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Plakatmotiv: Das Spukschloss im Spessart (1960)

Eine knallbunte Fortsetzung, die
die Gagdichte nach oben schraubt

Titel Das Spukschloss im Spessart
Drehbuch Günter Neumann & Heinz Pauck
Regie Kurt Hoffmann, BRD 1960
Darsteller

Liselotte Pulver, Heinz Baumann, Hanne Wieder, Elsa Wagner, Herbert Hübner, Ernst Waldow, Hubert von Meyerinck, Hans Clarin, Paul Esser, Hans Richter, Curt Bois, Georg Thomalla u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 101 Minuten
Deutschlandstart
15. Dezember 1960
Inhalt

Den Räubern im Spessart ist es schlecht ergangen. Sie wurden im Keller des Wirtshauses im Spessart lebendig eingemauert. Erst in der Bundesrepublik der Wirtschaftswunderzeit wird die Wirtshausruine abgerissen, weil eine Autobahn durch den Spessart gebaut werden soll. Den Geistern der Räuber gelingt es so, zu entkommen. Zuflucht suchen sie in einem Schloss in der Nähe, in dem die junge Gräfin Charlotte von Sandau lebt. Die Geister können erst erlöst werden, wenn jeder von ihnen eine gute Tat begangen hat.

Die Wirtschaftslage des Schlosses ist desolat, und Gräfin Charlotte steht kurz vor der Pleite. In dieser Situation erscheint Oberregierungsrat von Teckel, ein Nachfahre des Polizeimajors von Teckel, der die Räuber einst gefangen genommen hatte. Er macht der Gräfin den Vorschlag, kraft seines Bonner Amtes einen ausländischen Staatsgast im Schloss unterzubringen, den Prinzen Kalaka aus Celebresien. Gleichzeitig spioniert im Schloss der Sohn eines Bauunternehmers herum, der das Schloss in ein Luxushotel umbauen will.

Als die Geister den Schmuck des Prinzen stehlen, wird Gräfin Charlotte als Diebin verhaftet und die Geister müssen, um sie freizubekommen, die Obrigkeit von ihrer Existenz überzeugen

Was zu sagen wäre

Von sowas wie dem Überraschungsfilm Das Wirtshaus im Spessart konnten die deutschen Kinobesucher gar nicht genug bekommen und also gab es schon zwei Jahre später so eine Art Fortsetzung, 120 Jahre nach dem Räuberhauptmann. Und Kurt Hoffmann und seine Autoren Günter Neumann und Heinz Pauck werden mutiger.

War die Parodie auf die Obrigkeit im Wirtshaus noch eher zurückhaltend ausgeprägt, geht es hier zur Sache. Geist Katrin darf vor ihren Mitgeistern, denen der hungrige Magen knurrt, ungehemmt davon träumen, es einem Mann zu besorgen, weil bei ihr „auch was knurrt“, da darf die Hausherrin ihren Schlossführer loben, dass er zwar lauter Unsinn erzählt habe, „aber die Leute glauben ja alles, vor allem, wenn es von einem Führer kommt“. Hubert von Meyerinck darf als hoher Bonner „Oberregierungsrat von Teckel, Bundesbeauftragter zur Pflege und Förderung auswärtiger Beziehungen im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik“, wieder hemmungslos chargieren und das politische Deutschland durch den Kakao ziehen; dem erwarteten Prinzen Kalaka, den Hans Clarin mit braun geschminkten Gesicht als polternden Derwisch interpretiert, der eine sonderbare Sprache spricht und „enormi appetiti erotiki“ kundtut, attestiert der Oberregierungsrat, „er hasst den Kommunismus, den Kapitalismus, den Sozialismus, Deutschland, aber was soll's? Wir sind zwar ein armes Land, aber Geld spielt keine Rolle.

Nur Liselotte Pulver muss sich wieder auf spitzbübischen Charme reduzieren lassen. Sie trägt zwar den schönen Namen Charlotte und lebt auf einem Schloss, erscheint aber mit Kurzhaarfrisur und ausgezehrt von der vielen Arbeit im Haus. Es wirkt in diesen Spessartfilmen, als versuchten die männlichen Regisseure, immerhin Virtuosen des Visuellen, ihr ihre atemberaubende Schönheit zu nehmen und zu dieser harmlos fröhlichen Piroschkafigur zu degradieren, „immer jung und süß und 17 Jahre“, wie es in dem Film von 1955 heißt. Die Nachkriegsdeutschen in ihrem spießig aufstrebenden Wirtschaftswunderland lieben halt ihre Fräuleinfantasie, alterslos, burschikos und nahbar. Daran haben auch Erfolge in der Theaterhochkultur und im Hollywoodkino nichts geändert. Nicht die Remarque-Verfilmung von "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" aus dem Jahr 1958. Auch nicht Helmut Käutners Dreieckskomödie Die Zürcher Verlobung von 1957 oder, noch im selben Jahr, die Kurt-Hoffmann-Verfilmung von Thomas Manns "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull".

Kurt Hoffmanns Grusical ist eine wilde Mixtur aus schlüpfrigen Witzen, Spezialeffekten, Gesangseinlagen und Seitenhieben gegen Kapitalisten, Altnazis und Beamte. Der Kampf der braven Familie gegen die Enteignung gehört zu den Standards im deutschen Lustspiel der Wirtschaftswunderjahre, denn dieser Kampf wird ja auch – oh Wunder – immer gewonnen, dient hier aber eigentlich nur dazu, all die Witze unterzubringen, die sich Hoffmann und seine Autoren zutrauen. Manches schießt über den guten Geschmack und andere Ziele hinaus, auch das Finale darf eher als verstolpert erzählt betrachtet werden, aber es bleibt die Erinnerung an zwei amüsante Stunden im Kino.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
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