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Plakatmotiv: Nachrichtenfieber – Broadcast News (1987)

Komplexe Komödie über das
moderne Nachrichtengeschäft

Titel Nachrichtenfieber – Broadcast News
(Broadcast News)
Drehbuch James L. Brooks
Regie James L. Brooks, USA 1987
Darsteller

William Hurt, Albert Brooks, Holly Hunter, Robert Prosky, Lois Chiles, Joan Cusack, Peter Hackes, Christian Clemenson, Jack Nicholson, Robert Katims, Ed Wheeler, Stephen Mendillo, Kimber Shoop, Dwayne Markee, Gennie James u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 133 Minuten
Deutschlandstart
14. April 1988
Inhalt

Aaron Altman ist Vollblutreporter, Jane seine Produzentin bei einem mittelgroßen Nachrichtensender in Washington, D. C. Als die penible Jane einen Vortrag über Medienethik hält, lernt sie Tom Grunick kennen, der Fernsehmoderator ist. Beide fühlen sich zueinander hingezogen, doch schon bei der ersten Verabredung geraten die grundverschiedenen Charaktere aneinander.

Nach ihrem Streit beichtet Tom Jane, dass er bei ihrem Sender eingestellt wurde und sie von nun ab Kollegen sein werden. Trotz ihrer Differenzen werden beide schnell zu einem eingespielten Team, und Toms Ehrgeiz sowie sein gutes Aussehen lassen trotz seiner geringen Berufserfahrung die Einschaltquoten nach oben schnellen. Zunehmend verdrängt er dabei allerdings den verbitterten Aaron.

Auch privat kommen sich Jane und Tom näher. Als der Sender umstrukturiert wird und viele betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden, kündigt der heimlich in Jane verliebte Aaron freiwillig. Tom wiederum fällt auf der Karriereleiter nach oben und wird nach London versetzt. Als Aaron Jane jedoch beweist, dass es Tom bei seinen Reportagen nicht so genau mit der Wahrheit nimmt, verlässt sie ihn.

Sieben Jahre später treffen sich die drei wieder …

Was zu sagen wäre

Was sind Nachrichten? Was befähigt ein Ereignis, zum Beispiel im ZDF heute journal aufzutauchen und ein anders, nicht mal im Nachrichtenüberblick Erwähnung zu finden? Wo hört die Nachricht auf und beginnt das Entertainment? Was gehört dazu, um eine Nachricht auch für ein Massenpublikum attraktiv zu machen? Ein schönes Gesicht? Zugespitzte Formulierungen? Inszenierte Dramaturgie? Diese Fragen gehen um in den Nachrichtenredaktionen der TV-Sender, die sich über Einschaltquoten und Werbung finanzieren. Mit dem Thema hat sich schon Sidney Lumet 1976 in der grellen Komödie Network beschäftigt. Nachrichtenjournalismus ist für die meisten Sender ein Zuschaussgeschäft. Gut fürs Image, aber nicht refinanzierbar. Dies ist ein Film über Männer und Frauen, für die die Produktion eine aktuellen Sondersendung mindestens so erfüllend ist wie guter Sex.

James L. Brooks (Zeit der Zärtlichkeit – 1983) stellt drei Protagonisten ins Zentrum seines Films, der in einer Nachrichtenredaktion im Washington D.C. spielt, die die unterschiedlichen Positionen verkörpern. Produzentin Jane Craig ist die Vollblutjournalistin, die als Producerin grundsätzlich bis zur allerletzten Sekunde an ihren Beiträgen feilt, weil sie gegen jede unpräzise Formulierung kämpft. Plakatmotiv: Nachrichtenfieber – Broadcast News (1987)Ihre haltung zu Wahrheit und Wahrhaftigkeit im Journalismus ist ethisch unangreifbar, bei Nachrichtenleuten angesichts immer neuer Stellenstreichungen nicht populär: „Wir werden immer mehr und mehr durch das Star-System beeinflusst. Die Moderatoren der Nachrichtensendungen besitzen viel Macht, sie stellen unsere letzte Hoffnung dar. Unser Beruf ist in Gefahr.“ Ihr neuer Kollege Tom, jüngste Hoffnung im News-geschält, spricht offen davon, der Moderator müsse Nachrichten verkaufen. „Wir werden ständig dazu gezwungen, dem Profit und der Wirtschaftlichkeit einen Treue-Eid zu leisten.“ Das Abrüstungsabkommen SALT-II spielt in solchen Nachrichten eine geringere Rolle, als das Finale einer großen Dominosteine-Show.

Janes Anspruch ist so richtig wie schwierig in der Nachrichtenwelt. Wer hört schon gerne, er frisiere Nachrichten für die bessere Show. Jeder in der Redaktion respektiert sie, niemand liebt sie. Einmal am Tag sitzt sie einsam irgendwo und weint bittere Krokodilstränen über ihre innere Einsamkeit. Natürlich gäbe es einen Mann. Ihren Kollegen und besten Freund Aaron. Mit ihm redet sie über alles. Er liebt sie. Sie ihn. Er liebt die Frau. Sie den klugen, wortgewandten, präzisen Reporter.

Aaron Altman, der Reporter für die großen Stories, tickt wie Jane. Auch er kämpft für die Wahrheit, aber anders als Jane zieht es Aaron auch vor die Kamera. Er träumt von einer Karriere als Anchorman einer großen, überregionalen Abendnachrichtensendung. Er hat die Zeichen der zeit erkannt: Bilder produzieren, Texte schreiben kann in diesem Geschäft jeder. Wenn Du sie nicht vor der Kamera persönlich erzählst, bist Du im modernen TV-Geschäft austauschbar. Vor der Kamera sitzen die smarten Verkäufer mit dem freundlichen Lächeln und der Fönwelle mit den hoch dotierten Verträgen. Hinter der Kamera schuften die Arbeitsbienen, die das material heranschaffen – und da lieber Dominosteine als Abrüstungsabkommen.

Wie die anderen Protagonisten lernen wir auch Aaron als Schüler kennen. Nach seiner Rede auf der Abschlussfeier seines Jahrgangs wird er von ein paar Mitschülern vermöbelt. Aaron kennt das schon und es ist ihm einigermaßen egal, denn er kann den Schlägern prophezeien: „Du wirst niemals mehr als 19.000 Dollar im Jahr verdienen. Du wirst niemals Süd-Boston verlassen und ich werde die ganze Welt sehen. Du wirst nie das Vergnügen kennenlernen, einen brillanten Satz zu formulieren, oder einen originellen Gedanken zu haben“ und der Schulhofbully denkt „19.000 Dollar … nicht übel!“ Aaron liebt Jane, pflegt aber lieber eine geschwisterliche Vertrautheit, und hinterlässt vor jedem gefährlichen Auslandseinsatz eine Nachricht für alle Mädels, mit denen er mal ausgegangen ist, dass er im letzten Moment nur an sie gedacht habe.

Der dritte Protagonist ist quasi das Feinbild der beiden ersten. Als Junge hat Tom Grunick darunter gelitten, dass ihn alle wegen seines guten Aussehen mochten, er aber nur durchschnittliche Schulleistungen erbringt – „Was kann man schon damit anfangen, wenn man nichts kann, außer gut aussehen?“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Er weiß, dass er kein brillanter Journalist ist. Aber er sieht gut aus und bleibt vor der Kamera auch in hektischten Livesituationen immer cool und souverän. James L. Brooks zeigt das mit einer Szene, in der Tom überraschend eine Sondersendung über einen militärischen Zwischenfall zwischen den USA und Libyen moderieren muss. Aaron sitzt da zu Hause, telefoniert mit Jane, die die Sendung in der Regie leitet, gibt ihr telefonisch all sein Wissen weiter, was die wiederum an den richtigen Stellen Moderator Tom ins Ohr souffliert, der diese Informationen flüssig in seine Moderationen und Interviews einfließen lässt. Eine grandiose Szene. Dass sich Jane in den Schönling, der die Zukunft des Nachrichtengeschäfts verkörpert und also Aarons und Janes Nemesis ist, verliebt, vereinfacht das Drama nicht.

James L. Brooks mischt mit seiner Komödie über die Vermarktbarkeit von Nachrichten und die Degeneration des Fernsehjournalismus eine spielerische Leichtigkeit mit dem ernsthaften Sinn für die Realität des Fernseh-Alltags. Getragen von einem wunderbaren Drehbuch und unterstützt von ausgesuchten Schauspielern, unter denen William Hurt insofern herausragt ("Gottes vergessene Kinder" – 1986; Der große Frust – 1983; Heißblütig – Kaltblütig – 1981), als dass er die Position des schönen Dünnbrettbohrers inne hat, den er mit lockerer Hand als einen Mann spielt, der weiß, dass er die Zukunft in diesem Job ist, und dadurch seinen Tom zu einem Sympathieträger mit festen Prinzipien macht. Holly Hunter ("Ein Aufstand alter Männer" – 1987; "Arizona Junior" – 1987) ist als Jane die Frau, die sich jeder Mann zur allerbesten Freundin wünscht, und Albert Brooks (Unheimliche Schattenlichter – 1983; "Schütze Benjamin" – 1980; Taxi Driver – 1976) ist als Aaron der geniale Reporter, der immer übersehen wird; beide gehen derart in ihren Rollen als quirlige, nie nachlassende, engagierte Nachrichtenfrau und engagierter, verliebter, leise leidender Reporter auf, dass man gar nicht merkt, dass Hunter und Brooks diese Rollen spielen.

Dieser große Film hat nur einen Schönheitsfehler. Aus seinen sieben Oscar-Nominierungen wurde bei der Show am 11. April 1988 kein einziger Oscar.

Wertung: 10 von 10 D-Mark
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