Wyoming, 1901: Der Trapper Tom Horn ist ein Relikt vergangener Zeiten. Als Fährtensucher half er bei der Gefangennahme des indigenen Häuptlings Geronimo und ritt zusammen mit dem späteren US-Präsidenten Theodore Roosevelt im spanisch-amerikanischen Krieg.
Doch mit dem beginnenden 20. Jahrhundert werden seine Dienste überflüssig. Ziellos zieht Tom durch den Westen, bis ihm der Rancher John Coble ein Angebot macht: Für ihn und seine Kollegen soll Tom Viehdiebe jagen und zur Strecke bringen. Tom ist gut in seinem Job – zu gut. Mit seinen Schießkünsten erledigt er einen Dieb nach dem anderen, doch die Gewalt wendet sich letztlich gegen ihn. Denn aus Angst, dass Toms Ruf als brutaler Mörder auf die Rancher abfärben könnte, beschließt man, ihn zu beseitigen, bevor seine Verbindung mit ihnen bekannt wird.
Kurze Zeit später wird ein junger Schafhirte erschossen aufgefunden. Die Kugel stammt aus dem gleichen Gewehr, das auch Tom verwendet. Als er davon erfährt, ahnt er bereits, dass man ihm den Mord anhängen will. „Wenn ich den Jungen erschossen hätte, wäre das mein bester Schuss gewesen und die dreckigste Tat meines Lebens“, sagt er in angetrunkenem Zustand zu einem US-Marshall – damit ist sein Schicksal besiegelt …
„Ich weiß, der alte Westen ist tot“, sagt Tom Horn. „Ich habe immer unter dem Zwang gelebt zu töten, oder getötet zu werden. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ Dieser film ist mehr Ballade, mehr Moritat als Western.
Das erste Bild dieses Spätwesterns in Cinemascope ist ein Sonnenuntergang. als schwarzer Schatten ist ein Pferd im Vordergrund zu sehen. Darunter liegt Tom Horn, der sinnierend eine Vogelkralle in der Hand hält, Teil eines, wie sich später herausstellt, indianischen Glücksbringers. Dieser Mann ist ein Einzelgänger, hat mit der Welt um ihn herum, sofern sie Menschen beinhaltet, nichts zu tun. Die letzte halbe Stunde seines Films füllt William Wiard, ein Regisseur, der seine Meriten vor allem im Fernsehen verdient hat, mit Serien wie "Die Straßen von San Francisco" oder "Detektiv Rockford", mit Bildern eines einsamen Mannes, der sterben will, der sich von der Zukunft töten lassen will.
Anfang des 20. Jahrhunderts ist von dem alten Wilden Westen nicht mehr viel übrig. Recht und Gesetz haben sich landesweit durchgesetzt – jedenfalls solange es den Mächtigen dient. Und die Mächtigen sind auch in diesem Western die Rancher mit den meisten Rindern. Sie brauchen einen, der ihnen die Drecksarbeit erledigt, die Viehdiebe vertreibt. Es sind Männer (und deren Frauen), die keine Grillfeste mehr feiern. Sie lassen sich bei ihren Festen unter freiem Himmel Hummer reichen, „gefangen in Maine, bei lebendigem Leib gekocht und bis hierher gebracht“. Schon hier ist klar, dass diesen Leuten der Mann aus dem alten Westen mit de alten Regeln über den Kopf wachsen wird und sie werden sich seiner nach ihren Regeln annehmen – sie erschießen ihn nicht einfach, stattdessen erschießen sie ein Kind und schieben Tom Horn den Mord in die Schuhe. Man will mit den schmutzigen Methoden Horns nicht in Verbindung gebracht werden und erledigt hier zwei Probleme mit einem Schuss. Der ermordete Junge war der Sohn eines Schafzüchters. Die Viebarone beklagen sich seit langem, dass die Schafe ihren Rindern das Gras wegfressen.
Tatsächlich war dieser Tom Horn ein schießfreudiger Prügel. Der Film schneidet diese aus heutiger Sicht tatsächliche unangenehme Seite des Titelhelden nur an. Gespielt wird er von Leinwandheld Steve McQueen, den Hollywood nicht als Mörder zeigen will. McQueen interpretiert seinen Tom Horn als am Leben überdrüssig (Flammendes Inferno – 1974; Papillon – 1973; Junior Bonner – 1972; Le Mans – 1971; Bullitt – 1968; Thomas Crowne ist nicht zu fassen – 1968; Kanonenboot am Yangtse-Kiang – 1966; Nevada Smith – 1966; Cincinnati Kid – 1965; Gesprengte Ketten – 1963; Die glorreichen Sieben – 1960; Wenn das Blut kocht – 1959; Blob – Schrecken ohne Namen – 1958). Ihm an die Seite wird die Lehrerin Glendolene Kimmel gedichtet, um ihm eine warme Seite zu geben. Diese Lehrerin gilt als historisch im Tom-Horn-Feld gesichert, hatte aber keine Liaison mit dem Titelhelden. Im Film wird angedeutet, dass der Sheriff sich Hoffnungen bei ihr macht, was dem ganzen Drama einen Eifersuchts-Schlenker gibt. Auch mordet Horn nicht wahllos Männer. Er jagt Viehdiebe und schießt er als Zweiter. Nur als jemand sein geliebtes Pferd erschießt, jagt er dem schon toten Schützen noch vier Kugeln ins Gesicht. Das soll für den Zuschauer seinen Hang zur Brutalität ausreichend umschreiben.
Die Gerichtsverhandlung, in der Horn sich verteidigen soll, wirkt wie eine Farce, scheint aber leidlich historisch verbürgt sein. Kaum einer glaubt, dass Horn geschossen hat. Die Anklage stützt sich auf eine einzige zweifelhafte Aussage – und darauf, dass sich Horn eben nicht verteidigt. Später unternimmt er sogar noch einen Fluchtversuch, von dem er weiß, dass der wie ein Schuldeingeständnis wirken wird. All das bringt uns den Mann, der im Titel des Films steht, nicht näher.
Wir hören viel über seine "Verdienste" bei der Erschließung des Westens, Indianerkriege, spanisch-amerikanischer Krieg, aber als wir ihn kennenlernen, im oben erwähnten Sonnenuntergang, lebt er schon in einer Art Todessehnsucht, die man vielleicht mit Lebensüberdruss umschreiben muss: Das ist nicht mehr meine Welt. Der oben erwähnte Kurzmonolog reicht nicht aus, um ihn zu verstehen. Aber eine große, dramatische Rede unterm Galgen, die allen nochmal bewusst macht, was für armselige Wichte sie sind, weil sie die Ideale von Frieden und Freiheit mit Füßen und Jurustentricks treten, passt natürlich nicht. Schon gar nicht zu einer Figur, die steve McQueen verkörpert. Er selbst hat den Film produziert, hat sich der Jahre lang mit Leben und Schicksal Tom Horns beschäftigt.
Das Ergebnis ist ein melancholischer Spätwestern mit grandiosen, jeden Western adelnden Landschaftspanoramen, durch die sich ein depressiver Mann zum Galgen schleppt.