelangweilt. Dabei gilt der Spinnenmensch als die beliebteste Figur im MARVEL-Kosmos. Zerknirscht lieh SONY seine Filmrechte vorübergehend zurück an MARVEL und prompt stellte sich in dessen Cinematic Universe großer Erfolg mit dieser Figur ein. Cover: Comic Die Spinne #102 Ein Monster namens … Morbius (1978) copy The Amazing Spider-Man, 1971Sowohl im Verbund mit den Avengers als auch in drei Einzelfilmen holten MARVEL-Produzent Kevin Feige und Spider-Man-Darsteller Tom Holland viele Fans zurück und ordentlich Geld in die Kasse.

Jetzt aber ist es mit der Herrlichkeit im Marvel Cinematic Universe vorbei, im jüngsten, No way Home (2021), zieht sich Spider-Man via Multiverse in die SONY-Welt zurück. Und deren Bosse hoffen offenbar, aus dem jetzt strahlenden Glanz der Figur noch viele weitere Dollars saugen zu können. Mittlerweile präsentieren sie munter Charaktere in Einzelfilmen, die ihre Karriere in den Spider-Man-Comics als "Superschurken" begannen. Venom, bei den Comicfans angeblich beliebt, hat im vergangenen Jahr für 110 Millionen Dollar seinen zweiten Film erhalten, der dann beeindruckende 502 Millionen Dollar einspielte. Anspruchsvolle Unterhaltung bietet der Film nicht – es sei denn, wir vergleichen ihn mit dem vorliegenden Film, "Morbius".

"Morbius" bietet nicht mal mehr Unterhaltung ohne Anspruch. Keine spannende Geschichte, keine witzigen Dialoge, keine interessanten Figuren. Im jetzt von SONY flugs so getauften SpiderVerse der Comics rangiert der Charakter des "Living Vampire" irgendwo bei der Bückware in den unteren Regalen. Zum ersten Mal trat er 1971 (in Amazing Spider-Man #101) als Gegner von Spider-Man auf und fungierte in seiner ganzen Schrecklichkeit als moralisches Trostpflaster für den wieder mal gebeutelten Peter Parker, der in seinem gefühlt 37. Anfall von Spider-Man-Unlust ein Serum entwickelt hatte, das ihm sechs Arme bescherte, anstatt ihm die verhasste Spinnenkraft zu nehmen. Peter zog sich in ein Strandhaus zurück und sah sich als „Monster“. Dann tauchte besagter Vampir auf, der gegen seinen Willen Menschen töten und leertrinken musste und konfrontierte Peter mit der Frage, wer wohl das größere Monster sei und wie er, Peter, sich verhielte, wäre er in Morbius' Position. Also entschloss Peter sich, dem armen Vampir zu helfen, der am Ende verschwand, um irgendwann in einem weiteren Heft moralischen Horror verbreiten zu können. Seine Herkunft beschränkte sich auf sechs von 50 Comicseiten; sie ist, bis auf die notwendigen Anpassungen an die heutige, 50 Jahre weit fortgeschrittene Zeit, im Film erhalten geblieben. Aus dem europäischen Nobelpreisträger Morbius wurde ein Amerikaner, der den Nobelpreis bei der Zeremonie zurückgewiesen hat; aus der andauernd um ihren Mann bangenden Ehefrau Martine wird hier Morbius' Assistentin, eine loyale Latina, und aus seinem eigentlichen Assistenten Niko, den der soeben gewordene Vampir im Comic als erstes tötet, wird hier Milo, sein schwerreicher Jugendfreund, der zu seinem zynischen Endgegner wird. Morbius ist dabei nur einer der vielen Mad Scientists in den Superhelden-Comics, die eine körperliche Einschränkung ausgleichen wollen und dabei zu einem gefährlichen, überaus mächtigen Schurken mutieren. Plakatmotiv: Morbius (2022)Curt Connors, der seinen zweiten Arm wiederhaben will und wegen entsprechender Experimente zur Lizard (Die Echse) mutiert, ist ein ähnlich gelagerter Fall – und spielt in dem Comic, in dem Spider-Man erstmals auf Morbius trifft, eine tragende Rolle. Es ist ein Stelldichein der tragischen Monster.

Im vorliegenden Film geht es um Morbius und um seinen besten Freund Milo. Es gibt zwei FBI-Männer, die im Vampirismus herumstochern, aber zum Film nichts beitragen außer Dialogszenen, den gütigen Mentor des Titelhelden, der kaum mehr als einen Zählkandidaten abgibt und eben die Assistentin Martine, die in engen Jeans herumläuft, mit großen Rehaugen in die Kulisse blickt und sowas wie ein Liebesanker für den 21 Jahre älteren Wissenschaftler Morbius wird. Eine Story, ein interessanter Konflikt über die bekannte Frankenstein-Dramaturgie hinaus, erwächst aus all dem nicht – und um die moralische Frage, ob man Menschen töten und aussaugen darf, wenn das zwingend für das eigene Überleben notwendig ist, drückt sich der Film. Matt Smith, der in den beiden ersten Staffeln der Netflix-Serie "The Crown" den ins royale Korsett geschnürten Prince Philip spielte, bekommt als Milo wenig zu tun; erst sitzt er körperlich schwer eingeschränkt in Sesseln, später fliegt er mit CGI generierter Fangzahn-Fratze herum, freut sich, dass er endlich stark und mächtig ist und bringt Leute um. Morbius versucht das zu verhindern. Da kann der brillante Poser, schauspielerisch aber limitierte Jared Leto auch nicht viel rausholen (House of Gucci – 2021; Zack Snyder: Justice League – 2021; Blade Runner 2049 – 2017; Suicide Squad – 2016; Dallas Buyers Club – 2013; "Alexander" – 2004; Panic Room – 2002; Requiem for a Dream – 2000; American Psycho – 2000; Durchgeknallt – 1999; Fight Club – 1999; Der schmale Grat – 1998; Düstere Legenden – 1998; Ein amerikanischer Quilt – 1995). Sein Mad Scientist Michael Morbius ist der Langeweiler geblieben, der er schon im Comic war, wo er ja lediglich den Part des moralischen Stichwortgebers für die eigentliche Hauptfigur innehatte. Hier ist er Hauptfigur und Titelheld.

Nach zehn – ja, doch: ganz interessanten – Minuten mit ihm auf der Leinwand ist die Luft aus der Figur raus. Das Drehbuch bietet keine Ideen, versprüht null Esprit, startet mit einem charismatischen Querkopf und weiß im Weiteren mit der Figur nichts anzufangen. Regisseur Daniel Espinosa ("Kind 44" – 2015; Safe House – 2012) kann auch nicht helfen.

Wenn die originellste Idee in einem Film über einen Vampir der Name des Schiffes ist ("Murnau", nach F.W. Murnau, dem Schöpfer des deutschen Vampirklassikers "Nosferatu" – 1922), auf dem der Blutkranke experimentiert, stimmt was mit dem ganzen Konstrukt nicht. Die Halbstarken haben sich wieder mal aufgeblasen und dann aber rasch verkrümelt.

Wertung: 1 von 8 €uro
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