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Plakatmotiv: Red Sparrow (2018)

Ein Thriller, in dem die Spioninnen
mit den Waffen einer Frau kämpfen

Titel Red Sparrow
(Red Sparrow)
Drehbuch Justin Haythe
nach dem Roman "Operation Red Sparrow" von Jason Matthews
Regie Francis Lawrence, USA 2018
Darsteller

Jennifer Lawrence, Joel Edgerton, Matthias Schoenaerts, Charlotte Rampling, Mary-Louise Parker, Ciarán Hinds, Joely Richardson, Bill Camp, Jeremy Irons, Thekla Reuten, Douglas Hodge, Sakina Jaffrey, Sergei Polunin, Sasha Frolova, Sebastian Hülk, Ingeborga Dapkunaite, Nicole O'Neill, Kristof Konrad u.a.

Genre Action, Drama
Filmlänge 140 Minuten
Deutschlandstart
1. März 2018
Inhalt

Die russische Balletttänzerin Dominika Egorova ist der Nachwuchsstar am Bolschoitheater. Doch eine Verletzung zerstört ihre Karriere und nimmt ihr mit einem Schlag die finanziellen Mittel, um eine teure Behandlung ihrer kranken Mutter zu bezahlen.

Um die Notlage seiner Nichte sehr wohl wissend, bietet Dominikas Onkel Ivan Egorov, Vizedirektor des russischen Auslandsgeheimdienstes, ihr eine neue Chance. Sie soll für ihn einen einflussreichen Oligarchen verführen und Informationen beschaffen. In Wirklichkeit dient Dominika jedoch als Lockvogel für einen Mord an ihrem Auftragsziel und wird angesichts ihrer Zeugenschaft dazu erpresst, eine Spezialausbildung zur Agentin und Verführungskünstlerin bei der strengen Matron zu machen.

Nach ihrer Ausbildung erhält Dominika den Auftrag, den CIA-Agenten Nathaniel Nash zu beschatten und auszuspionieren. Dieser hatte sich mehrfach mit einem russischen Maulwurf getroffen. Und an diesem Namen ist ihr Onkel Ivan brennend interessiert. Dominika nähert sich dem Amerikaner und bietet sich schließlich als Doppelagentin an.

Nathaniel Nash scheint auf die schöne Frau hereinzufallen und beginnt sogar eine Affäre mit ihr. Bis schließlich auch er erkennen muss, dass die mit allen Wassern gewaschene Spionin ganz eigene Pläne verfolgt …

Was zu sagen wäre

It's a man's world in der kalten Welt der Spionage. Auf der Leinwand geht es da mal bunter wie bei James Bond, oder härter wie beim Klassiker Der Spion, der aus der Kälte kam zu. Frauen spielen nur eine Rolle als Sexobjekt, Opfer oder Schlange. Es sei denn, es handelt sich um einen Marvel-Film, in dem die Black Widow in allem besser ist als alle Männer oder Du guckst einen Film von Luc Besson, bei dem Agentenfrauen verschlagener und raffinierter sind als die männlichen Gegner, aber vor allem höllisch gut aussehen. Wie auch immer: Auch die Agentinnen kämpfen mit den Waffen der Männer. So läuft halt das Geschäft in der Spionage.

Francis Lawrence versucht es jetzt andersrum. Seine Superagentinnenen kämpfen mit den Waffen der Frauen. Eine "Red Sparrow" ist eine in Schloss-knacken und falsche-Spuren-legen ausgebildete Profihure, die mit Staatsfeinden und ausländischen Kerlen, die dem Staat ans Leder wollen, ins Bett steigt, um zu bekommen, was der Staat braucht. „Finde heraus, was Deiner Zielperson fehlt und sei dann genau das für ihn!“, so lautet die Maxime, die man ihr in der Ausbildung eingehämmert hat. Den meisten Zielpersonen, Männern, fehlt offenbar immer der wärmende Kuschel einer erotischen Frau, der in harten Sex mündet. Die Agentin ist nicht mehr der härtere Kerl, sondern sie dreht den Kerlen deren scheinbar angeborene Geilheit in die Eingeweide.

Dieser Perspektivwechsel bietet dem Spionage-Genre einen neuen Blick aufs Geschäft. Statt der mittlerweile ermüdenden Actionszenen und Schießereien, geht es wieder um Verführung, Lüge und Vertrauen im richtigen Moment. Ausführlich lernen wir Dominika kennen, die mit ihrer pflegebedürftigen Mutter eine geräumige Wohnung im Herzen Moskaus bewohnt und der Star am Bolshoi ist. Tanzen ist ihr Leben. Aber ihr Ziel ist, ihre Mutter noch möglichst lange um sich zu haben. Das wird zur starken Motivation für das Blutige, das kommt, nachdem sie am Ballett einer schmerzhaften Intrige zum Opfer gefallen ist. Plakatmotiv: Red Sparrow (2018) Kaum kann sie nicht mehr tanzen, verliert sie alle Privilegien einer Primaballerina am Bolshoi und muss ganz von vorne anfangen. Ihr Geheimdienstonkel bietet ihr da eine Möglichkeit, die unappetitlich ist, aber ihrer Mutter die Wohnung und die Pflege ermöglicht.

Als die Figuren auf dem Spielbrett verteilt sind, beginnt ein lockeres, nicht arg kompliziertes, Spion-gegen-Spion-Spiel – "nicht arg kompliziert", weil beide Seiten von Anfang an eigentlich alles übereinander wissen, auch die Ziele der jeweils anderen. Dass die Russen alle mit russischem Akzent sprechen müssen, stört dabei sehr. Im Kern geht es um einen Maulwurf der Amerikaner in den oberen Rängen der russischen Regierung. Den wollen die Russen enttarnen und die Amerikaner reaktivieren, nachdem der bei einem Zwischenfall in Moskau untergetaucht war. Nur der Amerikaner Nathaniel Nash kennt die wahre Identität des Maulwurfs. Und Dominika ist auf ihn angesetzt, diese Identität aus ihm rauszukitzeln. Weil aber beide Seiten eben alles übereinander wissen, kreist das Drehbuch hier eine Zeit lang um sich selbst. Das gibt Regisseur Francis Lawrence, der nicht mit seiner Hauptdarstellerin verwandt ist, aber schon die letzten drei Tribute von Panem-Filme mit ihr gedreht hat, Gelegenheit, die Welt der Spione von ihrer harten Seite zu zeigen. Es gibt Verhörszenen mit Foltermethoden, die noch im Kinosessel weh tun.

Jennifer Lawrence, die sich zuletzt rar gemacht hat im Kino (Mother! – 2017; Passengers – 2016; X-Men: Apocalypse – 2016; Joy: Alles außer gewöhnlich – 2015; Die Tribute von Panem – Mockingjay – 2014; Serena – 2014; American Hustle – 2013; House at the End of the Street – 2012; Silver Linings – 2012; Die Tribute von Panem – 2012; "Der Biber" – 2011; Winter's Bone – 2010), spielt die ehemalige Balletttänzerin, die nie so sein wollte wie die erlahmten Gesichter, die sie in der U-Bahn sah, also nach Höherem strebte und da ihre Mutter versorgt sehen will, als blondierte Venus-Männerfalle. Die Kamera zeigt sie häufig in karger Landschaft, um ihre Einsamkeit zu unterstreichen, aber auch ihre Einzigartigkeit, die zunehmend ans Licht kommt. Häufig hat sie wenig, mal auch gar nichts am Leib, wenn es dem Dienst für's Vaterland dient.

So emanzipiert sich die Geschichte entwickelt, so voyeuristisch ist der (männliche) Blick des Regisseurs auf seine Hauptdarstellerin, die immer wieder knapp, auch mal gar nicht bekleidet vor die Kamera tritt. Mit Speck fängt man Mäuse – die Agentin ihre Widersacher, die Produzenten die männlichen Zuschauer. Hier übersetzt sich der Modus Operandi der Red Sparrow-Einheit auf der Leinwand auf die Zuschauer vor der Leinwand. Der Film mokiert sich über die Schwäche des Mannes, der stets die Dominanz sucht, aber in sich zusammenfällt, wenn die Frau die Dominanz behält. Und wie behält sie sie? Im Film, indem sie ihre Nacktheit offensiv ausspielt. Gleichzeitig symbolisiert die Nacktheit, wie ungeschützt die Agenten von ihrem eigenen Regime ausgesetzt sind. Ist das noch klare Erzählung oder schon Sexploitation?

"Red Sparrow" ist ein unterhaltsamer Spionagethriller, der immer neue Wendungen bietet und spannend bis zum Schluss bleibt und seiner Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence die Gelegenheit bietet, die ganze Bandbreite ihrer Schauspielkunst zu präsentieren.

Wertung: 6 von 8 €uro
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