Zwei Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs zieht sich zwischen französischen und deutschen Truppen ein Schützengrabensystem vom Ärmelkanal bis zur Schweizer Grenze. Beide Seiten versuchen immer wieder vergeblich, sich durch äußerst verlustreiche Angriffe aus der verfahrenen Situation zu befreien. Diese Offensiven, die oft nur wenige Hundert Meter Bodengewinn bringen, kosten Hunderttausende Soldaten das Leben.
General Broulard überbringt seinem Untergebenen, dem Divisionskommandeur Mireau, den Befehl, einen Überraschungsangriff auf eine bislang von den Deutschen gehaltene Schlüsselstellung, den sogenannten Ameisenhügel (in der deutschen Fassung „Höhe 19“), zu starten. Mireau erklärt das Vorhaben für aussichtslos und verweist auf den schlechten Zustand seiner durch zahlreiche Kämpfe erschöpften Männer. Als ihm Broulard eine Beförderung nach erfolgreich ausgeführtem Befehl in Aussicht stellt, ändert Mireau allerdings rasch seine Meinung.
Mireau inspiziert seine Truppen, die von den Grabenkämpfen stark dezimiert und teilweise traumatisiert sind. Er informiert Colonel Dax, den Befehlshaber des 701. Regiments, über die befohlene Erstürmung und rechnet ihm vor, dass rund die Hälfte des Regiments gute Aussichten habe, die Festung der Deutschen zu erreichen. Diese soll eingenommen und gehalten werden, bis am Abend Verstärkung eintrifft. Dax sieht keine Erfolgsaussichten für das Unternehmen, erklärt sich jedoch bereit, den Angriff zu führen, nachdem Mireau Dax mit dem Entzug seines Kommandos gedroht hat.
Dax schickt einen nächtlichen Spähtrupp aus, um die gegnerischen Stellungen auszukundschaften …
Der Krieg ist nur eine schmutzige Angelegenheit, wenn Du im Schützengraben liegst. Wenn Du im abseits der Front gelegen Hauptquartier Strategien entwickelst, Befehle gibst und Karrieren förderst oder verhinderst, ist Krieg eine der schönsten Dinge der Welt.
13 Jahre nach Weltkriegsende, während die Auswirkungen des Krieges in Korea noch nicht absehbar sind, führt uns Stanley Kubrick ein Militärwesen vor, dem jeglicher Stolz abhanden gekommen ist. Es geht um persönliches Fortkommen, um Karriere auf dem Rücken anderer – es lebe die Befehlskette und die Disziplin. Die Disziplin, die die Armee eigentlich am Funktionieren halten soll, bricht die Armee auseinander, denn sie ersetzt – deutet der Film – den gesunden Menschenverstand.
Da soll ein Hügel eingenommen werden, von dem niemand sagen kann, wozu er eigentlich gut ist, außer, dass man halt schon seit einem Jahr um ihn kämpft. Das soll mit einer Kompanie geschehen, die dazu augenscheinlich weder physisch noch psychisch in der Lage ist. Das ist unvernünftig. Die Disziplin der Armee aber verbietet es, das laut zu sagen, will man nicht Bestrafung fürchten.
Es ist ein sarkastischer Film, in dem ein kommandierender General die Pracht des Schlosses, in dem er residiert, damit begründet, dass er „für Schreibtischarbeit eben ein gewisses Ambiente“ benötige, also Marmor, Porzellan, Prunk und Gesinde; während die Männer, die die Befehle des Generals umsetzen sollen, im Dreck hausen, buchstäblich. Kubrick spielt mit diesen harten Kontrasten und zeigt ein bemerkenswertes Stilbewusstsein.
Durch den ganzen Film entwickeln sich harte Szenenwechsel, die in einer willkürlich getroffenen Auswahl an Delinquenten gipfelt. Drei Soldaten sollen stellvertretend wegen "Feigheit vor dem Feind" hingerichtet werden. Egal wer, egal, ob er feige war; aber drei sollen es sein. „Soldaten sind nur Tiere und müssen als solche behandelt werden“, zischt Général Broulard seine Haltung bei einer Tasse Tee, und also schickt ein Gruppenführer seinen Widersacher in den Tod, ein anderer würfelt den Delinquenten aus, der dritte wählt einen als „asoziales Element“ bezeichneten Kameraden aus.
Das Militär lebt von quasi höfischer Etikette und den ihr innewohnenden Intrigen. Es ist eine in sich geschlossene Welt mit eigenen Regeln, in denen das Individuum auf jeder Ebene des Daseins fremden, unkontrollierbaren Einflüssen ausgesetzt ist. Kubrick inszeniert alles in allem drei Schauplätze: das Schloss der Generalität, der Schützengraben und der Exekutuinsplatz. Für jeden der drei Schauplätze entwickelt er einen eigenen visuellen Stil. Im Schloss kreist eine fließende Kamera sanft um die parlierenden Offiziere, deren freundliches Parlando über ihre Intrigen hinwegtäuschen soll. Die Gestaltung des Marmorboden, auf dem sie wandeln, erinnert an ein Schachbrett – das Schloss als Schlachtfeld der Generäle, die ihre Soldaten wie Bauern beim Schach ins Feuer schicken.
Die kreisenden Bewegungen der Kamera im Schloss kontrastieren die hart geschnittenen, kantigen, hektischen Bilder im Schlamm der Schützengräben und auf dem Schlachtfeld, wohin Colonel Dax seine Männer in den sicheren Tod schickt. Wo auf dem Schachbrett im Schloss Bauern für den Sieg geopfert und Karrieren forciert werden, führt das draußen im Schlamm der Realität zu Tod und Verderben durch unbedingten Gehorsam.
Das Kriegsgericht und die Exekution wirken mit den in Reihen aufgestellten Soldaten formal und symmetrisch. Das vermittelt Ordnung und Kontrolle, im Gegensatz zum Chaos des Krieges in den Schützengräben – obwohl sich beides als Form des sinnlosen Mordens erweist. Hier inszeniert Kubrick eine monströse Gleichgültigkeit der Generäle: Nach ihrer Verurteilung erhalten die Gefangenen keine Henkersmahlzeit, weil die Lebensmittel rationiert sind, während die Offiziere an einer üppig bestückten Tafel speisen und Walzer in dem Saal tanzen, in dem das Kriegsgericht getagt hat – bei dem nicht einmal die formelle Anklageschrift verlesen wurde, weil das Todesurteil von vornherein feststand. Beim Essen nach der Hinrichtung sagt Général Moreau: „Die Männer starben wundervoll. Man muss schließlich immer damit rechnen, dass einer etwas tut, was unappetitlich ist.“
Menschlichkeit hat keinen Platz in einer Welt, die von Menschen beherrscht wird. Mit diesem Gedanken sollte der Film eigentlich enden: Colonel Dax lehnt eine Beförderung aus Gewissensgründen ab und wird von Général Broulard wegen seines „Idealismus'“ geschmäht. Aber das war Kubrick und seinem Co-Autor Calder Willingham dann doch zu seicht. Sie schrieben eine neue Schlussszene, in der Dax beobachtet, wie die Soldaten ein deutsches Mädchen, das auf der Bühne in einer Kneipe steht, verspotten. Dann singt das Mädchen ein deutsches Volkslied, dessen Schönheit alle berührt. Als Dax sieht, wie seine Soldaten nach und nach in den schönen Gesang einstimmen, erkennt er, dass doch nicht der Général mit seinem „Soldaten sind Tiere“ Recht hat, und dass er tatsächlich für die Menschlichkeit kämpfen und seinen Idealismus bewahren soll.
Der Romanvorlage von Cobb liegt ein historisches Ereignis zugrunde. Am 10. März 1915 hatten sich die Soldaten einer bereits schwer dezimierten Kompanie geweigert, in einer militärisch aussichtslosen Situation noch einmal aus ihren Schützengräben zu klettern und erneut eine schwer befestigte deutsche Stellung in Souain im Département Marne anzugreifen. Der kommandierende französische Général Géraud François Gustave Réveilhac hatte daraufhin seiner Artillerie befohlen, das Feuer auf die eigenen Stellungen zu eröffnen, was der verantwortliche Artilleriekommandant Colonel Bérubéden aber verweigerte. Eine Woche später, am 16. März 1915, wurden vier zufällig ausgewählte Korporale (die später so genannten Caporaux de Souain) in einem eintägigen Kriegsgerichtsverfahren wegen Befehlsverweigerung zum Tode verurteilt und am folgenden Tag erschossen, um an ihnen ein Exempel zu statuieren.
Die Kinofilme von Stanley Kubrick
Stanley Kubrick (* 26. Juli 1928 in New York; † 7. März 1999 im Childwickbury Manor bei London) war ein US-amerikanischer Regisseur, Produzent und Drehbuchautor. Seine Filme werden vor allem für ihre tiefe intellektuelle Symbolik und ihre technische Perfektion gelobt. Kubrick versuchte, das Medium selbst zu erforschen, indem er jedes Genre analytisch zerlegte, um seine Bestandteile zu etwas Neuem zusammenzusetzen. Der Regisseur war aber auch berüchtigt dafür, jede Szene bis ins kleinste Detail zu perfektionieren und dabei die Schauspieler bis an ihre psychischen und physischen Grenzen zu führen.
Authentizität, Kälte, Ehrlichkeit, Realität, Traum, Triebe sind die wohl wichtigsten Schlagwörter im Zusammenhang mit Kubricks Werken. Filmschaffende und -kritiker zählen ihn zu den bedeutendsten Filmemachern aller Zeiten.
- Fear and Desire (1953)
- Der Tiger von New York (1955)
- Die Rechnung ging nicht auf (1956)
- Wege zum Ruhm (1957)
- Spartacus (1960)
- Lolita (1962)
- Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964)
- 2001: Odyssee im Weltraum (1968)
- Uhrwerk Orange (1971)
- Barry Lyndon (1975)
- Shining (1980)
- Full Metal Jacket (1987)
- Eyes Wide Shut (1999)