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Plakatmotiv: Good Night, and Good Luck. (2005)

George Clooneys Aufruf für aufgeklärten
Journalismus gegen staatliche Willkür

Titel Good Night, and Good Luck.
(Good Night, and Good Luck.)
Drehbuch George Clooney & Grant Heslov
Regie George Clooney, USA, Fr., UK, Japan 2005
Darsteller

David Strathairn, Robert Downey Jr., Patricia Clarkson, Ray Wise, Frank Langella, Jeff Daniels, Matt Ross, George Clooney, Tate Donovan, Robert John Burke, Jeff Daniels, Alex Borstein, Rose Abdoo, Dianne Reeves, Peter Martin, Christoph Luty, Jeff Hamilton, Matt Catingub, Reed Diamond u.a.

Genre Biografie, Drama, Historie
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
6. April 2006
Inhalt

Der renommierte CBS-Nachrichtenmoderator Edward Murrow richtet seine lapidare Abschiedsformel „Good Night, and Good Luck.“ allwöchtentlich an eine amerikanische Öffentlichkeit, die in einem gesellschaftlichen Klima der Angst lebt. Der Kalte Krieg mit den Sowjets hat Anfang der fünfziger Jahre einen ersten athmosphärischen Höhepunkt erreicht. Die weitverbreitete Paranoia vor allem, was kommunistisch ist oder auch nur sein könnte, führt zur Denunziation und Verfolgung aller, die als verdächtig angesehen werden.

Die politische Meinungsfreiheit wird, auch in weiten Teilen der Presse, dem Diktat des konservativen Zeitgeistes unterworfen, zu dessen Richter sich der rigide "Kommunistenjäger" Senator McCarthy aufgeschwungen hat. Der ihm unterstellte Ausschuss, der alles, was als "unamerikanisch" postuliert wird, untersuchen und verfolgen soll, dient ihm als öffentliches Schreckenstribunal. Berufsverbote, gesellschaftliche Bloßstellungen, oftmals ohne jede Beweisführung, sind an der Tagesordnung.
Die kleine Redaktion des kritischen CBS-Nachrichtenmagazins um Fred Friendly, Joe Wershba und Moderator Murrow wagt den Aufstand und legt sich, gegen die Bedenken der Senderführung, in ihrer wöchentlichen Fernsehsendung mit McCarthy an und stellt dessen undemokratische Vorgehensweise öffentlich in Frage.

Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen, denn die Feinde sind mächtig …

Was zu sagen wäre

Der Moderator eines viel gesehenen Nachrichtenmagazins auf dem Sender CBS geht Anfang der 1950er Jahre gegen die harten Methoden des US-Senators Joseph McCarty in Stellung, der dem Senatsausschuss gegen unamerikanische Umtriebe vorsitzt und im Volksmund als Kommunistenjäger bekannt ist. Die Politik hatte die Furcht vor dem Kommunismus ausgenutzt, um demokratische Grundrechte auszuhöhlen und unliebsame Kritiker mundtot zu machen.

Über diese Ära hat die Hollywoodindustrie schon viele Filme produziert. Die von Angst geprägte Zeit eignet sich für allerlei Genres - Melodram, Thriller, Krimi, Politdrama. Und jetzt, unter der Regie von George Clooney (Ocean's Twelve – 2004; Ein (un)möglicher Härtefall – 2003; Geständnisse – Confessions of a Dangerous Mind – 2002; Solaris – 2002; Ocean's Eleven – 2001; Spy Kids – 2001; Der Sturm – 2000; O Brother, Where Art Thou? – 2000; Three Kings – 1999; Der schmale Grat – 1998; Out of Sight – 1998; Projekt: Peacemaker – 1997; Batman & Robin – 1997; Tage wie dieser … – 1996; From Dusk Till Dawn – 1996), für einen Medienfilm. Kommt ein bisschen spät, möchte man meinen. Kritische Auseinandersetzungen mit dem Medium Fernsehen hat es aus Hollywood auch schon viele gegeben, sogar solche, die sich nicht mit dem Fernsehen von annodazumal, sondern mit dem Medium unserer Zeit auseinandersetzen, in dem das Internet schon eine Rolle spielt. Dennoch passt der Zeitpunkt für den Film. Wir leben in der Post-NineEleven-Ära. Im Zuge der Terrorismusbekämpfung hat die US-Regierung den Patriot Act erlassen, ein Gesetzespaket, welches Bürgerrechte einschränkt. Der Außenminister der USA, Colin Powell, hat im Februar 2003 vor dem UNO-Sicherheitsrat gefälschte Beweise gegen Saddam Hussein vorgelegt, der angeblich über Massenvernichtungswaffen verfüge. Und die Medien haben es gesendet und erst viel später, als der US-geführte Feldzug gegen Saddam Hussein schon fortgeschritten war, Powell Angaben neu bewertet. Vor diesem Hintergrund liefert George Clooney einen hochaktuellen Film: Über das wahre Ausmaß der McCarthy'schen – heute als "Hexenjagd" bezeichneten – Kommunistenhatz wurde die Öffentlichkeit auch erst unterrichtet, als schon viele Karrieren zerstört waren.

Clooney nimmt keine Rücksicht auf die Herkunft seiner Zuschauer. Der Amerikaner Clooney erzählt eine amerikanische Geschichte aus der amerikanischen Historie. Er erwartet von seinen Zuschauern ein Mindestmaß an historischen Vorkenntnissen und wird schon bei den Testvorführungen im Vorfeld, bei denen der Verleih herausfinden will, wie der Film beim Publikum ankommen wird, um gegebenenfalls noch Änderungen am Film vornehmen zu können, erkannt haben, dass er wohl zuviel vorausgesetzt hat. Das Testpublikum fand den Schauspieler, der den McCarthy spielt, „zu theatralisch“, viel zu aufgesetzt und künstlich. Das Testpublikum hatte nicht erkannt, dass Clooney in seinen Schwarz-Weiß-Film Originalaufnahmen aus den echten Senatsanhörungen geschnitten hat und der dort zu sehende Joseph McCarthy der echte McCarthy ist. Für Zuschauer aus Europa, die vielleicht die Originalaufnahmen als solche erkennen und auch den republikanischen Senator aus Wisconsin, wird es noch schwerer. Clooney bettet sein Drama in die Rahmenhandlung einer Preisverleihung, in der 1958 der Journalist und Reporter Edward Murrow geehrt wird. Dann springt der film zurück ins Jahr 1953, mitten hinein in geschäftige Redaktionssitzungen der CBS-Sendung "See it Now", in der Edward Murrow und sein Producer Fred Friendly politische Themen behandeln.

Wer wer ist, wer was macht, wer für was zuständig ist, ob die Redakteure gerade über einen Kollegen oder einen Beamten oder Senator sprechen, erschließt sich lange nicht. Auch herausgehobene Charaktere wie ein offensichtliches Liebespaar oder ein ängstlicher, stets um seine Karriere fürchtender TV-Moderator werden nicht tiefer erörtert. Plakatmotiv (US): Good Night, and Good Luck. (2005) Clooney verlangt von uns, was er vom Journalisten erwartet: Wir sollen uns unser eigenes Bild machen. Das ist ehrbar für den Journalisten, der in der Realität unbekanntes Terrain betritt. Für den Zuschauer ist es schwierig, weil er einem dramaturgisch vorgezeichneten Weg folgen muss. Das ist in diesem aus vielen Talking Heads bestehenden Film schwer, dessen Drama sich erst nach und nach heraus schält. Viele Informationen aus den ersten 15 Minuten Film erweisen sich als für den Storyverlauf belanglos. Da hat der Zuschauer aber schon einen Teil seiner Konzentration geopfert.

Clooney entschädigt uns mit schönen, elegant ausgeleuchteten Schwarz-Weiß-Bildern. Sein Kameramann Robert Elswit (Das Urteil – 2003; Heist – Der letzte Coup – 2001; Magnolia – 1999; James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie – 1997; Boogie Nights – 1997) bleibt imm er eng an seinen Charakteren, bietet kaum mal eine Totale und zwingt uns so, uns direkt mit den Charakteren und deren Ängsten auseinanderzusetzen – es ist ja lange unklar, was mit den Redakteuren der neuerdings ungewohnt kritischen Sendung passiert. Schnell hagelt es Kommunismus-Verdächtigungenen gegen Einzelne. Der Senderboss weist auf Politiker hin, die seine Sendelizenz verlängern sollen, und sich möglicherweise im Kreuzfeuer einer hauseigenen Sendung sehen. Clooney zeigt das Einschüchterungspotenzial, das in den 50er Jahren groß war. Moderator Murrow, den David Strathairn als kompromisslosen, aufrechten, ehrlichen, engagierten Charakter spielt ("Missing in America" – 2005; L.A. Confidential – 1997; Familienfest und andere Schwierigkeiten – 1995; Am wilden Fluss – 1994; Die Firma – 1993; Sneakers - Die Lautlosen – 1992; Eine Klasse für sich – 1992), blickt bei seinen anklagenden Moderatoren direkt in die Kamera; TV-Moderatoren machen das so. Aber Clooney übernimmt diese Perspektive für die Kinoleinwand. So wird die anklage gegen die Einschüchterungsversuche der hohen Politik ein sehr persönliches Statement direkt an den Zuschauer. Deshalb verliert der elegant fotografierte, bisweilen hektisch geschnittene Film seinen Spielfilmcharakter und wird zu einem verfilmten Pamphlet der guten Sache: Engagierter Journalismus tut Not. Er schaut den Mächtigen auf die Finger.

Gleichzeitig will der Film noch eine Warnung abschicken: Die Unterhaltungssendungen auf CBS haben offenbar die besseren Quoten: „Allein die 64.000-Dollar-Frage bringt uns an Sponsorengeld so viel, wie Eure ganze Sendung!“, stöhnte CBS-Boss. Klar, alte Erkenntnis: Der Zuschauer lässt sich lieber unterhalten als belehren. Deshalb endet Clooney Film mit der Warnung, dass es die Aufgabe des Fernsehens sein müsse, die Zuschauer auch zu belehren und vielleicht sogar zu inspirieren. Dies sei auch von der Bereitschaft der Zuschauer abhängig, die Aufgabe des Fernsehens als solche anzunehmen. Andernfalls bliebe „das Fernsehen nicht mehr als nur ein Kasten mit Drähten und Leuchten“. So sollen auch wir Kinozuschauer und nach Clooney Willen bisweilen belehren und inspirieren lassen. Deshalb hat er diesen Film gedreht.

"See it now" wurde übrigens ohne den Support durch Sponsoren schließlich abgesetzt.

Wertung: 4 von 7 €uro
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