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Plakatmotiv (US): Von Ryans Express (1965)

Solider Actionfilm, der der Welt
die US-Moral beibringen möchte

Titel Colonel von Ryans Express
(Von Ryan's Express)
Drehbuch Wendell Mayes & Joseph Landon
nach dem gleichnamigen Roman von David Westheimer
Regie Mark Robson, USA 1965
Darsteller

Frank Sinatra, Trevor Howard, Raffaella Carrà, Brad Dexter, Sergio Fantoni, John Leyton, Edward Mulhare, Wolfgang Preiss, James Brolin, John Van Dreelen, Adolfo Celi, Vito Scotti, Richard Bakalyan, Michael Goodliffe, Michael St. Clair, Ivan Triesault, Ian Abercrombie, Don Ames u.a.

Genre Action, Abenteuer, Krieg
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
10. September 1965
Inhalt

Der amerikanische Luftwaffenpilot Joseph Ryan wird während des Zweiten Weltkriegs über Italien abgeschossen und in ein Kriegsgefangenenlager gebracht, in dem hauptsächlich Briten leben. Das Lager leidet unter einem Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten und unter den Strafen, die wegen häufiger Fluchtversuche verhängt wurden.

Es kommt zu erheblichen Spannungen mit dem ranghöchsten britischen Offizier, Major Eric Fincham, da Ryan eine gemäßigtere Haltung gegenüber den italienischen Lagerbehörden einnimmt und jeden Fluchtversuch unterbindet – da Italien kurz vor der Kapitulation steht. Von da an wird er von den Briten mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen "Von Ryan" belegt.

Als Italien vor den Alliierten kapituliert, desertieren die italienischen Wachleute, und die Gefangenen sind auf sich allein gestellt. Im Rahmen eines improvisierten Gerichts wird der italienische Lagerkommandant von Ryan verschont und nicht zum Tode verurteilt.

In der Annahme, dass die Deutschen Italien bald besetzen und die Kontrolle über das Lager übernehmen werden, wollen die Gefangenen unter Ryans Kommando aus Italien fliehen. Doch sie werden schon bald von der Wehrmacht gefangen genommen und sollen in einem Güterzug, der für ein Konzentrationslager bestimmt ist, über den Brenner nach Innsbruck gebracht werden.

Den Gefangenen gelingt es, den Zug zu erobern, um ihn nach Norden in die neutrale Schweiz und in die Freiheit umzuleiten. Als die Deutschen merken, was passiert ist, beginnt die Verfolgungsjagd …

Was zu sagen wäre

Einmal mehr müssen alliierte Helden vor strammen deutschen Soldaten in die Freiheit flüchten. 1963 waren das Steve McQueen und ein All-Star-Cast in Gesprengte Ketten von John Sturges, hier nun sind es hauptsächlich Briten und ein paar Amerikaner. Und eine ganze Weile ist gar nicht der Deutsche der Hauptgegner. Eine ganze Weile streiten sich der britische Major und der US-Oberst, wer mehr Recht hat. 1965, als der Film in die Kinos kam, waren die USA militärisch schon in Vietnam verstrickt, da war es vielleicht ganz gut, wenn im Kino, das immer noch den Zweiten Weltkrieg aufbereitete, US-Offiziere moralisch einwandfreier agieren, als ihre – historisch sehr viel schärfer in den damaligen Krieg involvierten – britischen Kameraden.

Trevor Howard (Meuterei auf der Bounty – 1962; "Der dritte Mann" – 1949; Begegnung – 1945), der den Britischen Major spielt, will immer gleich jeden Kriegsgefangenen standrechtlich erschießen. Colonel Ryan hingegen, der US-Amerikaner, lässt Milde walten und zieht daraus in der Folge mehrfach Vorteile. Frank Sinatra spielt ihn als souveränen Mann ohne Zweifel, der im Zweifelsfall auch mal zuhört, anstatt ohne Hintergrundwissen zu entscheiden (Botschafter der Angst – 1962; "Der Mann mit dem Goldenen Arm" – 1955; Verdammt in alle Ewigkeit – 1953).

Der Film beleuchtet eine interessante Ära im Zweiten Weltkrieg: Italien ist noch nicht befreit, aber die Deutschen sind schon auf dem Rückzug, die immer noch Heil-Hitler-grummelnden Italiener haben ihren Duce längst verflucht und warten insgeheim darauf, dass die Alliierten endlich alles klar machen. Bis es aber soweit ist, bewegen sich alle überall mit Misstrauen. Die Spannung entsteht, weil sich die Flucht in einer Eisenbahn abspielt, die über vordefinierte Gleise fahren muss, von den deutschen Gegnern also leicht auszurechnen ist. Die Entflohenen müssen den Deutschen also Spreche spielen. Plakatmotiv: Colonel von Ryans Express (1965) Da fügt es sich, dass unter den Briten einer ist, der ein paar Jahre in Breslau studiert hat (damals Deutsches Reich, heute wieder Polen) und also akzentfreies Deutsch spricht, mit dem er Offiziere stramm stehen und falsche Formulare als echt erscheinen lässt. Das sind so diese Hollywood-Einfälle, die jeder dortige Schauspieler, der mal auch nur einen Satz auf Deutsch sprechen musste, ins Reich der Fantasie verweist.

Um dem Film, der aus lauter Männern, noch dazu kriegsversehrten Soldaten, besteht, ein bisschen menschliche Wärme zu geben, hat der deutsche Offizier, der den Eisenbahntransport der Gefangenen nach Innsbruck ursprünglich befehligt, eine italienische Gespielin, die für ein wenig nackte Haut und Unschuld auf der Leinwand sorgt und durch ihren Tod für die unweigerliche Frage nach dem Warum? eines jeden Krieges sorgt.

Regisseur Mark Robson (Schmutziger Lorbeer – 1956) interessiert sich aber vor allem für das Katz-und-Maus-Spiel zwischen flüchtenden Gefangenen und deutschen Besatzern auf einer Gleisstrecke, die ein Nebengleis offenbart, das in die rettende Schweiz führt. Uff: Berge und Tunnel. Hier bekommt der Film zum Finale ein paar spektakuläre Qualmende-Lok-auf-enger-Trasse-durch-kurvige-Tunnel-Bilder, die heute – ich sehe den Film Ende der 1980er Jahre – als durchschnittlich durchgehen, 1965 auf der Leinwand aber noch eine immense Wucht hatten.

"Von Ryan's Express" ist ein solider Actionfilm im Kriegsambiente, der die Amerikaner in moralisch vorbildliches Licht stellt – was den ehemaligen britischen Kolonisations-Heroen, die in den 1940er Jahren längst ihrer globalen Potenz beraubt waren, hilft, die Welt besser zu verstehen.

Wertung: 3 von 7 D-Mark
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