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Plakatmotiv: Erik der Wikinger (1989)

Eine überraschend
unlustige Komödie

Titel Erik der Wikinger
(Erik the Viking)
Drehbuch Terry Jones
Regie Terry Jones, UK, Schweden 1989
Darsteller

Tim Robbins, John Cleese, Mickey Rooney, Eartha Kitt, Terry Jones, Imogen Stubbs, Tsutomu Sekine, Antony Sher, Gary Cady, Charles McKeown, Tim McInnerny, John Gordon Sinclair, Richard Ridings, Freddie Jones, Samantha Bond, Danny Schiller, Jim Broadbent, Jim Carter u.a.

Genre Komödie, Abenteuer
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
9. November 1989
Inhalt

Erik der Wikinger lebt in dem norwegischen Dorf Ravensfjord und geht mit auf Raubzüge – weil Wikinger dies eben tun. Als er auf einem Raubzug der schönen Helga begegnet und sie aus Versehen tötet, bekommt er Zweifel an dem, was die Wikinger tun. Die alte Seherin Freyja bestätigt seine Befürchtungen: Es ist Ragnarök, der Fenriswolf hat die Sonne gefressen und die Welt in Dunkelheit gehüllt; die Menschen müssen sich bekämpfen, weil die Götter sich schlafen gelegt haben.

Nur das Wunderhorn von König Arnulf kann sie wecken. Aber dazu muss zuerst das Wunderhorn besorgt und dann eine Reise nach Walhalla, dem Sitz der Götter, angetreten werden. Erik und seine Mannen stellen sich der Aufgabe – doch Loki, der Gehilfe des Dorfschmieds Keitel, hat Bedenken: Wenn die Menschen nicht mehr Krieg führen, ist er arbeitslos.

Loki stachelt Keitel an, an Eriks Expedition teilzunehmen, und informiert heimlich den lokalen Fürsten Halbtyr den Schwarzen. Dieser beginnt darauf, Jagd auf Erik und die Wikinger zu machen …

Was zu sagen wäre

Wenn die Gegenwart auf die Vergangenheit trifft, kann im Kino allerlei passieren, Großartiges wie, nun ja, weniger großartiges. In "Erik der Wikinger" trifft die moderne, westliche Zivilisationsgesellschaft auf das harte Leben der Wikinger. Die bilden plötzlich Gewerkschaften, reden in ganzen Sätzen und hängen sogar noch einen Nebensatz an. Und das mit dem Morden und Brandschatzen finden einige plötzlich auch nicht mehr so cool. Da ist keine Zeitbombe in der Vergangenheit explodiert. Terry Jones, Ex-Monty Python fand nur einfach die Idee komisch, dem harten Image der Wikinger eine Art Sozialpädagogengesäusel überzustülpen. Und ein, zweimal im Film ist das sogar ganz lustig. Aber sonst nicht.

Aber so genau lässt sich das nicht wirklich sagen, denn weder ist Terry Jones mit seinem Film zufrieden und hat immer wieder dran herumgeschnitten, quasi bis zur Öffnung des Premierenvorhangs und dann in den USA und Europa doch noch unterschiedliche Versionen veröffentlicht. Auch ist der deutsche Verleih mit dem Film nicht glücklich und hat ihm also eine neue Tonspur verpasst; nicht einfach eine synchronisierte Fassung des britischen Originals, sondern gleich neue Witze. Das hat zur Folge, dass Wikinger aus dem hohen Norden, die zwischen 790 und 1070 n.Chr. tobten, gnadenlose Politkalauer aus dem 20. Jahrhundert reißen. Da raunt die alte Freyja, man befände sich im Zeitalter von Ragnarök, „in dem Rust vom Himmel fällt, und Reagan treibt die Blätter vom Bush und schwarzer Kohl macht sich breit in diesem unserem Lande“. Da werden in einer Weissagung Matthias Rost, Helmut Kohl sowie Ronald Reagan und sein Nachfolger im Präsidentenamt bearbeitet. Witzig ist das nicht, aber bemüht; man will gar nicht wissen, was im Original gesagt wurde. An einer anderen Stelle heißt es: „So, wie ihr ausseht, heißt ihr alle Björn, bis auf den da hinten, der heißt Engholm!“ Die deutsche Humorversion macht den Film nicht witziger, nicht spannender, nicht klarer. <Nachtrag2002>Verantwortlich für die Eindeutschung des Humors ist Peter Freund, der die Kino-Abteilung des Jugendfilm-Verleihs leitet. „Ich sah darin die einzige Chance, dem ziemlich misslungenen und überraschend witzlosen Film, der zudem in den meisten Ländern, u. a. auch in England und USA, gnadenlos durchgefallen war, doch noch zum Erfolg zu verhelfen“, erklärte er später.</Nachtrag2002>

Die Titelrolle spielt Tim Robbins (Howard – Ein tierischer Held – 1986; Top Gun – 1986; Der Volltreffer – 1985), der seine liebe Not hat, sich oder dem Drehbuch Leben einzuhauchen. Er läuft mit eigentlich nur einem, dazu etwas tumben Gesichtsausdruck durch den Film und taugt zum Anführer einer wilden Wikingerhorde überhaupt nicht, auch nicht in einer Komödie. Aber dann besteigen alle das Drachenboot und dann dauert es, bis alle den richtigen Sitzplatz gefunden haben; A will nicht neben B sitzen, es dürfen nicht alle Schwergewichte auf der einen Seite des Bootes sitzen. Hier hat der Film seinen – frühen – originellen Höhepunkt. Ab da erleben wir einen billig gedrehten Abenteuerfilm mit einer im Nebel kaum zu erkennenden Drachenpuppe und durchsichtigen Bluescreen-Kulissen. Seinem alten Python-Kumpel John Cleese, der hier den Schurken spielt (Ein Fisch namens Wanda – 1988; Clockwise – Recht so, Mr. Stimpson – 1986; Time Bandits – 1981; Das Leben des Brian – 1979; Die Ritter der Kokosnuss – 1975; "Magic Christian" – 1969), hat Terry Jones offenbar gebeten, seinem Zynismus und seiner Misanthropie mal ordentlich Zucker zu geben. Aber zu tun hat Cleese sonst nichts weiter.

Es läuft darauf hinaus, dass die Menschen weitläufig dem Untergang entgegensehen. Die nordischen Götter, Odin, Thor und die anderen, sind allesamt Kinder, die frank und frei erklären, sie könnten am Zustand der Menschheit nichts ändern, sie nicht dazu bringen, einander zu lieben oder zu hassen. Wenn schon die Götter ausfallen, wird es denn der gesunde Menschenverstand richten?

Auch nicht. Als Atlantis-West untergeht – im Original heißt die Insel Hy Brazil, aber das deutsche Synchronstudio fand Atlantis-West besser. Wegen Berlin-West und so – nehmen das die Bewohner der Insel einfach nicht zur Kenntnis – es gebe keine Anzeichen, sagt der König, die Märkte würden ihren Einfluss geltend machen, ein Untergang sei ausgeschlossen. Blubb. Selbst angesichts der Katastrophe – Erderwärmung im realen Leben draußen vor der Kinotür – bleibt der Mensch tatenlos sitzen, soll uns das sagen.

Aber da ist Erik, der Wikinger mit seiner neuen Freundin schon auf zu den nächsten Abenteuern, die uns aber nicht mehr interessieren.

Wertung: 2 von 10 D-Mark
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