Gretta trauert, kriecht bei ihrem Studienfreund Steve unter, der mit seiner Musik von der Hand in den Mund lebt – und wird bei einem Open Mic von Dan entdeckt, einem runtergekommenen Plattenproduzenten. Dan ist ein Has been, heute hält ihn sein Flachman bei Laune, während Frau und halbwüchsige Tochter in einem Vororthäuschen ohne ihn leben.
Dan überzeugt Gretta, gemeinsam einen Neuanfang zu stemmen. Sie arbeiten an einem Album, das sie an quirligen Orten der Großstadt aufnehmen anstatt im Studio. Aus der glücklichen Begegnung entsteht eine Beziehung gegenseitiger Unterstützung und Bestätigung, die nicht nur das Leben der begabten Musikerin, sondern auch den strauchelnden Produzenten grundlegend verändert …
Einfache Bilder für komplexe Zusammenhänge
John Carney, der hier die Stroy seines Erfolgsfilms „Once“ (2006) variiert und sie von Irland nach New York verlegt, findet für diese einfache Unterscheidung in seinem poppig komponierten Film eine schöne Szene: Da sitzen Keira Knightley (London Boulevard – 2010; Abbitte – 2007; Stolz & Vorurteil – 2005; Tatsächlich … Liebe – 2003), die ihrer Gretta eine ganz wunderbare, bezaubernde Aura schenkt, und Mark Ruffalo (Die Unfassbaren – Now You See Me – 2013; The Avengers – 2012; Shutter Island – 2010; „Zodiac – Die Spur des Killers“ – 2007; Das Spiel der Macht – 2006), der ein abgeklärter, ausgewachsener Comeback Man ist, am nächtlichen Straßenrand, spielen sich unterm gemeinsamen Kopfhörer ihre Lieblingssongs vor und Dan sagt, das liebe er so an Musik, „die banalsten Szenen bekommen auf einmal so viel Bedeutung“.
Das ist Pop-Musik: kunstvolle Verschönerung des Alltags. Darüber beginnt die Kunst. Wenn die Vocals gelebtes Leben rüberbringen, wenn die Texte nicht auf platten Reim sondern auf Wahrhaftigkeit setzen, wenn die Melodie, das Arrangement den gewissen Kniff finden, wird aus Pop ein Klassiker. Beim Film ist das nicht anders und dieser hier findet für Musikamateure wie mich einfache Szenen, um mir das bisschen an musikalischem Background nahezubringen, das als Grundlage vorhanden sein könnte, um in dem Film mehr, als das reinen Popmovie – auch das kleidet John Carney in denkbar einfache wiewohl raffiniert schöne Schnitte; Keira Knightleys Songs klingen dabei wie von Dido, die 2003 mit „Life for rent“ einen ordentlichen Hit hatte.
Von Moll zu Dur in wenigen Strophen
Carney beginnt seine filmische Ballade über das Sterben einer Liebe und das Wachsen der Musik mit leisen Tönen, montiert in stillen Bildern mit der Handschrift eines Independent-Auteurs, alles ein bisschen unfertig, rau, Jump Cuts ersetzen designte Dialogszenen. Aber das bleibt nicht lange so. Mit jeder Strophe beweist der Film mehr handwerkliche Klasse, gewinnt er an erzählerischer Schönheit, verschachtel die Herkunft seiner beiden Hauptdarsteller Gretta und Dan so kunstvoll, wie ein Song ganze Welten in einen einzigen Vers packen kann und er hat, was einen jeden guten Song auszeichnen sollte, Szenen, die mir die Tränen in die Augen treiben – vor Freude, vor Rührung; außerdem hat er, was in der Musik wohl Bridge genannt wird, aber seit Jahrzehnten auch zu jedem guten Feelgood-Movie gehört: eine ausgiebige Sequenz, in der wir den Hauptdarstellern beim sich freuen zuschauen und dazu Musik hören mit – vielleicht – ein wenig Atmo. Eine Szene, die erzählte Tage, Wochen zu einem kleinen Clip zusammenschnurren und mal schlechter, mal besser sind – die Bridge hier ist er wunderschön.
„Can a Song save Your Life?", eine Frage als Filmtitel (unter dem auf dem Plakat die beiden Hauptpersonen in schönstem New Yorker Sonnenlicht stehen), kann der Film selbst nur mit „Ja“ beantworten, insofern ist diese Frage nur die Stimmungs-Umschreibung für FeelGoodMovie. Der Film hält das Versprechen. Mit einem klug komponierten supporting cast, in dem die großartige Cathrine Keener („Inside Hollywood“ – 2008; Into the Wild – 2007; „Capote“ – 2005; Being John Malkovich – 1999; Out of Sight – 1998) Miriam gibt, Dans nüchtern pragmatische Verflossene mit dem noch glimmenden Fuken und die spannende Hailee Steinfeld (3 Days to Kill – 2014; Ender's Game – 2013; True Grit – 2010) die rebellische Tochter im Genervtsein-Alter.
Romantisch, musikalisch, nicht alltäglich. Sehr sehenswert.