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Plakatmotiv: Das Geheimnis des verborgenen Tempels (1985)

Sherlock Holmes und das
Tempelchen des Todes

Titel Das Geheimnis des verborgenen Tempels
(Young Sherlock Holmes)
Drehbuch Chris Columbus
mit Charakteren von Arthur Conan Doyle
Regie Barry Levinson, USA 1985
Darsteller

Nicholas Rowe, Alan Cox, Sophie Ward, Anthony Higgins, Susan Fleetwood, Freddie Jones, Nigel Stock, Roger Ashton-Griffiths, Earl Rhodes, Brian Oulton, Patrick Newell, Donald Eccles, Matthew Ryan, Matthew Blakstad, Jonathan Lacey u.a.

Genre Abenteuer, Fantasy
Filmlänge 109 Minuten
Deutschlandstart
15. Mai 1986
Inhalt

An der Brompton Academy machen die Teenager Sherlock Holmes und John Watson Bekanntschaft miteinander und werden schnell trotz ihrer offensichtlichen Unterschiede Freunde. Holmes gerät wegen seiner neunmalklugen Art gerne mit Autoritäten aneinander, Fürsprecher in der Erwachsenenwelt  hat er lediglich in dem pensionierten Schulleiter Rupert T. Waxflatter und seinem Fechtlehrer Professor Rathe.

Gemeinsam mit Waxflatters Nichte Elizabeth Hardy, in die Holmes heimlich verliebt ist, und Watson kommt Sherlock einer Reihe von tödlichen Vorkommnissen auf die Spur: Der Reihe nach werden mehrere ältere Herren Opfer eines Anschlages, bei dem sie mit einer Droge vergiftet werden, Halluzinationen erleiden und an den Folgen sterben. Plakatmotiv (US): Young Sherlock Holmes (1985) Nachdem so auch Waxflatter zu Tode kommt, stoßen der zwischenzeitlich von der Schule verwiesene Holmes und seine Freunde auf einen geheimen Orden namens Rame Tep, dessen Osiris-Anhänger eine unterirdische Pyramide bevölkern.

Vor Jahren hatte die britische Armee einen Aufstand des Kults blutig niedergeschlagen. Nun scheint es, dass die Vergangenheit an der Gegenwart Rache nehmen will. Und es ist an den jungen Spürnasen, dem ein Ende zu setzen

Was zu sagen wäre

Ein geheimnisvoller, ägyptischer Kult, eine unterirdische Pyramide mitten in London, mörderische Rituale, bei denen junge Mädchen "geopfert" werden. Das riecht nach einer Zweitverwertung, in der Produzent Steven Spielberg Ideen des Regisseurs Steven Spielberg ausleiht. Das Setting sowie manche Bildfolgen ähneln sehr Mustern aus Jäger des verlorenen Schatzes und vor allem Indiana Jones und der Tempel des Todes. Wobei es sich beim vorliegenden Film eher um ein Tempelchen des Todes handelt. "Das Geheimnis des verborgenen Tempels" interpretiert die orientalische Gefahrenlage luftiger als Spielbergs wegen seiner grausamen Szenen viel kritisiertes Archäologenabenteuer aus dem vergangenen Jahr.

Die Hauptfigur ist aber gar kein Archäologe, sondern der möglicherweise berühmteste Detektiv der Welt – hier freilich noch ein Student am College, der gerade einen gewissen John Watson kennengelernt hat und in die feinsinnige Elizabeth verliebt ist. Der Vorspann macht als erstes deutlich, dass es sich bei der folgenden Geschichte nicht um eine von Arthur Conan Doyle, dem Erfinder des Sherlock Holmes handelt, sondern um eine Fiktion mit der fiktiven Figur. Das gibt Autor Chris Columbus (Die Goonies – 1985; Gremlins – Kleine Monster – 1984) und Regisseur Barry Levinson (Der Unbeugsame – 1984; American Diner – 1982) die Möglichkeit, mit den Klischees dieser literaturhistorischen Figur zu spielen; geklärt wird, woher diese Kopfbedeckung und der spezielle Mantel Holmes stammen, wieso er diese spezielle Pfeife raucht und auch … warum der berühmte Detektiv stets unbeweibt blieb und sich von einer Haushälterin bewirtschaften lies.

Der Film ist eine schöne Spielerei. Und er bliebe eine nette Nachmittagsunterhaltung, wenn er eben nur das wäre. Auch an diesem Film ist neben Spielberg auch George Lucas beteiligt, der die Indiana-Jones-Filme produziert hat und der – natürlich – Erfinder der Star Wars-Filme ist. George Lucas' Trickschmiede Industrial Light & Magic ist für die visuellen Effekte verantwortlich. Beim Großteil handelt es sich um realitätsnahe Hintergründe des London im viktorianischen Zeitalter, um einstürzende Bauten, im brechenden Eis der Themse versinkende Menschen und solche Sachen. Eine Szene aber schreibt Filmgeschichte, und die findet schon im ersten Drittel des Films statt, wo man sich im Kinosessel dann fragt, in welche Zauberwelten dieser Film noch abtauchen wird, wenn jetzt schon so etwas gezeigt wird: Plakatmotiv (US): Young Sherlock Holmes (1985) Da springt ein gläserner Ritter, eben noch Motiv in einem bunten Kirchenfenster, aus eben diesem Fenster und bedroht einen Geistlichen mit seinem Schwert. Die Kamera fährt um den Ritter herum und zeigt uns im Kinosessel, dass da tatsächlich dünnes Kirchenfensterglas das blutige Schwert erhebt. Das technische Zauberkürzel dahinter heißt CGI (Computer Generated Image) und der Fensterglas-Ritter darf für sich in Anspruch nehmen, die erste menschenähnliche in einem Film gezeigte CGI-Kreatur zu sein. Die Arbeit an dieser im Film kaum zwei Minuten langen Szene nahm vier Monate in Anspruch und ist ein Magic Moment für die Ewigkeit.

Das alles findet statt in einem fantasievoll ausgestatteten Setting, die Brompton Academy wirkt akademisch verspielt, der Tempel düster exotisch, alles wird befeuert von einem Score, bei dem man sofort auf John Williams tippt, aber bei Bruce Broughton (Silverado – 1985) landet, der Ton für Ton bei Mister Williams' Kompositionen zu Star Wars und Indiana Jones abgeklimpert hat. Das passt aber, weil dieser Abenteuerfilm zwar von Barry Levinson inszeniert und von Chris Columbus geschrieben worden ist, aber eben doch im Geiste der beiden Masterminds Spielberg & Lucas. Einmal sausen Holmes und Watson mit einem fliegenden Fahrrad knapp an der Uhr von Big Ben vorbei – eine kleine Verbeugung vor einer klassischen Steven-Spielberg-Szene, in der einst Elliot mit E.T. im Korb seines BMX-Rades vor der leuchtenden Scheibe des Mondes vorbeifliegt.

Für sein Schauspiel geht der Film in keine Geschichte ein. Nicholas Rowe, Alan Cox und Sophie Ward, die die Hauptfiguren Holmes, Watson und Elizabeth verkörpern, verfügen über keinerlei Strahlkraft. Das liegt hauptsächlich an ihren auf Abenteuer und Action und nicht auf Charakter hin entworfenen Charakteren. Wenn der Sahnetörtchen liebende John Watson in Erinnerung bleibt für eine Szene, in der mörderische Sahnetörtchen in malträtieren, sagt das alles. Viel schlimmer aber: Von Nicholas Rowe als Sherlock Holmes bleibt in Erinnerung ein schnöseliger, blasser, langweiliger Typ, der verständlicherweise kaum Freunde hat. Aber dahinter steckt ja vielleicht schon wieder brillantes Schauspiel: Der literarisch historische Holmes ist ja ein begnadet schnöseliger Einzelgänger.

"Das Geheimnis des verborgenen Tempels" ist also ein Spiel der Masken und Täuscher. Und damit ein klassischer Sherlock Holmes.

Wertung: 6 von 9 D-Mark
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