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Plakatmotiv: Vergiftete Wahrheit (2019)

Ein zahmer Film über
ein böse Geschichte

Titel Vergiftete Wahrheit
(Dark Waters)
Drehbuch Mario Correa & Matthew Michael Carnahan
nach dem Artikel "Der Anwalt, der DuPonts größter Albtraum wurde" von Nathaniel Rich
Regie Todd Haynes, USA 2019
Darsteller

Mark Ruffalo, Anne Hathaway, Tim Robbins, Bill Pullman, Bill Camp, Victor Garber, Mare Winningham, William Jackson Harper, Louisa Krause, Kevin Crowley, Bruce Cromer, Denise Dal Vera, Richard Hagerman, Abi Van Andel, John Newberg, Barry Mulholland, Jeffrey Grover, Jim Azelvandre u.a

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 126 Minuten
Deutschlandstart
8. Oktober 2020
Inhalt

Cincinnati, Ohio im Jahr 1998: Der aufstrebende Wirtschaftsanwalt Robert Bilott, neuer Partner in einer renommierten Kanzlei, bekommt Besuch von einem Nachbarn seiner Großmutter aus West Virgina. Der erboste Farmer Wilbur O. Tennant bittet ihn, den Chemie-Multi DuPont zu verklagen. Seine Kühe, so der Vorwurf, werden durch eine angrenzende Mülldeponie vergiftet.

Für Bilott kommt so ein Mandat eigentlich nicht infrage, denn normalerweise vertritt er Konzerne. Als er ins entlegene Parkersburg fährt, um sich ein Bild zu machen, ändert dies seine Meinung schlagartig. Mit eigenen Augen sieht der Anwalt schockierende Belege für die Vergiftungen der Rinder: schwarze Zähne, riesige Tumore und schreckliche Missbildungen.

Mit der Rückendeckung seines Kanzleichefs Tom Terp reicht er Klage ein und erhält Einsicht in vertrauliche Unternehmensakten. Während DuPont routiniert auf Zeit spielt, kommt Bilott einem Skandal auf die Spur, der auch die Gesundheit vieler Menschen gefährdet. Zum Leidwesen seiner Frau verbeißt sich der idealistische Anwalt in den Fall, bei dem er seine Karriere und seine Gesundheit aufs Spiel setzt …

Was zu sagen wäre

Bei der Inhaltsangabe schreit natürlich alles sofort nach Erin Brockovich, die allein erziehende Mutter, die einen Chemieriesen zu Fall brachte und im Film im Jahr 2000 von einer Kaugummi kauenden, offenherzigen Julia Roberts gespielt wurde. Tatsächlich ist "Dark Waters" alles andere als ein Erin Brockovich 2.0. Und das liegt nicht nur daran, dass der von Mark Ruffalo verkörperte Anwalt im vorliegenden Film nicht halb so aufregend ist, wie die von Julia Roberts interpretierte Anwaltsgehilfin.

"Dark Waters" setzt auf das Zeitspiel eines milliardenschweren Chemiegiganten, von dessen Arbeitsplätzen zudem eine ganze Region abhängt. In Parkersburg in West Virginia setzen viele Einwohner lieber auf einen sicheren Job mit allerlei Vergünstigungen, als auf eine makellose Gesundheit, von der man ja in den Diners der Stadt auch gar nicht so genau weiß, ob die wirklich durch DuPont angegriffen wird. Die, die aufbegehren, werden hier schnell zu Parias, die beim sonntäglichen Kirchgang schräg angeguckt werden.

Den Kampf gegen den Chemiegiganten führt ein pummeliger Aktenfresser, den Mark Ruffalo (Avengers: Endgame – 2019; Avengers: Infinity War – 2018; Thor: Tag der Entscheidung – 2017; Spotlight – 2015; Avengers: Age of Ultron – 2015; Plakatmotiv: Vergiftete Wahrheit (2019) Can a Song Save Your Life? – 2013; Die Unfassbaren – Now You See Me – 2013; Iron Man 3 – 2013; The Avengers – 2012; Shutter Island – 2010; "Zodiac: Die Spur des Killers" – 2007; Das Spiel der Macht – 2006; "Wo die Liebe hinfällt…" – 2005; Collateral – 2004; "Windtalkers" – 2002; Die letzte Festung – 2001; You can Count on me – 2000; Ride with the Devil – 1999) als freundlichen Mann mit Beharrungskräften spielt, der in einem genügsamen Umfeld spielt, das für den Film kaum Dramatik bietet.

Die Ehefrau ist duldsam, der Kanzleichef zugewandt; dass der engagierte Anwalt Bilott immer weniger Einkommen hat, wird erst spät klar, denn wie der ganze Fall überhaupt finanziert wird, lässt der Film offen. Anfangs, 1998, heißt es mal, Bilott berechne als Anwalt etwa 260 Dollar die Stunde. Aber die bekommt er nicht, weil er dem Farmer, der die ganze Geschichte ins Rollen bringt, offenbar Pro Bono hilft und sich dafür viele Stunden in einem fensterlosen Raum mit vielen, vielen Akten aufhält. Da entsteht keine Spannung, es gibt einfach keine Gegenspieler. Ein wichtiger Boss bei DuPont, der Bilott freundschaftlich zugetan ist, beschimpft ihn auf einem Empfang ungewöhnlich vulgär; ihre Freundschaft scheint das aber nicht weiter zu belasten. Bilott frisst sich durch die Aktenberge, deckt immer Neues auf und DuPont muss immer nachgeben. Anwalt Bilott kämpft mit seiner Gesundheit, die Ehe kriselt über die 14 Jahre, die wir erleben, ein bisschen, aber im Grunde steht seine Gemahlin fest an seiner Seite. Es gibt nicht einen Rückschlag, der das Drama zuspitzt.

Todd Haynes (Carol – 2015) hat keinen Thriller gedreht, kein Drama. Eigentlich ist "Dark Waters" ein Dokumentarfilm. Er basiert auf einem Artikel von Nathaniel Rich im New York Times Magazine mit dem Titel "Der Anwalt, der DuPonts größter Albtraum wurde". Wir erleben beklommen, wie ein Milliarden-Dollar-Unternehmen mit unserer Gesundheit spielt und damit durch Zeitspiel vor allen staatlichen Institutionen durchkommt. Aber Zyniker, die wir sind, wissen das schon lange – nicht zuletzt durch zahlreiche Kinofilme. Wenn wir uns das dann in einem Kinosessel zwei Stunden, fünf Minuten lang anschauen sollen, darf das dramaturgische Element ruhig ausgereifter sein. Erin Brockovich hat diese Leerstelle damals mit der großartigen Julia Roberts gefüllt.

Wertung: 3 von 8 €uro
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