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Plakatmotiv: Aladdin (2019)

Die Wunderlampe als
Bollywood-Märchen

Titel Aladdin
(Aladdin)
Drehbuch John August & Guy Ritchie
Regie Guy Ritchie, USA 2019
Stimmen

Will Smith, Mena Massoud, Naomi Scott, Marwan Kenzari, Navid Negahban, Nasim Pedrad, Billy Magnussen, Jordan A. Nash, Taliyah Blair, Aubrey Lin, Amir Boutrous, Numan Acar, Omari Bernard, Nathaniel Ellul, Sebastien Torkia u.a.

Genre Abenteuer
Filmlänge 128 Minuten
Deutschlandstart
23. Mai 2019
Inhalt

In der arabischen Stadt Agrabah kämpft sich Aladdin gemeinsam mit seinem Affen Abu durch das Leben und klaut sich die Dinge, die er braucht. Der junge Mann lernt auf seinen Streifzügen eine vermeintliche Dienerin der Prinzessin kennen. Als er sie abends im Palast besucht, erfährt er, dass sie die Prinzessin persönlich ist. Auf dem Heimweg wird Aladdin von Dschafar gefangen genommen. Für ihn soll er aus der Wunderhöhle in der Wüste eine Lampe holen.

Aladdin findet die Lampe, wird jedoch in der Höhle eingesperrt. Aus der Lampe befreit er ein Dschinni, dieser stellt sich als das mächtigste Wesen im Universum vor. Mit seiner Hilfe gelingt Aladdin, Abu und einem fliegenden Teppich die Flucht. Ausgestattet mit drei Wünschen wird Aladdin zum Prinzen verzaubert und möchte so Jasmin und ihren Vater beeindrucken. Im Verlaufe des Palastbesuchs kommen sich Aladdin und Jasmin näher, während Dschinni mit der Dienerin von Jasmin flirtet. Jedoch kommt Dschafar dem jungen Prinzen auf die Schliche. Nur mit Hilfe des Dschinnis und eines weiteren Wunsches konnte Aladdin sein Leben retten.

In einem darauffolgenden Kampf kann Dschafar an die Lampe kommen und lässt sich von Dschinni zunächst zum Sultan von Agrabah und später zum mächtigsten Zauberer der Welt wünschen. Aladdin macht ihn darauf aufmerksam, dass er selbst als großer Zauberer immer noch nur die Nummer zwei ist. Daher wünscht sich Dschafar mit seinem letzten Wunsch, das mächtigste Wesen im Universum zu sein …

Was zu sagen wäre

Disneys Recycle-Wahn eigener Zeichentrickwerke erreicht im laufenden Jahr seinen vorläufigen Höhepunkt. Erst kam "Dumbo", demnächst Der König der Löwen und jetzt Aladdin, der Straßenjungen mit der Wunderlampe, in der ein blauer Stand-Up-Comedien wohnt. Als Zeichentrickfilm war das 1992 ein Sprung heraus aus der betulichen Disney-Märchenwelt in die Gagfeuerwerkwelt der Late-Night-Shows – als Dschinni reihte Robin Williams damals einen One-Liner an den anderen.

Das ist heute nicht mehr so. Guy Ritchie (King Arthur: Legend of the Sword – 2017; Codename U.N.C.L.E. – 2015; Sherlock Holmes – 2009; Snatch – Schweine und Diamanten – 2000; Bube Dame König grAS – 1998), der zu Disneyfilmen passt wie Julia Roberts zum Splatterfilm (aber was soll er machen, Disney gehören ja bald alle Studios), sitzt auf seinem Regiestuhl, dirigiert seine Schauspieler durch Green-Screen-Studios, in denen sie sich nicht zurechtfinden, und lässt seine Pixler dann in der Postproduction einen Pralinenbunten Fantasy-Orient drumrum malen. Dass die Schauspieler singen müssen, ist schlimm. Dass sie die Ausstrahlung einer nackten Litfasssäule haben, ist schlimmer. Aber irgendwann kommt, wie man ja weiß, der Dschinni – und Will Smith scheint nach seiner jahrelangen Drehpause Spaß gehabt zu haben, sein Charme sprüht wie zu seinen Glanzzeiten (Verborgene Schönheit – 2016; Suicide Squad – 2016; Focus – 2015; After Earth – 2013; Men in Black 3 – 2012; Hancock – 2008; I Am Legend – 2007; "Das Streben nach Glück" – 2006; Hitch – Der Date Doktor; I, Robot – 2004; Bad Boys II – 2003; Men in Black 2 – 2002; "Ali" – 2001; Die Legende von Bagger Vance – 2000; Wild Wild West – 1999; Der Staatsfeind Nr. 1 – 1998; Men in Black – 1997; Independence Day – 1996; Bad Boys – Harte Jungs – 1995).

Nach zehn Filmminuten sind schon zwei Musicaleinlagen durch und es ist angesichts der bonbonbunten Welt da vorne klar, für wen das Studio seinen Aladdin reanimiert: Disney buhlt um das Bollywood-Publikum des gigantischen asiatischen Marktes. Wobei der Begriff reanimieren hier nicht ganz stimmt; der ganze Film ist ziemlich tot, Farbpracht und Musik lassen ihn nur lebendig erscheinen.

aladdin2019plakat02Rein (bild)technisch ist also alles okay. Die Disney-Pixelkünstler zeigen, was geht heutzutage. Aber das Resultat ist, dass in dieser "Real"-Verfilmung nun gar kein Bild mehr echt aussieht, alles künstlich. Immerhin ist die fesche Prinzessin angemessen emanzipiert und würde gerne Sultan werden anstelle des Sultan, wofür sie vorher Chancengleichheit für Frauen herstellen muss.

Nach 30 Minuten ist außer vier Songs noch nichts passiert, was wir nicht schon kennen, mutmaßen oder ohnehin erwarten – der Sultan ist strenger, Dschafar weniger gruselig als im Zeichentrick und Jasmin hat jetzt eine Zofe; schließlich muss der am Ende aus seiner Lampe befreite Dschinni ja auch ein Mädel kriegen. Nach 30 Minuten ist also der Punkt erreicht, dass wir darauf warten, dass Will Smith auftaucht und seinen Job hoffentlich ähnlich unterhaltsam macht wie damals Robin Williams … Hauptsache, es passiert endlich was. Der sammelt dann ein paar Amusementpunkte, aber der Film bleibt ein Bollywoodbuntes Nichts. Nichts ist inspirierend für den Kopf des Kinozuschauers „In 10.000 Jahren war mir noch nie etwas so peinlich!“, sagt Dschinni und in der Folge einen ganz unterhaltsamen muslimischen Dancebattle. Dafür sind die beiden Hauptfiguren Aladdin und Jasmin restlos eindimensional auf good-lookin' getrimmt. Da ist kein Charisma, keine gemeinsame Chemie; die beiden sind so artifiziell wie der Film als solches. Die Szene des nächtlichen Ritts auf dem Fliegenden Teppich ist professionell auf Flucht aus dem grauen Kinozuschauer-Alltag getrimmt – für zehn Minuten. Danach soll man bitte das nächste Kinoticket für den nächsten Film aus der Disney-Fabrik lösen, für irgendwas mit Superhelden oder so. Disney hat ja alles im Programm mittlerweile.

Und alles im Programm endet dann immer in dieser patentierten Disney-schau-auf-Dich-sei-Du-selbst-vertraue-Dir-Soße. Es ist schön, Will Smith zurück auf der Leinwand zu sehen. Sein Charme überdeckt manch Drehbuchchwäche … ach was: Smith schafft es, Szenen zu gestalten, vor denen die Autoren kapituliert haben. Im getanzten Titelabspann schimmert dann für drei Minuten auf, was dieses … ja, was? … Musical? … Operette? … auf der Leinwand hätte sein können.

Wertung: 2 von 8 €uro
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