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Plakatmotiv: Der letzte König von Schottland – In den Fängen der Macht (2006)

Ein hartes Lehrstück über die
Verführbarkeit des Menschen

Titel Der letzte König von Schottland – In den Fängen der Macht
(The Last King of Scotland)
Drehbuch Peter Morgan & Jeremy Brock
auf Grundlage des gleichnamigen Romans von Giles Foden
Regie Kevin Macdonald, UK, Deutschland 2006
Darsteller

Forest Whitaker, James McAvoy, Kerry Washington, Gillian Anderson, Simon McBurney, David Oyelowo, Stephen Rwangyezi, Abby Mukiibi Nkaaga, Adam Kotz, Sam Okelo, Sarah Nagayi, Chris Wilson, Dick Stockley, Barbara Rafferty, David Ashton, Daniel Ssettaba, Apollo Okwenje Omamo, Louis Asea u.a.

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 123 Minuten
Deutschlandstart
15. März 2007
Inhalt

Angetrieben von Abenteuerlust verschlägt es den jungen schottischen Arzt Nicholas Garrigan in die ugandische Hauptstadt Kampala. Dort wird er Zeuge des Aufstiegs eines charismatischen Militärs namens Idi Amin. Schnell hat der es zu großer Beliebtheit gebracht, denn das ugandische Volk leidet unter der korrupten Herrschaft des selbst ernannten Präsidenten auf Lebenszeit Milton Obote. Die Wirtschaft liegt am Boden. Am 25. Januar 1971 putscht Idi Amin gegen Obote und wird der neue Hoffnungsträger seines Landes.

Über die politischen und sozialen Verhältnisse in Uganda macht sich der junge, naive Abenteurer aus Schottland zunächst keine Gedanken. Das ändert sich, als er eines Tages zu einem Autounfall gerufen wird, bei dem er erstmals auf Idi Amin trifft, dessen verletzte Hand er behandeln soll. Am Ort des Unfalls angekommen, greift Garrigan eine Pistole und erschießt eine Kuh, die bei dem Unfall schwer verletzt wurde, um sie aus ihrem Elend zu befreien. Amin ist beeindruckt von Garrigans Geistesgegenwart und Initiative. Wenig später lädt er Garrigan ein, sein Leibarzt zu werden und sich um die Modernisierung des Gesundheitssystems zu kümmern.

Schon bald wird der junge Schotte Amins enger Vertrauter nicht nur in Gesundheitsfragen. Obwohl Garrigan von der Gewalt in der Umgebung der Hauptstadt weiß, akzeptiert er Amins Erklärung, dass ein hartes Durchgreifen gegen die Opposition dem Land langfristig Frieden bringen werde.

Es wird sehr lange dauern, bis er schließlich die Unmenschlichkeit von Amins Regime erkennt. Er beschließt, den Tyrannen zu töten, um dem Grauen ein Ende zu setzen …

Was zu sagen wäre

Der Rausch der Verführung und die süße Droge der Macht. Kevin Macdonald entlässt uns mit einem Riesenkater aus dem Kino. Er liefert einen Politthriller, dessen Handlung frei erfunden, aber verknüpft ist mit tatsächliche Ereignissen aus der Regierungszeit des ugandischen Diktators Idi Amin.

Macdonald schickt uns mit einem jungen, schottischen Arzt in das fremde Land Uganda in Afrika, die sich in unseren weißen Köpfen kaum unterscheidet von anderen afrikanischen Ländern. Wir wissen nichts, ahnen wenig und wollen nur helfen. So denkt der junge Arzt Nicholas, den James McAvoy uns als abenteuerlustigen Jungmediziner zeigt, der sich, ohne dass er das je laut aussprechen würde, für den Größten hält. Er will aus seinem stickigen Elternhaus raus und bricht mit viel Naivität in die große weite Welt auf. Im Kinosessel bleiben wir dem Arzt immer nah auf der Pelle. Plakatmotiv (UK): The last King of Scotland (2006) Was zur Folge hat, dass zwangsläufig auch wir verführt werden von dem Präsidenten Idi Amin, der uns mit Bewunderung schmeichelt – obwohl wir mehr über diesen Diktator wissen, als Nicholas, der Arzt, der die Gräuel, die für uns Teil der Weltgeschichte sind, erst noch erleben wird.

Im Abspann ist der echte Idi Amin zu sehen. Den im Film spielt Forest Whitaker (Nicht auflegen! – 2002; Panic Room – 2002; Ghost Dog – Der Weg des Samurai – 1999; Phenomenon – 1996; Mr. Holland's Opus – 1995; Species – 1995; Good Morning, Vietnam – 1987; Die Nacht hat viele Augen – 1987; Platoon – 1986; Die Farbe des Geldes – 1986; Ich glaub' ich steh' im Wald – 1982). An dieser Stelle wird deutlich, wie sehr Whitaker, der wenig Ähnlichkeit mit Idi Amin hat, sich an diese Figur herangearbeitet hat und für einen Moment im abspann mit dem realen Amin zu verschwimmen scheint. Mühelos wechselt Whitaker vom fröhlich lachenden Riesenbaby zum sadistischen Monster zurück zum Champagner trinkenden Riesen in Fantasieuniform. Forest Whitakers Auftritt ist klasse.

Die Morde, das Grauen – im Abspann heißt es, Idi Amin habe mehr als 300.000 Ugander töten lassen – erleben wir im Kinosessel nur am Rande. Mit der steten Nähe der Kamera bei Nicholas führt uns der Film haarscharf an den Gräueln vorbei; wir sehen, was uns der Diktator sehen lässt. Im Rausch des Klimaanlagen-gekühlten Präsidentenpalastes, wo Nicholas zum engsten Berater des Präsidenten aufsteigt, erleben wir höchstens kleinere Momente des Zweifels, wenn Amin mal wieder eine andere Meinung nicht gefällt und rumbrüllt, oder er sich bisweilen aufführt, wie ein Kind. Aber schon folgt die nächste Schmeichelei und plötzlich schnappt die Falle zu. Plötzlich hängt Nicholas mittendrin im Blutbad des Präsidenten, hat sich mitschuldig gemacht. Hier mutiert Macdonalds Film zum Horrorstück mit Splattereinlage, in dem der gute Doktor den Hauptgang geben soll. Und die Weißen im Land, über die er sich zu Beginn lustig gemacht hat, deren Warnungen Nicholas nicht hören wollte, die ihm aber jetzt vielleicht helfen könnten, lassen ihn fallen, wie eine heiße Kartoffel.

Neben der Spannung eines packenden Thrillers liefert "The last King of Scotland" Einblicke in das Funktionieren einer Diktatur. Jeder misstraut Jedem. Die Herrschaft baut auf Angst. Es reicht ein Gerücht und schon ist jemand, der eben noch das Ohr des Diktators hatte, in Stücke gerissen. Als der Vorhang im Kino längst geschlossen ist, diskutieren wir in der Bar nebenan immer noch über den jungen Doktor und den Grad seiner Naivität. Hätte uns das auch passieren können? Wie verführbar sind wir?

Wertung: 5 von 7 €uro
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