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Plakatmotiv: Das Morgan Projekt (2016)

Ein Thriller, der zu spät
aus dem Startblock kommt

Titel Das Morgan Projekt
(Morgan)
Drehbuch Seth W. Owen
Regie Luke Scott, USA 2016
Darsteller

Kate Mara, Anya Taylor-Joy, Rose Leslie, Michael Yare, Toby Jones, Chris Sullivan, Boyd Holbrook, Vinette Robinson, Michelle Yeoh, Brian Cox, Jennifer Jason Leigh, Paul Giamatti, Crispian Belfrage, Amybeth McNulty, Jonathan Aris, Charlotte Asprey, Frank Cannon, Chrissie Harris u.a.

Genre Action, Horror
Filmlänge 92 Minuten
Deutschlandstart
1. Dezember 2016
Inhalt

Lee Weathers, eine Unternehmensberaterin in Sachen Risiko-Management, wird an einen entlegenen, streng geheimen Ort entsendet, wo sie einen schrecklichen Unfall untersuchen und dessen Folgen einschätzen soll. Als sie dort ankommt, stellt sich allerdings heraus, dass das Ereignis durch ein unscheinbares Mädchen namens Morgan verursacht worden ist.

Die äußerlich unschuldig wirkende Jugendliche ist jedoch in Wahrheit ein experimentelles Wesen, das von klein auf in einem verborgenen Labor erschaffen, aufgezogen und unter der Aufsicht eines leitenden Wissenschaftlers, eines Psychologen, eines Ernährungsexperten und weiterer Wissenschaftler genetisch verändert worden ist.

Je mehr die externe Risikomanagerin über Morgan erfährt, desto schwerer fällt es ihr, die Gefahr einzustufen, die das Mädchen darstellt. Dass die scheue und unberechenbare Morgan ihre eigenen Schöpfer in allen Belangen bereits überholt hat, macht sie gefährlich …

Was zu sagen wäre

Ein harmlos scheinendes Mädchen hinter einer Wand aus Panzerglas. Gleich in er ersten Einstellung erfahren wir, dass das Mädchen manchmal gar nicht harmlos ist; dann sticht es seiner Betreuerin ein Auge aus. Das Mädchen ist ein künstlich erzeugter Mensch und wir wissen ja, wie diese Filme dann weitergehen: Es wird im allgemeinen blutig.

Bei Luke Scott geht das anders weiter – blutig auch, aber erst einmal nicht so richtig vorwärts. Wir folgen der smarten Risiko-Managementanalytikerin Lee in ihrem eng geschnittenen Businessanzug in dieses alte Haus, hinter dessen Wänden sich ein dunkelblau blinkendes Labor versteckt mit vielen Apple-Computern, und lernen die Bewohner des Hauses kennen, die hier seit sieben Jahren zusammenleben, und wissen bald, dass das künstliche Wesen hinter Glas für alle mehr ist als ein künstliches Ding – Anya Taylor-Joy spielt sie, die in Fernsehserien auftrat und gerade für die Leinwand ("The Witch" – 2015) entdeckt wird. Die Wissenschaftler haben sie Morgan getauft und behandeln sie wahlweise als Tochter oder Schwester oder besten Kumpel. DVD-Cover (US): Morgan (2016) Es muss erst ein Psychologe auf den Plan treten, der das künstliche Wesen testen soll, damit das künstliche Wesen endgültig durchdreht und kurzen Prozess macht. Aber bis dahin lässt sich der Film rund eine Stunde Zeit, in der nichts von dem passiert, was das Plakat verheißt: „Lass es nicht raus.

Stattdessen folgen wir der Analytikerin von Gespräch zu Gespräch, alles in etwas feindseliger Atmosphäre, weil alle Angst haben, dass die Frau vom Risiko-Management dem Vorstand empfehlen wird, das Projekt wegen des „Vorfalls“ zu stoppen. Zwischendurch schauen wir durch Überwachungskameras und sehen Morgan beim Schlafen zu und, wie sie einem verwundeten Reh das Genick bricht.

Regisseur Lukas Scott hat die Arbeit am Filmset bei seinem Vater Ridley gelernt, war schon als Kind vor der Kamera bei Die Duellisten dabei (1977), später als Art Director bei 1492 – Die Eroberung des Paradieses (1992) und Second Unit Director bei Exodus: Götter und Könige (2914), Der Marsianer (2015) und Alien: Covenant (2017) am Set. Er hat das Handwerk also von einem der Besten seines Fachs gelernt und weil Ridley Scott als Produzent des Films fungiert, ist anzunehmen, dass er sich auch ein bisschen eingemischt hat. Visuell ist der Film schön: ruhige Kameraführung, kontrastreiche Bilder, Filmsets zwischen High Technik und wilder Natur im tiefen Wald. Manchmal verirrt sich die Kamera auch zu lange in den großen dunklen Augen Kate Maras (Der Marsianer: Rettet Mark Watney – 2015; Fantastic Four – 2015; Iron Man 2 – 2010; "Shooter" – 2007).

Aber ähnlich wie Sir Ridley in seinen frühen Filmen hält auch Luke Scott nichts von straffer Erzählweise. Nur sind, anders als bei Sir Ridley, seine Bilder so schön auch wieder nicht, dass ich mich darin verlieren wollte. Es ist eine überraschende Wendung, wenn sich die Wissenschaftler im entscheidenden Moment ihrem künstlichen Familienmitglied gegenüber nicht so verhalten, wie ihr Brötchengeber das gerne hätte und es ist dann die alte Erkenntnis, dass nicht jede Erfindung eine sein muss, die die Menschheit voranbringt. Aber bis dahin hatte der Zuschauer zu viel Zeit, sich ablenken zu lassen etwa von Kate Maras unterkühlter Spielweise, die einen Verdacht aufkommen lässt, der dann nicht mehr weg geht und vom eigentlichen Geschehen ablenkt.

Es ist nicht gut, wenn ein Film erst durch einen Twist kurz vor dem Abspann zu sich selbst findet, wenn davor Leerlauf mit Wissenschaftlern, die ethische Debatten führen, die Handlung bestimmte. Ridley Scott ist der Twist bei Blade Runner gelungen, weil der Film die ganze Laufzeit über faszinierend anzuschauen und spannend ist. M. Night Shyamalan ist das in seinen ersten Filmen gelungen, bis der Twist zu seiner Marotte wurde, die den jeweiligen Film überstrahlte. In "Morgan" deutet sich der Twist an und dann schaut man hin und erkennt nur noch einen schön fotografierten, prominent besetzten TV-Film, der im Rahmen eines Themenabends zu Künstlicher Intelligenz laufen könnte.

Wertung: 4 von 8 €uro
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