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Plakatmotiv: Todeszug nach Yuma (2007)

Der Film ist spannender,
als sein veraltetes Finale

Titel Todeszug nach Yuma
(3:10 to Yuma)
Drehbuch Halsted Welles & Michael Brandt & Derek Haas
nach der Short Story "Three-Ten to Yuma" von Elmore Leonard
Regie James Mangold, USA 2007
Darsteller

Russell Crowe, Christian Bale, Logan Lerman, Dallas Roberts, Ben Foster, Peter Fonda, Vinessa Shaw, Alan Tudyk, Luce Rains, Gretchen Mol, Lennie Loftin, Rio Alexander, Johnny Whitworth, Shawn Howell, Pat Ricotti u.a.

Genre Action, Crime
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
13. Dezember 2007
Inhalt

Dan Evans ist ein Kriegsversehrter, der mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen eine kleine Farm in Arizona bewirtschaftet. Eine Dürre und die verbrecherischen Machenschaften seines Darlehengebers haben ihn an den Rand des Ruins gebracht. Entweder er treibt schnellstens Geld auf, oder er steht mit seiner Familie mittellos da.

Evans bekommt eines Tages auf der Suche nach seiner Rinderherde den Postkutschen-Überfall des Outlaws Ben Wade und seiner Bande mit, kann dort den schwer verletzten Kutschenbegleiter Byron McElroy retten und später mithelfen, den tollkühnen Wade zu verhaften.

Nun muss Wade zur Gerichtsverhandlung gebracht werden, damit er seiner gerechten Strafe zugeführt werden kann, was in diesem Fall Tod durch den Strick heißt. Dazu werden eine Reihe Leute gebraucht, da Wades Bande unter der Führung des skrupellosen Charlie Prince nur darauf wartet, ihren Anführer aus der Haft zu befreien. Für den Lohn von 200 Dollar schließt sich Evans dem heiklen Unternehmen an, da er das Geld dringend braucht.

Eine gefährliche, zweitägige Tour beginnt, um Wade rechtzeitig ins bereits an die Eisenbahn angeschlossene Städtchen Contention zum 15 Uhr 10 Zug nach Yuma zu bringen …

Was zu sagen wäre

Ein kleiner Farmer am Rande der Pleite, ein Großgrundbesitzer, der Bau der Eisenbahn, eine brutale Gangsterbande, ein gewaltiger Shootout im Finale und auf einen wichtigen Zug wird auch gewartet. Es ist alles wieder da, was zum Western gehört, bis auf die Schlägerei im Saloon. die findet nicht statt. Auch ist nicht mehr jeder Schuss ein Treffer, wie das zu John Waynes Zeiten war. Und die Guten treffen weniger häufig als die die Bösen. Es wird erstaunlich leise gestorben in diesem Film, als hätte das Studio eine höhere Altersfreigabe gefürchtet, wenn der eingeschlossene Mann wie am Spieß schreien würde, während die Kutsche um ihn herum verbrennt, wenn der mann, der in die Schlucht gestoßen wird, gellend seinem Tod entgegen schreien würde, wenn der wie ein Schwein Abgestochene vor schmerzen kreischen würde. Nichts, kein Ton, höchstens mal ein Urgh, wenn eine Kugel einschlägt. Wenn Menschen auf der Leinwand einfach stumm verbrennen, oder einfach tot umfallen, ist das weniger erschreckend, als wenn sie reagieren wie reale Menschen. Es wird viel und brutal gestorben in diesem Film. Da ist er nah bei seinen italienischen Vorbildern aus den 1960er Jahren. Einmal reitet die Gruppe an einem Felsen vorbei, auf der zwei angebundene Tote liegen – Vater und Sohn; die sind wohl nebeneinander in der Sonne verdurstet.

Nur in dem im deutschen Titel angekündigten "Todeszug" stirbt niemand. Hier hat sich der deutsche Verleih einen möglicherweise verkaufsfördernden schlechten Scherz erlaubt. Zwar dreht sich alles darum, diesen Zug zu erreichen, aber der kommt erst am Ende und da sind die schon tot, die solche Filme üblicherweise nicht überleben. Im Zentrum des Films stehen aber gar nicht die Schießereien und Morde. Die Seele des Films ist eine Erlösergeschichte, ähnlich, wie sie Clint Eastwood in seinen 70er-Jahre-Western erzählte, in Der Texaner (1976) oder Ein Fremder ohne Namen (1973). Zwei Männer treffen aufeinander – der Gute und der Böse – und beide müssen von ihren inneren Dämonen befreit werden.

Dan Evans, der mit nur einem Bein aus dem Sezessionskrieg heimkehrte und die Kredite für seine Farm nicht bedienen kann, ahnt, dass ihn seine Frau und die beiden noch jungen Söhne insgeheim verachten; auch, weil er lieber klein bei gibt, als sich den rabiaten Landräubern im Kampf zu stellen. Plakatmotiv (US): 3:10 to Yuma – Todeszug nach Yuma (2007) Für dieses raue Land, Arizona 1884, ist dieser Mann zu friedlich, zu wenig wehrbereit, obwohl er im Krieg offenbar ein sehr guter Schütze war – oder vielleicht gerade deswegen? So einem Softie, der anfangs nicht mal seinen 14-jährigen Sohn überzeugen kann, und es am Ende, als der 3.10-Uhr-Zug nach Yuma naht, heroischer macht, als einst Gary Cooper in High Noon (1952), glaubhafte Konturen zu geben, erfordert gehobene Schauspielkunst. Christian Bale füllt diesen Mann am Ende seiner Möglichkeiten mit Stolz, Würde und Dickköpfigkeit (Prestige: Die Meister der Magie – 2006; Batman Begins – 2005; Die Herrschaft des Feuers – 2002; Corellis Mandoline – 2001; Shaft – Noch Fragen? – 2000; American Psycho – 2000; Das Reich der Sonne – 1987).

Der andere, Ben Wade, ist der Böse, ganz in Schwarz mit auffallendem Hut. Er zitiert die Bibel und lässt Menschen gerne langsam sterben: „Ich würde in meiner Bande keine fünf Minuten überleben, wenn ich nicht ein durch und durch schlechter Mensch wäre“, ist einer seiner erstaunlich selbstreflexiven Sätze. Russell Crowe gibt dem Mann großes Charisma (Ein gutes Jahr – 2006; "Das Comeback" – 2005; "Master & Commander" – 2003; A Beautiful Mind – 2001; Lebenszeichen – Proof of Life – 2000; Gladiator – 2000; Insider – 1999; L.A. Confidential – 1997; "Virtuosity" – 1995). Er ist kein blindwütiger Killer. Er mordet mit Bedacht, mit Genuss. Aber an dem aufrechten Farmer Evans und seiner kleinen Familie findet er Gefallen; er respektiert die klare Haltung des Mannes.

Auf ihrem langen Ritt durch die kargen Landschaften Arizonas, an nächtlichen Lagerfeuern, bei einem Indianerangriff und gegen sadistische Kopfgeldjäger werden diese beiden Brüder im Geiste, Yin und Yang, sich gegenseitig – irgendwie – erlösen, die Schatten der Vergangenheit vertreiben müssen. Dass das nicht für beide gut ausgehen kann, ist klar. Wenn auch im Finale viel von Vielen geschossen wird, ist aber dieser Shootout die am wenigstens spannende Sequenz. Regisseur James Mangold (Walk the Line – 2005; Identität – Identity – 2003; Kate & Leopold – 2001; Durchgeknallt – 1999; Cop Land – 1997) hält die Spannung zwischen den beiden Männern, die zunächst Teil einer größeren Gruppe sind, die im Laufe des Films immer kleiner wird, auf hohem Level, mehrfach wechseln die Rollen derjenigen, die die Waffe halten, äußere Feinde zwingen zum inneren Zusammenhalt, manchmal sind es auch einfach wunderschöne Westernpanoramen, die Kameramann Phedon Papamichael bietet.

Mangold bleibt seiner Erlöser-Geschichte bis zum letzten Frame vor dem Abspann treu, aber sie zündet im Jahr 2007 nicht mehr wie 1957, als die Short Story von Elmore Leonard zum ersten Mal verfilmt wurde, damals mit Glenn Ford als Mörder Wade und Van Heflin als Farmer Evans in "Zähl bis drei und bete" (im Original heißen beide "3:10 to Yuma"). Zu plötzlich setzt die Wandlung im Finale ein, wieso plötzlich, warum genau? Als Leonard das Anfang der 50er Jahre schrieb, hatten die USA zwei Weltkriege hinter sich und waren aktuell Teilnehmer am Krieg in Korea – der heimischen Bevölkerung jeweils mit Pathos und Patriotismus nahe gebracht. Damals wollte man gerne glauben, dass der gute Amerikaner den bösen Fremden, den Nazi, den Kommunisten mit aufrechter Haltung schon überzeugen würde. 2007 ist diese Guter-Samariter-Lösung nach vielen brutalen Tötungen so unglaubwürdig, dass von dem sehenswerten Film ein Western-Themenpark übrigbleibt, ein Best-of-Western.

Wertung: 5 von 7 €uro
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