Buchcover: Dan Brown – Sakrileg
Mittelprächtige Schnitzeljagd für
eine spannende Gerüchtesammlung
Titel Sakrileg
(The Da Vinci Code)
Autor Dan Brown, USA 2003
aus dem Amerikanischen von Piet van Poll
Verlag Lübbe
Ausgabe Gebunden, 605 Seiten
Genre Thriller
Website dan-brown.de
Inhalt

Robert Langdon, Symbolologe aus Harvard, befindet sich aus beruflichen Gründen in Paris, als er einen merkwürdigen Anruf erhält: Der Chefkurator des Louvre wurde mitten in der Nacht vor dem Gemälde der Mona Lisa ermordet aufgefunden. Langdon begibt sich zum Tatort und erkennt schon bald, dass der Tote durch eine Reihe von versteckten Hinweisen auf die Werke Leonardo da Vincis aufmerksam machen wollte - Hinweise, die seinen gewaltsamen Tod erklären und auf eine finstere Verschwörung deuten.

Bei seiner Suche nach den Hintergründen der Tat wird Langdon von Sophie Neveu unterstützt, einer Kryptologin der Pariser Polizei und Enkelin des ermordeten Kurators. Von ihr erfährt er auch, dass der Kurator der geheimnisumwitterten Sions-Bruderschaft angehörte - ebenso wie Leonardo da Vinci, Victor Hugo und Isaac Newton.

Bei ihren Recherchen stoßen Robert und Sophie immer wieder auf verborgene Zeichen und Symbole in den Werken Leonardo da Vincis, die zum einen auf den Heiligen Gral hindeuten, zum anderen die These stützen, dass Jesus Christus und Maria Magdalena einen gemeinsamen Sohn hatten. Beides würde die Grundfesten der Kirche erschüttern.

Erschwert wird die Suche der Wissenschaftler durch das Eingreifen der mysteriösen Organisation Opus Dei, die Roberts und Sophies Erkenntnisse unter allen Umständen unter Verschluss halten möchte - und dabei auch nicht vor Mord zurückschreckt.

(aus dem Klappentext)

Was zu sagen wäre
Sakrileg

Jetzt stand Sophie vor ihm, noch etwas atemlos vom Laufen. Im Licht der Leuchtstoffröhren stellte Langdon überrascht fest, dass ihre starke Ausstrahlung von weichen, weiblichen Zügen ausging. Lediglich ihr Blick war fest, unbeugsam und direkt. In ihren Augen zeigte sich jener reizvolle Gegensatz, der Langdon an die Vielschichtigkeit von Renoirs Porträtmalerei erinnerte - verschleiert, dennoch scharf, kühn, ohne die Aura des Geheimnisvollen zu verlieren.
aus The DaVinci Code von Dan Brown, Seite 95

Also, ich will niemandem die Laune verderben, aber von allen festen, dabei gebrochenen, weiblichen, dabei aber ihre Männlichkeit nicht verbergenden, sanften, dabei stets ihr Ziel im Auge behaltenden Frauen, die mir in Romanen von Robert Ludlum, Alistair MacLean oder jetzt Dan Brown über den Weg gelaufen sind, ist dieses wohl die schwachsinnigste Beschreibung einer Frau. Aber vielleicht bin ich auch nur mittlerweile zu alt für so einen Scheiß. Können 83 Milliarden Leser irren?

Ich habe „Sakrileg“ vom 14. bis 30. März 2006 gelesen. Einer dieser Romanthriller, um die man als Freund solcher Bücher 2005/2006 nicht herum kommt. Alle reden drüber, Hollywood-A-Klasse-Regisseur Ron Howard leitet die Verfilmung, Tom Hanks spielt die Hauptrolle und ein Kardinal im Vatikan wollte ihn im Sommer 2005 gerne verbieten lassen.

Und sie macht auch Spaß. Nicht wegen einer irgendwie gearteten Thriller-Handlung - die ist in etwa so erfrischend, wie die oben zitierte Personenbeschreibung: Es gibt die üblichen Andeutungen, die hunderte Seiten später aufgelöst werden. Es gibt sinistre Killer (der vorliegende Albino-Opus-Dei-Killer-Bruder könnte der Bruder des Illuminati-Killers sein). Es gibt Charaktere, die erst böse dann gut, bzw., erst gut dann schurkisch sind. Es gibt kurze Kapitel und Schauplatzwechsel immer in dem Moment, in dem sich eine Lösung anbahnt. Dazu kommen wahnwitzige Mord-Motive und bizarre Verschwörungen. Sowas halt. Und es gibt den Heiligen Gral. Dadurch wird’s interessant.

Dan Brown versichert in einem Vorwort, "sämtliche in diesem Roman erwähnten Werke und Architektur und alle Dokumente sind wirklichkeits- bzw. wahrheitsgetreu wiedergegeben", diePrieuré de Sion (Bruderschaft Sion) sei tatsächlich 1099 gegründet worden; 1975 seien in der Pariser Nationalbibliothek "Dokumente entdeckt worden, die unter der Bezeichnung Dossiers Secrets bekannt geworden" seien und "aus denen hervorgeht, dass eine Reihe berühmter Männer der Prieuré angehörten, darunter Sir Isaac Newton, Sandro Botticelli, Victor Hugo und Leonardo da Vinci". Will man da Browns Thriller-Hintergrund anzweifeln und in den Ruch geraten, sich doch auch nur von der katholischen Kirche blenden zu lassen? Natürlich nicht!

Und die Theorie, wonach Jesus und Maria Magdalena Kinder hatten, taucht immer wieder mal in Romanen und Sachbüchern auf. Der Leser bekommt also jede Menge Stoff aus Kunst, Naturwissenschaften und Religion geliefert, mit dem er auf der nächsten Party glänzen kann. Allerdings steht zu befürchten, dass die anderen Partygänger den Roman auch schon gelesen haben - 42 Millionen verkaufte Exemplare Anfang 2006 sprechen eine deutliche Sprache.

Die mäßig spannend geschriebene Story fasziniert durch die Ideen, die sich im Hirn des Lesers niederlassen: Wie hat die Kirche - in Person von Papst Klemens V. - zu ihrer Macht gefunden? Wie hat sie Jahrtausende alte heidnische Riten ausgelöscht? Wie hat sie die einstige Macht der Frau gebrochen? Brown behauptet, der Gral sei mitnichten dieser Kelch, mit dem man Jesu Blut aufgefangen hat. Tatsächlich sei der Gral Synonym für den Schoß der Frau, dem das Wunder des Lebens entspringt, und Geheimzeichen für Maria Magdalena, die verkannte Stammesmutter und Erbin uralter Traditionen. Ob das stimmt? Auf jeden Fall reizt "Sakrileg" dazu, mal in Sekundärliteratur zu stöbern, wie das denn war, damals, bevor die Katholiken das Zepter an sich rissen.

Kurz: "Sakrileg" ist ein langweilig geschriebener Thriller. Oder eine spannend geschriebene Fakten- und Gerüchtesammlung.