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Plakatmotiv: Einfach zu haben (2010)

Emma Stone ist hinreißend.
Der Film ist nur Durchschnitt.

Titel Einfach zu haben
(Easy A)
Drehbuch Bert V. Royal
Regie Will Gluck, USA 2010
Darsteller

Emma Stone, Amanda Bynes, Penn Badgley, Dan Byrd, Thomas Haden Church, Patricia Clarkson, Stanley Tucci, Cam Gigandet, Lisa Kudrow, Malcolm McDowell, Aly Michalka, Fred Armisen, Juliette Goglia, Jake Sandvig, Morgan Rusler, Nikki Tyler-Flynn, Braeden Lemasters, Mahaley Patel u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 92 Minuten
Deutschlandstart
11. November 2010
Inhalt

Weil sie keine Lust auf einen Ausflug mit der Familie ihrer besten Freundin Rhiannon hat, erfindet Olive kurzerhand ein Date mit dem imaginären College-Freund George. Damit bringt sie einen folgenschweren Stein ins Rollen: Denn als Rhiannon ihre Freundin später auf der Schultoilette nach expliziten Details ausquetscht, gibt Olive schließlich entnervt zu, dass sie bei dem angeblichen Date ihre Unschuld verloren habe.

Dummerweise hört ihre Mitschülerin Marianne mit …

Was zu sagen wäre

Wir leben in hedonistischen Zeiten. Alle treiben es mit Allen. Aber wir flüstern nur darüber. Dieses scheinheilig schambehaftete Verhalten ist in den Vereinigten Staaten stärker ausgeprägt, als in Europa und führt entsprechend bei US-Teenagern zu größeren Verklemmungen. Auf dem ewigen Geheimnis des ersten Sex und der dann womöglich erfolgenden Erfahrung mit diesem Ersten Mal sprießen regelmäßig immer neue High-School-Komödien. Hier ist eine, in der die versierte Nebendarstellerin Emma Stone die Hauptrolle spielt (Zombieland – 2009; "Superbad" – 2007) – "endlich", sei dazu gesagt.

Die Schulgesellschaft in Will Glucks Film ist eine verlogene Gesellschaft. Sie besteht aus verklemmten Jungs, die damit protzen, mit wem sie schon geschlafen haben, und Mädchen, die sich aufdonnern und dabei den Spitznamen „Ballon-Titte“ als Kompliment verstehen; ein paar von ihnen geben sich als fromme Hardcore-Christen – weil sie irgendwo dazugehören wollen. Dann ist da Olive.

Olive müssen wir uns als Menschen vorstellen, wie es sie wahrscheinlich tatsächlich tausendfach an echten US-High Schools gibt. Sie ist unsichtbar, freundlich und will einfach nicht untergehen. Teenager halt. Außerdem schätzt sie ihre beste Freundin Rhiannon sehr. Aber nicht so sehr deren Familie. Auf diesem Umstand gründet eine Lüge, die nur in der verklemmten High-School-Gesellschaft des US-Kinos solche Blüten treiben kann. Dass nun alle Jungs glauben, endlich eine gefunden zu haben, die sie sicher auch „mal ran lassen“, und dann völlig verwirrt sind, dass Olive sie nicht lässt, ist die weniger überraschende Entwicklung. Mehr überrascht, dass plötzlich all die anderen Unsichtbaren sich mithilfe von Olive eine Steigerung ihres Ansehens erhoffen.

Auf einer Party hatte Olive heißen Sex mit Brandon vorgetäuscht. Brandon ist homosexuell, will aber an seiner Schule endlich gemocht werden, also hatte er Olive zu der Nummer überredet. Die Folge: Brandon wird von den Jungs als ganzer – heterosexueller – Kerl gefeiert, Olives Ruf als „Schlampe“ wird gefestigt und fortan stehen die Blender bei ihr Schlange. Für einen Gutschein hier, hundert Dollar da dürfen Olives "Kunden" überall rum erzählen, sie hätten mit ihr geschlafen. Es ist eine bigotte Moral, der sich in diesem Film alle, Schüler wie Lehrer, unterwerfen: Erst, wenn Du Sex hattest, bist Du ein Gewinner. Sofern Du ein Junge bist. Bist du ein Mädchen, bist du eine Schlampe. Eine verheiratete Lehrerin steigt mit ihrem Schüler ins Bett, aber weil der „bald 21 wird“, ist das nichts Ungesetzliches. Ihr Ehemann bespricht derweil in Olives Englischklasse mit seinen Schülerinnen "Der scharlachrote Buchstabe", in dem die Ausgrenzung der Ehebrecherin Hester durch ihre puritanischen Mitbürger im 17. Jahrhundert thematisiert wird.

Bald fühlt sich Olive wie Hester in dem Buch, dabei war sie einfach nur freundlich – ein bisschen naiv wohl, aber sie wollte vor allem helfen. In großartigen Nebenrollen spielen Patricia Clarkson (Shutter Island – 2010; Whatever Works – Liebe sich wer kann – 2009; Vicky Cristina Barcelona – 2008; Lars und die Frauen – 2007; Das Spiel der Macht – 2006; Good Night, and Good Luck. – 2005; Das Versprechen – 2001; The Green Mile – 1999; Leben und lieben in L.A. – 1998; Jumanji – 1995; Das Todesspiel – 1988) Oliver ausgesprochen verständnisvolle, zugewandte Mutter und Stanley Tucci (Inside Hollywood – 2008; Der Teufel trägt Prada – 2006; Terminal – 2004; Road to Perdition – 2002; America's Sweethearts – 2001; Lebe lieber ungewöhnlich – 1997; Die Akte – 1993; Ein Hund namens Beethoven – 1992) Olives hinreißend coolen, schlagfertigen Vater, die beide ihrer Tochter eine echte Stütze sind – im Gegensatz zu anderen Eltern im Film, die im Rock des Predigers Moral von der Kanzel predigen und in der Sakristei dann Sexvideos schauen.

Der Film wäre ein echter Hingucker, wenn er nicht offene Türen einrennen würde. Das bigotte, amoralische Setting funktioniert nur als Begleitung einer Romanze, die nicht recht in die Pötte kommt. Olive erzählt ihr Schicksal in ihre Webcam. Was wir von ihr sehen, sind also Rückblenden, über die sie aus dem Off über ihr Leben philosophiert, bis sie endlich ihren Traumjungen, der bis dahin eine absolute Nebenrolle gespielt hat, in die Arme schließen und der Welt sagen kann, dass das, was wirklich geschehe, wenn sie mal mit einem Mann zusammen sei, ganz allein ihre Sache sein wird und sie dies sicherlich nicht mit anderen teilen wird. Das klingt am Ende eines Filmes, in dem sie unablässig nichts anderes getan hat, als Sexgeschichten mit aller Welt zu teilen, wie die aufgesetzte Moral von der Geschicht', wie der Zeigefinger für die Zielgruppe, die sich vor dem bösen Social Internet in acht nehmen soll.

Als Gewinn geht Emma Stone aus dem Film hervor, die zeigt, dass sie eine 8-Millionen-Dollar-Produktion auf ihren schmalen Schultern tragen kann. Ihr Porträt einer jungen Frau, die zwischen John-Hughes-Filmen, dem Internet und den Wirrnissen des richtigen Leben aufgewachsen ist, ist hinreißend. Ihr und ihrer ebenso hinreißenden Familie würde ich lieber noch ein wenig zugucken, als der verklemmten, notgeilen Schulgesellschaft, aus der sich weiter nichts mehr entwickelt.

Wertung: 4 von 7 €uro
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