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Plakatmotiv: Judy (2019)

Ende eines verlogenen Lebens.
Zähe Biografie, gut gespielt

Titel Judy
(Judy)
Drehbuch Tom Edge
nach dem Bühnenstück "End of the Rainbow" von Peter Quilter
Regie Rupert Goold, UK, USA 2019
Darsteller
Renée Zellweger, Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Richard Cordery, Royce Pierreson, Darci Shaw, Andy Nyman, Daniel Cerqueira, Bella Ramsey, Lewin Lloyd, Tom Durant Pritchard, John Dagleish, Adrian Lukis u.a.
Genre Biografie, Drama
Filmlänge 118 Minuten
Deutschlandstart
02. Januar 2020
Website judythefilm.com
Inhalt

Die einst gefeierte Filmschauspielerin und Sängerin Judy Garland, die als 16-Jährige für den Film "Der Zauberer von Oz" vor der Kamera stand, ist mittlerweile 46 Jahre alt, pleite und praktisch arbeitslos. Hotels in Los Angeles dienen ihr Ende der 1960er Jahre als Zuhause. Sie ist abhängig von Alkohol und Tabletten.

Als der Theater-Impresario Bernard Delfont sie zu einem fünfwöchigen Engagement nach London einlädt, wo sie in dem schillernden Nachtclub Talk of the Town auftreten soll, bleibt ihr nichts anderes übrig, als die Einladung anzunehmen und ihre beiden jüngeren Kinder Lorna und Joey bei ihrem Ex-Ehemann Sid Luft zurückzulassen.

Dies ist zwar kein Vergleich mit dem, was sie aus früheren Zeiten gewöhnt ist, aber immerhin eine Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen. Allerdings machen ihr zunehmend gesundheitliche Probleme zu schaffen, vor allem ihre Schlaflosigkeit. Obwohl ihre Assistentin Rosalyn den Auftrag hat, dafür zu sorgen, dass Judy pünktlich und halbwegs nüchtern im Theater erscheint, kommt sie zu den meisten Auftritten viel zu spät. Trotzdem absolviert sie das Engagement …

Was zu sagen wäre

Musikerbiografien sind im Kino der vergangenen Jahre gerade hip: Wir erlebten die die großen Auftritte von Queen, die fröhlich alkoholisierte Karriere Elton Johns, erfuhren, wie Udo Lindenberg zu Udo wurde. Und jetzt als "Judy", ein Film über eine der bedeutendsten Sängerinnen des 20. Jahrhunderts, viele Jahre die bestbezahlte Bühnenkünstlerin der Welt, deren Auftritt als junges Mädchen in "Der Zauberer von Oz" in den kulturellen Kanon der USA eingeflossen ist. Davon zeigt der Film aber nichts – oder: fast nichts. Statt dessen werden wir Zeuge von Alkoholexzessen, Bühnenabstürzen, Drama und Aus.

Womöglich sind Künstlerinnen, die scheitern, spannender, als erfolgreiche Künstlerinnen. So wie erfolgreiche Künstler offenbar spannender sind als abstürzende Künstler. Der Film ist keine Biografie, mehr eine Geschichte darüber, was mit Menschen passiert, die von frühester Kindheit an in der künstlichen Welt eines Filmstudios leben und arbeiten. Menschliche Wracks werden aus ihnen, unfähig, sich in der realen Welt zurecht zu finden, süchtig nach dem Applaus im Rampenlicht, ein veritabler Zirkusgaul. Der Film zeigt die menschlichen Überreste der Judy Garland, nachdem Studioboss Louis B. Mayer sein Erfolgsmädchen ausgequetscht, ihre Mutter sie rücksichtslos ausgebeutet und mit Tabletten ruhig gestellt oder aufgeputscht hat, sie von vier Männern geschieden war.

Plakatmotiv: Judy (2019)Das dramatische Produkt dieser Lehrjahre macht die Titelrolle zu Oscarmaterial und Renée Zellweger hat den Oscar dann für ihre Judy-Interpretation auch prompt gewonnen. Zwei Stunden Drama-Queen, Diva, Lampenfieber, Alkohol, kein Geld, Zusammenbrüche, Verlust. Zellweger zeigt eine dürre Diva, die ihre Ängste hinter dunklem Kajal ums Auge und großen Sprüchen auf der Bühne versteckt – Mutter, Studioboss und die Erwartungen der anderen haben ihr eingebläut, dass sie nur gilt, wenn sie funktioniert – und den Oscar hat sie bekommen, weil sie diese Legende spielt, dafür gehungert hat (Strapazen in der Vorbereitung auf eine Rolle liebt die Oscar-Academy) und auch, ja, weil sie die Rolle gut spielt. Das aber gilt auch für Scarlett Johansson und Saoirse Ronan, die ebenfalls nominiert waren, allerdings ohne gehungert zu haben.

Mehr als Zellweger hat der Film nicht zu bieten ("Unterwegs nach Cold Mountain" – 2003; Chicago – 2002; Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück – 2001; "Ich, beide & sie" – 2000; Nurse Betty – 2000; Jerry Maguire: Spiel des Lebens – 1996). Der dauernde Wechsel zwischen Hotelzimmer, Garderobe und Bühne mit der manieriert depressiven Diva ermüdend. Gegengeschnitten sind immer wieder Rückblenden in die Kindheit, in der sie von einem unheimlichen Louis B. Mayer abgerichtet wird, ob sie Diätpillen schlucken muss oder er ihr ihre Romanzen diktiert. Diese Rückblenden erklären Realitätsunfähigkeit und Absturz Garlands, die Zellweger dann nur noch darstellen kann, ohne da noch was weiter entwickeln zu können.

Im Kinosessel sehen wir einer Figur zwei Stunden beim Sterben zu und dann, in der letzten Szene, bekommen wir einen Eindruck davon, was da zwischen Kindheit und Absturz noch gewesen sein mag: Da zeigt der Film die Wechselwirkung von Star auf Publikum und Publikum auf Star. Als sie auf der Bühne nicht mehr kann, hebt das Publikum sie "Somewhere over a Rainbow" singend wieder auf.Da schimmern die erfolgreichen Jahre der Sängerin kurz durch.

Wertung: 3 von 8 €uro
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