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Plakatmotiv: Die Teuflischen (1955)

Ein wegweisender Film
im Genre Psychothriller

Titel Die Teuflischen
(Les Diaboliques)
Drehbuch René Masson & Henri-Georges Clouzot & Jérôme Géronimi & Frédéric Grendel
nach dem Roman "Die Teuflischen / Celle qui n'était plus" (1952) von Pierre Boileau und Thomas Narcejac
Regie Henri-Georges Clouzot, Frankreich 1955
Darsteller

Simone Signoret, Véra Clouzot, Paul Meurisse, Charles Vanel, Jean Brochard, Thérèse Dorny, Michel Serrault, Georges Chamarat, Robert Dalban, Camille Guérini, Jacques Hilling, Jean Lefebvre, Aminda Montserrat, Jean Témerson, Jacques Varennes u.a.

Genre Crime, Drama, Horror
Filmlänge 109 Minuten
Deutschlandstart
29. April 1955
Inhalt

Christina Delassalle und Nicole Horner arbeiten beide an der gleichen zweitklassigen Schule als Lehrerinnen. Doch nicht nur das haben sie gemein: Beide stehen mit dem gleichen Mann in Beziehung, Michel Delassalle, die eine als Ehefrau, die andere als seine Geliebte. Und sie teilen eine Leidenschaft: den Hass auf Michel. Michel macht es ihnen einfach, denn er ist ein grausamer, despotischer Mensch.

Als Nicole gegenüber Christina die Idee äußert, Michel gemeinsam zu beseitigen, ziert sich die zarte Frau zunächst, bis ein weiterer Gefühlsausbruch Michels sie überzeugt. Unter einem falschen Vorwand lockt Nicole Michel in ihre weiter entfernte Wohnung, wo die Frauen den Mann überwinden, betäuben und in der Badewanne ertränken. Der Tote soll im ungenutzten Pool der Schule deponiert werden, wo sein Auftauchen als Unfall zu deuten wäre.

Doch dann verschwindet Michels Leichnam. So wasserdicht der Plan auch zu sein schien, nun ist alles hinfällig. Und Christina beginnt, Nerven zu zeigen …

Was zu sagen wäre

Ein großer Thriller, der auch 30 Jahre nach seiner Entstehung, als ich ihn im Fernsehen zum ersten Mal gesehen habe, nichts von seiner unheimlichen Präsenz eingebüßt hat. Im Gegenteil, im Chor aktueller Kinoproduktionen im Genre Psychothriller wie aktuell Eine verhängnisvolle Affäre (1987) oder Der Wolf hetzt die Meute (1984) oder auch "Dead Zone" (1983) hebt sich "Les Diaboliques" schon durch seine souveräne Stille ab. Keine Violinen zirpen gespenstisch im Score, keine Basstrommeln raunen. Henry-Georges Clouzot lässt, wie schon in seinem vorherigen Film Lohn der Angst (1953) die Musik einfach weg und vertraut auf seine Geschichte und seine Fähigkeiten als Regisseur. Natürlich würde man heutzutage an mancher Stelle früher schneiden, aber heutzutage sind die Sehgewohnheiten durch ein höheres Filmangebot im Kino und neue TV-Sender auch weiter entwickelt. Dennoch würde ein guter Regisseur die vorliegenden Bilder nur wenig kürzen.

Zunächst mal ist schon die Story erschreckend genug. Da ist ein abgelegenes, ein wenig heruntergerocktes Internat, in dem der Direktor seine Frau schlägt, sie betrügt mit einer Lehrerin, die er auch schlägt, und diese beiden, Ehefrau und Geliebte, sind im Schmerz vereinte Freundinnen geworden und alle an der Schule wissen das auch. Das sind gesellschaftliche Zustände, die im Produktionsjahr 1955 im Publikum Urängste auslöste: Was kann hier noch passieren, wenn zwei Frauen schon in der ersten Filmhälfte einen Mann nach einem präzise ausformulierten Plan töten? In einer Zeit, in der Frauen nach moralischen und gesetzlichen Vorstellungen noch von den Entscheidungen ihrer Ehemänner abhängig waren.

Und dann verschwindet die Leiche und damit dreht die Krimihandlung ab ins Horrorfach, in den Psychothriller: Wer will hier eigentlich genau wen verarschen; in dieser kühlen Szenerie mit schleimigen Lehrern, wegen kleinster Verfehlungen in die Ecke gestellten Kindern, eingefangen in schwarz-weißer Tristesse und unterkühltem Charme?

Man mag bald ahnen, dass da ein Komplott im engsten Kreis abläuft, denn es gibt im Grunde nur drei Hauptfiguren, denen wir nachspüren können. Die anderen Lehrer sind bizarre Figuren mit einem Alkoholproblem, die dazu da sind, die Stimmung von Falschheit und Unterdrückung in diesem Film zu unterstreichen. Der pensionierte Kommissar Fichet, der spät auftaucht, fällt als Drahtzieher eines offensichtlichen Komplotts aus. Und die Kinder, von denen erst spät eines ein eigenes Gesicht mit Namen bekommt – auch das aus dramaturgisch guten Gründen – sowieso nicht.

Also stellt sich mit zunehmender Filmlänge die Frage, welche Frau da die andere über den Tisch zieht, und mit welchem Hintergedanken. Simone Signoret ist da schnell die Verdächtige. Sie spielt die Geliebtes des Mordopfers Nicole als abgebrühtes, strukturiertes Kaltblut, das einen Mord minutiös inklusive Alibi planen kann, und selten Schwäche zeigt; als der Anzug des Ermordeten plötzlich aus der Reinigung auftaucht, wird auch sie unsicher. So unsicher, wie Véra Clouzot (Ehefrau des Regisseurs) es als Gattin des Getöteten, Christina, die ganze Zeit über ist, zwischendrin aber, als besagter Anzug auftaucht, Stärke zeigt. Und dann wird so deutlich immer wieder auf ihre Herzschwäche hingewiesen, dass wir Zuschauer irgendwann zu zweifeln beginnen und über mögliche Motive nachdenken: Qui Bono? Wem nutzt eigentlich diese Mordinszenierung?

Nicht, dass der Film lahm wäre, sodass wir uns mit Motivforschung wach halten müssten, aber je größer das Rätsel wird, desto mehr suchen wir nach rationaler Erklärung, bis uns Clouzot wieder in die Gedanken spuckt und mit geschickten Schnitten, knarzenden Türen und harten Schlagschatten bei Nacht die Spannungsschraube noch ein bisschen anzieht; die ja nicht erst beginnt, als die Leiche verschwindet. Schon bis dahin bangen wir andauernd mit den beiden Mörderinnen, was an sich schon pervers ist, aber durch den brutalen Mann moralisch irgendwie gerechtfertigt scheint. Mehrmals droht ihr Plan zu scheitern, einmal sorgt sogar ein harmloser, betrunkener Soldat für Suspense.

"Les Diaboliques" ist ein faszinierende Thriller, an dem wir studieren können, was heutzutage alles an Blendwerk und Firlefanz die Filmkunst verwässern – schnelle Schnitte, treibender Score, hervorspringende Katzen … das braucht Clouzot nicht. Er kennt die Story und weiß, wie er die größte Spannung erzeugt.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
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