Reed Richards beschäftigte sich schon in seiner Kindheit mit der Teleportation. Deswegen holt ihn Professor Franklin Storm von der Schule weg in sein Team der Baxter Foundation in Manhattan. Dort lernt er dessen Adoptivtochter Susan kennen, eine hervorragende Analytikerin und Johnny, den etwas aus der Art geschlagenen Sohn des Professors, der lieber an Autos schraubt, als über Büchern zu hängen. Gemeinsam arbeiten sie am Quantum Gate, einem Teleporter in eine andere Dimension, der von einem ehemaligen Schützling von Franklin Storm namens Victor von Doom entwickelt wurde, der wenig später wieder zurückkehrt.
Als der Teleporter vollendet und die Verbindung in eine neue Welt geschaffen hat, will sich das Militär das Gerät unter den Nagel reißen. Bevor es soweit kommt, steigen Reed, Johnny und Victor zusammen mit Reeds Schulfreund Ben Grimm selbst in die Maschine und teleportieren.
Das Experiment gerät außer Kontrolle. Bis auf Victor, der in einen Abgrund stürzt, können zwar alle gerettet werden, doch das Experiment hat ihre Körper physisch verändert – auch den von Susan, die bei der Rückkehr der drei in die Strahlung der anderen Dimension geriet: Reed wird extrem dehnbar, Susan erlangt die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen und Kraftfelder zu erzeugen, Johnny kann Feuer kontrollieren, sich selbst entzünden und auf diese Weise auch fliegen und Ben wird zum steinernen Muskelprotz.
Während sie im folgenden Jahr lernen müssen, ihre neuen Fähigkeiten zu meistern, hat Dr. Allen die Maschine modifiziert, was dazu führt, dass ein tot Geglaubter heimkehrt – Victor von Doom, der mit seinem Anzug verschmolzen ist und ebenfalls außergewöhnliche Kräfte entwickelt hat.
Die Zeit in der anderen Dimension hat ihn zum Monster gemacht, zum Killer, der beschlossen hat, die Erde zu vernichten …
Ein neuer Versuch, MARVELs First Family auf der Leinwand zu vermarkten. Ein weiterer Hinweis, dass es offenbar den MARVEL-Verlag selbst braucht, um dessen Superhelden adäquat leinwandtauglich zu gestalten. Ein neuer Beweis, dass es nichts bringt, einen Film vor allem deshalb zu drehen, weil andernfalls die Fristen für den Lizenzbesitz ablaufen. Ein weiterer Tropfen Öl im Furor jener, die dem Hollywood-Kino generell die Existenzberechtigung entziehen möchten.
Lauter Klischees in einem schwerfälligen Film
Ein schwerfälliger Film. Langatmig erzählt er nichts Neues, nichts Überraschendes, reiht statt dessen ein Binse an die andere: Die kleine, schüchterne aber brillante Brillenschlange, die auch vom Lehrer gemobbt wird, aber mit genialen Erfindungen Stromausfälle im ganzen Stadtviertel erzeugt, was dem Footbal-guckenden (natürlich) Stiefvater (natürlich) lediglich ein „Reed, bist du wieder in der Garage!“ entstöhnt; dessen bester Freund von der Schrottplatzfamilie, der mit Schlägen erzogen wird; eine bahnbrechende Erfindung, die sich ein sardonisch grinsender, Kaugummi kauender wir-wollen-Ihnen-helfen-aber-vorher-müssen-Sie-was-für-uns-tun-Militär unter den Nagel schleimt, larmoyante Naturbewegte, die jugendliche Forscher finanzieren, damit die die Fehler der Alten „nicht wiederholen“ – damit sie es besser machen.
Ein Regisseur mit Message statt Story
Im vorliegenden Fall also das Tor in eine andere Dimension statt der kosmischen Strahlung. Doom bekommt sein Königreich, das in den Comicvorlagen ein in einem finsteren Europa liegender Staat Latveria mit geknechteter Landbevölkerung und verängstigten Kindern ist und hier eine karge, unwegsame Landschaft. Na gut. Aber muss das Werden deshalb so lange dauern?
Der Film heißt Fantastic Four, es ist Grundvoraussetzung, dass die Vier werden, was sie sind. Die Frage, ob diese Teleportationsexperimente also gelingen oder nicht, stellt sich nicht – gelängen sie nicht, wäre der Film drumrum obsolet. Aber Regisseur Josh Trank (Chronicle – Wozu bist du fähig? – 2012) macht daraus einen zerdehnten Wissenschaftler-gucken-auf-Monitore-und-sagen-Moralisches-und-Gadgets-blitzen-blau-Film und tut so, als wären diese Teleportations-Experimente von irgendeiner, die Handlung beeinflussenden Wichtigkeit. Statt vieler kleiner dramaturgischer Thrillbögen hin zu einem großen Superhelden-Abenteuer setzt er auf das Große Ganze, baut Platitüde – Genie gegen tumbe Umwelt – auf Platitüde – hehre Wissenschaft gegen geifernde Militärs; wiederholt dreimal spannungsgeweitete Augen vor dramatischem Soundtrack beim Versuch, Etwas in eine andere Dimension zu transportieren und das jedes Mal mit großem filmischem Aplomb – und ohne jeden Anflug von Humor. Trank ist seine Sache todernst. Er will(!) zeigen(!), dass Wissenschaft GUT und Miltär BÖSE ist. Also treten als handelnde Figuren ausschließlich Funktionsträger auf, Sprechpuppen, die Tiefe vorgaukeln sollen, wo das Script vor Leere gähnt.
Breit ausgerollte Dramaturgie einer TV-Serie
Da verschwindet Reed ein Jahr im brasilianischen Urwald, wird von den raffiniertesten Suchalgorithmen der CIA nicht gefunden, aber von Sue Storm, die „Muster erkennen kann“, unter einem New-Wave-Kopfhörer in einer viertel Stunde. Aber dieses eine Jahr im Urwald, in dem sich Reed Richards mit der speziellen neuen Physis seines Freundes Ben Grimm beschäftigt hat, spielt im weiteren Verlauf des Films keine Rolle mehr, trägt aber mit dazu bei, dass es 70 Minuten dieses 100-Minuten-Films namens „Fantastic Four“ dauert, bis die Fantastic Four dann auch mal in Aktion treten – dass das wohl anders geplant war, deuten einige Trailer an, in denen es Szenen gibt, die im Film fehlen, diesem aber einen anderen Schwung geben (würden).
Es hat in beunruhigendem Maße die Dramaturgie der im Moment so populären TV-Serien Einzug gehalten auf die Kinoleinwände. Die Filme reihen Wow an Wow und die Geschichte dazu erzählen sie dann später mal, in irgendeiner weiteren Folge der Staffel. An die spezielle Kunst des Kinos, die Kunst der Verknappung, traut sich kaum noch einer ran.
Dann treten die Vier also endlich gegen einen etwas glasig wirkenden Doom an, der aussieht, wie ein nicht zu Ende gerenderter Flutschfinger mit Jedi-Mantel. Zehn Minuten später haben sie ihn erwartungsgemäß in dessen Atome zerlegt. Tatsächlich: Für den Fan der Geschichten gibt es hier ein wenig Gänsehaut – zwei Minuten lang, zusammengerechnet. Die Fantastischen Vier auf der Leinwand zu sehen, hat was, hat schon den Vorgängerfilmen trashige Qualität geliehen.
Kate Mara erstickt am Pixel-Botox
Inszenatorisch fällt Josh Trank wenig ein. Ihm ist aber aufgefallen, dass Kate Mara, die die Susan Storm spielt („'Susan' bitte, nicht 'Sue'!“), schöne Augen hat; die setzt er häufig groß ins Bild. Leider sieht aber der Rest der attraktiven Schauspielerin aus wie digital glatt gezogen – man sieht keine Pore mehr im Gesicht; zudem trägt sie eine offensichtliche Perücke aus blondem Kunstrasen. Die Produzenten sollen über den fertigen Film so erschrocken gewesen sein, heißt es im Gossip einschlägiger Internet-Foren, dass der halbe Film neu gedreht werden musste. Das machte offenbar dieses Pixel-Botox bei Kate Mara notwendig. Gutes Beispiel, wie digitale Effekte eine schöne Frau auch zu Plastik erstarren lassen können.
Als der MARVEL-Verlag noch nicht so gut aufgestellt war, in den späten 1990er Jahren, konnte er die von ihm erträumten Verfilmungen nicht alleine stemmen (von späteren Kassenklinglern wie der Avengers-Filmfamilie war da noch keine Rede) – also verkaufte er die Lizenzen seiner Erfolgsfiguren Fantastic Four, Spider-Man und Uncanny X-Men an erfahrene Filmstudios. Während in der Folge der Netzschwinger und die Mutanten es mit halbwegs achtbaren Abenteuerfilmen in die Kinos schafften, ging der erste Versuch mit den Fantastic Four baden; das lag auch daran, dass die Constantin Film, die die Kinorechte an den Figuren besitzt, per Vertrag eine Frist einhalten musste, bis zu der ein FV-Movie auf der Leinwand ist. Die Folge war Superhelden-Pudding mit der – wenigstens – reizenden Jessica Alba als Susan Storm.
120 Millionen Dollar ausgeben, ohne eine Idee zu haben
Mit dem vorliegenden Film hat die Constantin das Spiel wiederholt: wieder drohte, die Lizenz zu verfallen, also wurde schnell gedreht. Es scheint zunächst unlogisch, 120 Millionen Dollar für etwas auszugeben, zu dem man gar keine Idee hat, von dem man aber unbedingt die Lizenz behalten möchte. Weltweit hat der Film dann in den ersten drei Wochen 133,9 Millionen Dollar eingespielt – jetzt folgen DVD- und TV-Rechte, das heißt: Unterm Strich rechnet sich der Aufwand, die Lizenz behalten zu können. Und vielleicht wollen die Münchner diese Lizenz ja möglichst lukrativ an den MARVEL-Verlag zurück veräußern – der leckt sich bei seinem derzeitigen Superheldenkino-Glück wahrscheinlich die Finger nach seiner First Family. SONY hat das mit Spider-Man gerade vorgemacht, der im kommenden Avengers-Film einen Auftritt haben wird.
Das Wissen darum macht den vorliegenden Film aber nicht besser. Höchstens akademisch interessant. Susan Storm, die Muster erkennen kann, hätte daran bestimmt ihre Freude.