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Plakatmotiv: Der Tod kennt keine Wiederkehr (1973)

Parodie auf Philip Marlowe,
deren Ziel im Dunkel bleibt

Titel Der Tod kennt keine Wiederkehr
(The Long Goodbye)
Drehbuch Leigh Brackett
nach dem Roman "Der lange Abschied" von Raymond Chandler
Regie Robert Altman, USA 1973
Darsteller

Elliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell, Henry Gibson, David Arkin, Jim Bouton, Warren Berlinger, Jo Ann Brody, Stephen Coit, Jack Knight, Pepe Callahan, Vincent Palmieri, Pancho Córdova, Enrique Lucero u.a.

Genre Crime, Drama
Filmlänge 112 Minuten
Deutschlandstart
2. November 1973
Inhalt

Privatdetektiv Philip Marlowe lebt in Los Angeles in den 1970er Jahren. Eines Abends erhält er Besuch von seinem Freund Terry Lennox, der ihn darum bittet, ihn mit dem Auto außer Landes nach Mexiko zu bringen. Nachdem Philip seinem Kumpel geholfen hat, wird er bei seiner Rückkehr von der Polizei empfangen, die ihn auch gleich verhaftet.

Terrys Frau Sylvia ist tot, Terry wird des Mordes verdächtig und Philip soll ihm bei seiner Flucht geholfen haben. Als die Polizei die Nachricht bekommt, dass Terry Selbstmord begangen und ein schriftliches Geständnis abgelegt hat, ist der Fall für sie erledigt und der zu Unrecht inhaftierte Privatschnüffler wird freigelassen.

Danach überschlagen sich die Ereignisse: Marlow erhält von Eileen Wade den Auftrag, ihren alkoholabhängigen Mann Roger wiederzufinden. Parallel dazu wird Philip von dem Gangster Marty Augustine bedroht, der ihn dazu zwingt, 350.000 Dollar wiederzubeschaffen, die Terry mit über die Grenze nahm …

                             Plakatmotiv (US): The Long Goodbye – Der Tod kennt keine Wiederkehr (1973)

Was zu sagen wäre

Philip Marlowe in Farbe. 27 Jahre, nachdem Howard Hawks Raymond Chandlers "The Big Sleep", den ersten Fall von Rivatdetektiv Philip Marlowe, verfilmt hat, verfilmt Robert Altman ("Spiegelbilder" – 1972; "McCabe & Mrs. Miller" – 1971; M.A.S.H. – 1970) den sechsten Marlowe-Fall "The Long Goodbye". Altman stützt sich auf ein Drehbuch von Leigh Brackett, die auch vor 27 Jahren schon am Script mitgearbeitet hat. "The Long Goodbye" hat Chandler 1953 geschrieben, mehr als zehn Jahre nach "The Big Sleep", der damals neben Dashiell Hammetts "The Maltese Falcon" das Genre des Hard-Boiled-Detektivs begründete. Mittlerweile, 1953, war der Markt mit solchen Figuren überschwemmt, der zynische Detektiv zum Klischee verkommen. Chandler hatte seine Figur daher gewandelt – sentimental, beinah ritterlich, der Zynismus schimmert nur manchmal noch durch. Seinem Freund Lennox hilft er ohne Bezahlung.

Robert Altman holt nun diesen gewandelten Privatdetektiv aus den späten 40er Jahren auch noch in die frühen 70er, ins glitzernde Südkalifornien, das den Summer of love noch nicht aus den Kleidern geschüttelt hat. Sein Marlowe ist aber in den 40ern hängen geblieben. Er trägt altmodische schwarzen Anzug mit Krawatte – „Die Krawatte lege ich nicht ab.“ „Machen Sie doch, was Sie wollen.“ – fährt einen 1949er-Lincoln und hält Werte wie Ehre und Freundschaft hoch. Fehlt eigentlich nur der Borsalino auf dem Kopf. Elliot Gould (M.A.S.H. – 1970) spielt den Marlowe als Karikatur. Plakatmotiv: Der Tod kennt keine Wiederkehr (1973) Er ist Kettenraucher, der einzige Raucher im Film, lässt sich von einem Hund bedrohen und kann nicht mal seiner Katze die falsche Katzenfuttermarke unterjubeln. Altmans Marlowe ist ein Verlierer. Immer noch eine Spürnase, die nicht locker lässt und den Fall schließlich löst, aber in diesem sonnigen Kalifornien unter all den selbstsüchtigen, wegen der Liebe über Leichen gehenden Leuten ist er fehl am Platz. Gould macht die Figur aber nicht lächerlich, spielt mit Respekt den Gleichmut, mit dem Marlowe die Schicksalsschläge nimmt wie sie kommen, sich kein X für ein U vormachen lässt und am Ende eine Entscheidung fällt, die der Romanvorlage ebensowenig entspricht, wie andere entscheidende Wendungen in der Handlung.

Altman präsentiert eine Parodie auf die Hard-Boiled-Figuren der Chandler- und Hammett-Jahre und dafür musste Leigh Brackett Chandlers Romanvorlage umdichten. Wirklich gelungen ist die Aktion nicht. Eine 40er-Jahre-Figur in die 70er zu setzen und sie dort agieren zu lassen, als sei sie in den 40ern ist eine interessante Was-wäre-Wenn-Geschichte. Aber Altmans Marlowe wirkt nur wie ein Mann aus den 40ern, ist aber tatsächlich einer aus seiner Zeit und da fragt man sich, wie der Mann eigentlich seinen Lebensunterhalt verdient, wenn nicht gerade ein Freund mit einem Fall an die Tür klopft, welche Lebensumstände ihn zu dieser Fantasiefigur gemacht haben, die er ist. Zu einem eigenständigen Leben ist er kaum in der Lage. Die in diesen Geschichten unerlässliche Femme Fatal ist kein bisschen fatal. Ja, sie ist blond, mit einem trinkenden Ehemann geschlagen, den Sterling Hayden (Der Pate – 1972; Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben – 1964; Die Rechnung ging nicht auf – 1956; Wenn Frauen hassen – 1954; Asphalt-Dschungel – 1950) mit der Wucht eines mittleren Orkans spielt, letztlich aber nur Leidtragende der Umstände, während sie in der Romanvorlage noch die kalte Auslöserin der Ereignisse ist. Die Dänin Nina van Pallandt spielt Eileen als freundlich lächelnde Gastgeberin ohne zweite Ebene.

Der Film ist auf akademischer Ebene wegen des 40er-Jahre/70er-Jahre-Experiments und wegen des Versuchs einer Parodie interessant. Aber im Kinosessel wirkt der Versuch, die dem Genre zugeschriebenen Klischees zu sprengen und neu zusammenzusetzen, bemüht. Ich schaue zu, grinse hier und da, denke auch mal „Hoppla, der war gut“. Aber wenn sich im Finale der Sinn des Filmtitels enthüllt – "The long Goodbye" oder "Der Tod kennt keine Wiederkehr" – und Marlowe seine Konsequenzen zieht, gibt der Film, der eine Parodie sein will, lediglich eine Romanfigur der Lächerlichkeit preis, die nie den Anspruch erhoben hat, in die 70er Jahre katapultiert zu werden.

Wertung: 5 von 8 D-Mark
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