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Plakatmotiv (US): Liebe zwischen den Meeren – Light between the Ocean (2016)

Diesem Melodram helfen selbst
Vikander und Fassbender nicht

Titel Liebe zwischen den Meeren
(The Light Between Oceans)
Drehbuch Derek Cianfrance
nach dem gleichnamigen Roman von M.L. Stedman
Regie Derek Cianfrance, UK, Neuseeland, USA 2016
Darsteller

Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz, Florence Clery, Jack Thompson, Thomas Unger, Jane Menelaus, Garry McDonald, Anthony Hayes, Benedict Hardie, Emily Barclay, Bryan Brown, Stephen Ure, Peter McCauley, Leon Ford u.a.

Genre Drama
Filmlänge 133 Minuten
Deutschlandstart
8. September 2016
Website constantin-film.de/kino/the-light-between-oceans/
Inhalt

Tom Sherbourne, der fast vier Jahre Soldat im Ersten Weltkrieg war, wird nach Kriegsende Leuchtturmwärter auf der abgelegenen australischen Insel Janus Rock. Er lernt Isabel kennen, die Tochter des Schuldirektors des für den Leuchtturm zuständigen Ortes auf dem Festland. Er verliebt sich in sie, und gemeinsam ziehen die beiden nach der Hochzeit auf die Insel.

Ihr Glück wird einzig von dem Umstand getrübt, dass Isabel zwar schwanger wird, aber in einer stürmischen Nacht eine Fehlgeburt erleidet. Auch ein zweites Kind kommt tot zur Welt.

Kurze Zeit später wird ein Ruderboot mit einem toten Mann und einem Baby an Land gespült. Isabel ist überglücklich, das kleine Mädchen umsorgen zu können. Tom will den Fund vorschriftsgemäß melden, doch seine Frau überredet ihn, das Kind als ihr eigenes auszugeben und bei sich aufwachsen zu lassen. Sie nennen es Lucy. Die Leiche des Mannes begraben sie auf der Insel.

Aber dann erkennt Tom bei der taufe seiner „Tochter“ eine Witwe, die um Gatten und Tochter an einem Grabstein trauert. Er weiß sofort, wer sie ist.

Tom steckt in einem Zwiespalt zwischen der Liebe zu seiner Frau, die sich so sehr nach diesem Kind sehnt, auch wenn es nicht ihr eigenes ist, und der Wahrheit. Welche Trauer wöge schwerer, würde man sie direkt vergleichen? Anonym lässt er der Witwe eine Nachricht zukommen, die ihr sagen soll, dass es ihrer tot geglaubten Tochter an nichts fehle …

Was zu sagen wäre

Eine Flucht vor der Welt, vor den Schrecknissen auf den Schlachtfeldern – „Es wird wohl kaum schlimmer sein, als die Westfront!“, sagt Michael Fassbinder zu Beginn – karge Landschaften, einsilbige Menschen, eine Insel mit Leuchtturm; die ersten 25 Minuten sind eine Etüde Inn Einsamkeit, festgehalten in wunderschönen Bildern von Kameramann Adam Arkapaw. Die Handlung beschränkt sich da auf Gärtnern, Spazieren, Leuchtturm befeuern und Briefe schreiben, die im Monatsrythmus hin und her gehen.

Und da ist Alicia Vikander (Jason Bourne – 2016; The Danish Girl – 2015; Codename U.N.C.L.E. – 2015; Seventh Son – 2014; Ex Machina – 2014; „Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt“ – 2013; „Anna Karenina“ – 2012). Regisseur Derek Cianfrance weiß schon, wie er der kargen Ödnis dieser ersten halben Stunde Leben einhaucht – er überlässt der jungen Oscar-Preisträgerin das Gesichtsfeld der Kamera. Die dankt ihm damit, nicht einfach nur schön zu sein. Vikander versteht es, mit kleinen mimischen Gesten, mit angedeutetem Lächeln, einem Grübchen Eis zum schmelzen zu bringen.

Plakatmotiv (US): Liebe zwischen den Meeren – Light between the OceanDann aber nimmt das Melodram seinen Lauf. Es rührt das Herz, umschifft die in den Klippen lauernden Peinlichkeiten und hält seine Zuschauer auch nicht für doof. Cianfrance nimmt sich, das kennt man aus seinen vorherigen Filmen (The Place Beyond the Pines – 2012; Blue Valentine – 2010), viel Zeit, um seine Charaktere einzuführen. Hier nimmt er sich noch mehr Zeit – Lachen, Weinen, Fehlgeburt, Schmerz, Tod, Kindesraub und dazwischen wogen die Elemente gegen die felsige Küste.

Das sind schön anzuschauende Momente, spannende Situationen, die sich aber wieder ablösen mit Wendungen, die menschlich nachvollziehbar erscheinen sollen, aber endlich konstruiert bleiben – als habe Cianfrance versucht, alle Wendungen einer TV-Serien-Staffel in einen Film zu packen; die Emotionen wogen hin und her, die Pianomusik von Alexandre Desplat brandet verlässlich mit jedem Gefühlsausbruch auf, und falls es mal ausführliche Bekenntnisse braucht, kommt garantiert ein aus dem Off vorgelesener Brief daher.

Es ist auf Dauer zäh, in Michael Fassbenders sprachloses, die Wahrheit verschluckendes Gesicht zu blicken, ohne dass da eine Entwicklung noch stattfinden kann. Diesen so physischen Schauspieler (X-Men: Apocalypse – 2016; Steve Jobs – 2015; Macbeth – 2015; Slow West – 2015; The Counselor – 2013; 12 Years a Slave – 2013; Prometheus – Dunkle Zeichen – 2012; Haywire – Trau' keinem – 2011; "Shame" – 2011; X-Men: Erste Entscheidung – 2011; Inglourious Basterds – 2009) in diese nach außen tatenlose Rolle eines in Selbstmitleid zerfleischten, gebrochenen Mannes zu zwingen, geht schief. Der Funke springt nicht über.

Zweieinviertel Stunden Zeit nimmt sich Cianfrance. Dann hat er alle Möglichkeiten sich widersprechender Emotionen durch und entlässt uns in den Abspann. Dieser Film geht natürlich gut af dem heimischen Sofa – ein verregneter Sonntagnachmittag, Taschentücher, eine gute Freundin, einen Rosé, dann kann das Melo auch noch eine Stunde länger dauern. Cianfrance fehlen die Mittel, seine Geschichte – abseits der wunderschönen Bilder – fürs moderne Kino in den Griff zu bekommen. Da reicht dann nicht einmal mehr Alicia Vikander, die hier nun wirklich die ganze Bandbreite an Emotionen vorführen muss.

Wertung: 4 von 8 €uro
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