Buchcover: Stephen King – Joyland (2013)

Das Leben ist mal ein Riesenrad, mal ein
Haunted House. Und bietet immer Gänsehaut.

Titel Joyland
(Joyland)
Autor Stephen King, USA 2013
aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel
Verlag Heyne
Ausgabe E-Book, 368 Seiten
Genre Drama
Website stephenking.com
Inhalt

Um sich sein Studium zu finanzieren, arbeitet Devin Jones während der Semesterferien im Vergnügungspark Joyland an der Küste von North Carolina.

Drei Dinge sind es, die ihn im Laufe des Sommers 1973 vor allem beschäftigen: Seine große Liebe Wendy gibt ihm per Brief den Laufpass. In der Geisterbahn Horror House soll es spuken, nachdem dort ein Mädchen ermordet wurde. Und er fragt sich, welches Geheimnis sich wohl hinter der schönen jungen Frau mit ihrem behinderten Sohn verbirgt, an deren Strandvilla er jeden Tag vorbeikommt.

Vom unbekümmerten Schaustellerleben in Joyland fasziniert, verlängert Devin seinen Aufenthalt. Mit seinen neugierigen Nachforschungen tritt er jedoch eine Lawine von Ereignissen los, bei denen es schließlich um Tod oder Leben geht …

aus dem Klappentext

Was zu sagen wäre
Joyland

Das ist mein erster Stephen-King-Roman seit neun Jahren; 2016 habe ich Mr. Mercedes gelesen und war überrascht über seinen anderen Stil gegenüber den Romanen, die er veröffentlichte, als ich noch alles verschlang, was er schrieb. Das war in den 80er Jahren mit den ganzen Klassikern Carrie, "Cujo", "Christine", später Es. Der vorliegende Roman stammt aus dem Jahr 2013, steht also in Kings Chronologie Bibliografie ein jagt vor "Mr. Mercedes".

Auch "Joyland" hat schon die alte, fingernägelbeißende Epoche der erwähnten Horror-Epen verlassen, hat auch die Zeit der der großen Frauen-Romane hinter sich. "Joyland" ist sowas wie ein Coming of Age über einen Nachzügler. Devin, die Hauptfigur, kommt (natürlich) aus Maine, ist 21, ist gerade von seiner Freundin verlassen worden, die jetzt mit einem Lacrosse-Spieler geht, und ist noch Jungfrau. Er weiß nicht, wohin mit seinem Leben also heuert er über den Sommer als eine Art studentische Hilfskraft in einem Vergnügungspark in North Carolina – südlich von Washington D.C. – an.

Er findet unter den anderen studentischen Hilfskräften rasch Freunde, bewährt sich auch mit härtesten Arbeiten im Park und ist bald aller Favorite Sunnyboy. Selbst der alte Besitzer und Chef des Parks kennt ihn mit Vornamen und fördert ihn.

Der Park hat ein dunkles Geheimnis, das bei Stephen King natürlich in der Geisterbahn seinen Ursprung hat; dort soll es spuken. Tatsächlich wurde dort ein junges Mädchen ermordet und im weiteren Verlauf entwickelt sich eher diese Kriminalgeschichte weiter, während die Geister eher eine freundliche Geste des Autors an seine Hardcore-Fans ist, damit die ihn noch wieder erkennen. Es treten auch Menschen mit dem Zweiten Gesicht auf und Stephen Kings tief würzende Zweifel an Religion finden auch in "Joyland" ihren Ausdruck. Und es wäre gelogen, wenn ich behauptete, dass sich die Geschichte ohne die Geister, die übersinnlichen Menschen und die religiöse Skepsis überhaupt erzählen ließe.

Aber sie sind eigentlich nicht so wichtig. Nicht in diesem Buch.

Hinreißend versetzt sich King in die Nöte eines jungen Studenten in Existenzkrise. Devin erzählt die Geschichte in der Ich-Form und in so einem lockeren Duktus, als würden wir alle zusammen am abendlichen Strand irgendwo in North Carolina sitzen – der Grill brutzelt, das Lagerfeuer knistert, das Meer rauscht, die Sterne funkeln – und Devins dramaturgisch geschickt gebauter Gruselgeschichte lauschen. Alles in allem erzählt er chronologisch, aber hin und wieder springt er auch mal kurz ein paar Jahrzehnte in die Zukunft – Devin ist, als er uns die Geschichte erzählt, jenseits der 60 – um zu erzählen, was aus seinen besten Freunden jenes Sommers geworden ist, dem fröhlich feixenden Tom und der bezaubernden, rothaarigen Erin, und das kann King alles vorwegnehmen, weil er von seiner kleinen, freundlichen Sommergeschichte im Zentrum mit einem verirrten Mädchengeist, einem übersinnlichen Jungen und einem Serienmörder nicht durch vermutete Eifersuchts- und Dreiecksgeschichten ablenken möchte.

Mit leichter Hand erzählt, lebendig, abwechslungsreich und in ganz ungekünstelter Sprache führt King uns durch das Seelenleben des jungen Mannes, das uns manchmal daher kommt, wie ein handfester Groschenroman, der die feuchten Träume eines alt gewordenen Pennälers formuliert, in denen die positiven Vibes immer so passgenau ins Schicksal greifen, dass man hofft, die Party würde nie zu Ende gehen. Aber natürlich geht sie doch zu Ende. Sie geht immer zu Ende. Dafür sorgen aber nicht mehr Geister und Geisteskräfte. Sondern das ganz normale Leben mit seinen Höhen und Tiefen wie in einem Riesenrad. Diese lässt der knapp 70-jährige King nie aus den Augen, sodass sich der Romantitel "Joyland" nicht nur auf den gleichnamigen Vergnügungspark, „Wir verkaufen hier Spaß!“, limitiert. "Joyland" ist eine Metapher auf das Leben als solches mit seinen Schleudertraumata – wie in der Wilden Maus (hier Whirly Cups) –, seinen Schrecknissen – das Haunted House –, und seinen kindlichen Freuden zwischen Zuckerwatte und Limo.

Ein wunderbares Buch, das man mit seiner gut gelaunten Grundhaltung nicht aus der Hand legen mag, und wenn, dann freut man sich, wenn man endlich weiter schmökern kann.

Ich habe "Joyland" vom 12. bis 15. August 2025 gelesen.