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Plakatmotiv: I am Legend (2007)

Die Apokalypse in Cinemascope. Im
zweiten Anlauf ein spektakulärer Film.

Titel I am Legend
(I am Legend)
Drehbuch Mark Protosevich & Akiva Goldsman
nach dem gleichnamigen Roman von Richard Matheson
Regie Francis Lawrence, USA 2007
Darsteller

Will Smith, Alice Braga, Charlie Tahan, Salli Richardson-Whitfield, Willow Smith, Darrell Foster, April Grace, Dash Mihok, Joanna Numata, Abbey, Kona, Samuel Glen, James McCauley, Marin Ireland, Pedro Mojica, Anthony C. Mazza, Steve Cirbus, Calista Hill u.a.

Genre Drama, Science Fiction
Filmlänge 101 Minuten
Deutschlandstart
10. Januar 2008
Inhalt

Robert Neville war ein hervorragender Wissenschaftler, aber auch er konnte nicht verhindern, dass ein Virus vor drei Jahren die gesamte Menschheit befiel. 90 Prozent wurden in seelenlose Vampire verwandelt, die über die restlichen nicht infizierten Menschen herfielen und sie töteten. Neville war einer der wenigen, die aus unbekannten Gründen verschont blieben. Er hat es sich inzwischen in einer immer mehr verwahrlosenden Umgebung eingerichtet.

Mit seinem Schäferhund Sam streift er durch die Straßen New Yorks, sendet täglich einen Funkspruch in die Welt hinaus, um nach Überlebenden zu suchen. Tagsüber kann er sich verhältnismäßig frei bewegen, aber nachts lauern überall Gefahren durch infizierte Gestalten, die nur das Sonnenlicht fern halten kann. Die Bedrohung wächst ständig, während er versucht ein Gegenserum zu entwickeln …

Was zu sagen wäre

Wie die Welt aussehen könnte, wenn ein tödlicher Virus grassiert hat, haben schon manche Filme gezeigt. Schon zu Zeiten, als die Tricktechnik diesbezüglich noch auf gemalte Hintergründe setzte und dann meist Schlingpflanzen Häuser emporrankten. "I am Legend" macht einen gewaltigen Satz vorwärts. Die Produktion durfte in Manhattan ganze Straßenzüge absperren; und zwar nicht nur ein paar Stunden.

Die Fifth Avenue, die Brooklyn Bridge, der Washington Square Park sowie der Viadukt zwischen Grand Central Terminal und der Park Avenue wurden acht Monate lang (September 2006 bis April 2007) nachts und an Wochenenden gesperrt. Bei der Filmpremiere in New York fühlte sich Will Smith verpflichtet, sich bei den Einwohnern zu entschuldigen und zu bedanken. Plakatmotiv: I am Legend (2007) Die Einschränkungen für sie waren erheblich. Aber dabei sind Bilder entstanden, die einen realistischen Eindruck von Apokalypse vermitteln: Ein Mann streift einsam durch die leeren Straßen Manhattans auf der Jagd nach Hirschen. Und dann schlägt bedauerlicherweise das Hollywood-Virus zu, damit die Fans auch was erleben für ihr Geld.

"I am Legend" ist meines Wissens die dritte Verfilmung des gleichnamigen Romans von Richard Matheson. 1964 war Vincent Price "The Last Man on Earth", Charlton Heston 1971 Der Omega Mann. Beinahe hätte Ridley Scott 1997 eine weitere Version gedreht, Arnold Schwarzenegger war für die Hauptrolle vorgesehen, aber daraus wurde nichts: Die Story eignet sich nicht für einen Schwarzenegger-Action-Stoff (obwohl ich Scott und Schwarzenegger gerne mal gemeinsam erlebt hätte). Er eignet sich überhaupt nicht für Actionkamera, hektische Bildmontage und große Explosionen; aber sag' das im Jahr 2007, nachdem Zauberschüler, Sternenkrieger und Hobbits die größten Kassenerfolge gefeiert haben, mal einem Hollywoodproduzenten.

Wie schon 1971 wird auch heute der Wissenschaftler Robert Neville als neuer Erlöser inszeniert, der das Antiserum in sich trägt und mit seinem Blut – nehmt und trinket alle daraus – die Menschheit retten kann, sich aber dafür in einer großen Detonation opfern muss. Dabei hat der Film so grandios begonnen – und das nicht nur wegen der fantastischen Bilder aus Manhattan. Regisseur Francis Lawrence malt eine Studie über Einsamkeit, über Werte und über das Zusammenleben der Kreaturen. In einer Welt, die auf ihre Ursprünglichkeit – keine Gesetze, kein fließendes Wasser aus dem Hahn – zurückgestellt ist. Und er hat in Will Smith den bekannt physischen Darsteller, der seinen Heldenfiguren in diesem Film eine melancholische Tiefe beimischt ("Das Streben nach Glück" – 2006; Hitch – Der Date Doktor; I, Robot – 2004; Bad Boys II – 2003; Men in Black 2 – 2002; "Ali" – 2001; Die Legende von Bagger Vance – 2000; Wild Wild West – 1999; Der Staatsfeind Nr. 1 – 1998; Men in Black – 1997; Independence Day – 1996; Bad Boys – Harte Jungs – 1995). Sein bester Kumpel ist die Hündin Samantha, die er Sam nennt und die mit ihm sogar auf dem Laufband trainiert. Wenn er nach langer Jagd durch die Straßen der Stadt den Hirschen an eine Löwenfamilie verliert, erschießt er mit seinem Gewehr nicht etwa die Löwen, um an den Hirsch zu kommen, sondern isst an diesem Abend halt Soße ohne Fleisch – eine Löwenfamilie ist in seiner Welt eine gleichberechtigte Familie, die einfach schneller war. Seine eigene Familie starb bei dem Rettungseinsatz während der Evakuierung Manhattans, als das Virus ausbrach; das sehen wir in Rückblenden, die diese vieltausendfache Evakuierung mit großem Aufwand und Pomp in Szene setzen und die in irritierendem Gegensatz zu den stillen Bildern der menschenleeren Gegenwart stehen.

Seine Familie kann er nicht zurückholen. Aber alle andern, glaubt er, kann er retten und dafür geht er über Leichen und zerstört, wie sich zeigt, andere Familien. Die Infizierten, die im Tageslicht verbrennen, haben sich in Manhattan häuslich eingerichtet. Es ist eine Gesellschaft, der nichts mehr anhängt, was wir zivilisierte Menschheit nennen würden – aber wer sind Wir schon. Dennoch erweisen sich diese vorgeblich blutrünstigen Wilden als Gesellschaft, als eine sozial funktionierende Gemeinschaft, die auf die Ihren achtet. Sie entwickelt sich. Die vermeintlich Untoten lernen. Neville versteht das zu spät und so kann Hollywood noch einen Großangriff auf Nevilles imposante Festung in einem Plakatmotiv: I am Legend (2007) Townhouse am Washington Square mit abschließender Explosion auf die Leinwand donnern. Mit dem erwartbaren Ende.

Rund 150 Millionen Dollar hat der Film gekostet plus Marketingkosten in ähnlicher Höhe. Da muss es krachen. Die Alternative, den Film dann nicht zu drehen, ist für Filmproduzenten selten eine Alternative. Und für eine zweistündige Etüde in Moll (Ende der Menschheit, Einsam in der Großstadt) sind 150 Millionen natürlich zu viel. Gemessen am weltweiten Kassenergebnis – 585,4 Millionen US-Dollar – hat Francis Lawrence wirtschaftlich auch alles richtig gemacht. Das enttäuschend platte Ende, das keine Verfilmung der Romanvorlage mehr ist, macht den Film im Nachhinein insgesamt kaputt. Aber vor der Enttäuschung hat uns das Kino aus Hollywood in den beiden ersten Dritteln mit großartigen Bildern, einem fantastischen Will Smith und gänsehautiger Bedrohung überwältigt.

<Nachtrag2015>Mir ist eine Doppel-DVD des Films in die Finger gefallen, auf der ich eine zweite Fassung des Films finde. OV mit deutschen Untertiteln. Und einem anderen Ende. Plötzlich wird aus dem verkappten Jesus-lebt-Film, der im Kino lief, eine faszinierende Vision über das Leben an sich. „Das Leben findet einen Weg“, sagte der Chaosforscher in Jurassic Park. Das ist auch in der Neufassung dieses Films so, in dem Robert Neville die Infizierten nicht mit in den Tod reißt. Sie sind nicht unvollkommen, nicht versehrt oder verseucht. Sie verstehen sich als eine neue Rasse in neuer Gesellschaftsform, die gar nicht scharf ist, Menschen zu attackieren; nur hatte Neville über die Jahre so viele von ihnen für seine Experimente zur Rettung der Menschheit getötet, dass die Infizierten ihn unbedingt ausschalten wollten. In der Neufassung versteht der Wissenschaftler nach seinem eigenen Martyrium endlich. Er und seine neuen Gefährten Anna und Ethan ziehen sich zurück und die Infizierten lassen sie ziehen. Ob es da draußen noch Menschen gibt, lässt der Film jetzt elegant offen. Vielleicht hat die Menschheit ja in Manhattan auch nur eine neue Evolutionsstufe erreicht. Und vielleicht gründen Neville und Anna, die am Ende den Off-Kommentar von Neville übernimmt, irgendwo im Hinterland eine neue Menschheit. Ein großer Film (und jetzt 2 Euro mehr in der Wertung), den ich in dieser Version gerne nochmal auf ganz großer Leinwand sehen will.</Nachtrag2015>

Wertung: 4(6) von 7 €uro
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