Die US-Regierung der nahen Zukunft knickt in ihrer Strategie zur Bekämpfung der allgegenwärtigen Kriminalität stundenweise ein. Um die Verbrechensrate niedrig zu halten, schlägt sie Verbrechern einen besonderen Deal vor: Einmal pro Jahr wird ihnen eine 12-Stunden-Immunität eingeräumt. Innerhalb dieses Zeitfensters drücken die Hüter des Gesetzes beide Augen zu. Während sich die Täter mit dieser Situation gerne arrangiert haben und die Akte der Gewalt übers Jahr gesehen massiv abgenommen haben, leben die potentiellen Opfer in dieser Nacht in Angst und Schrecken – zu Recht.
Kurz vor der blutigen Purge-Nacht machen es sich James Sandin und seine Frau Mary gemeinsam mit den beiden Kindern Charlie und Zoey im trauten Heim gemütlich. Pünktlich zu Beginn der Säuberung schotten sie sich dank des von James erfundenen und erfolgreich vermarkteten Sicherheitssystems von der Außenwelt ab. Doch Charlie sieht auf den Monitoren der Videoüberwachung, wie ein unbekannter Mann vor ihrem Haus um sein Leben rennt und ein Versteck sucht, da er von einer Gruppe Bewaffneter verfolgt wird.
Charlie will ihm helfen, er öffnet die Verriegelung und ahnt nicht, was er damit anrichtet …
Ein Film, der bittere Satire sein möchte, seinen menschenverachtenden Kern aber nicht verhehlen kann. Die zentrale Figur ist ein afroamerikanischer Obdachloser, den der Sohn der durch Sicherheitssysteme reich gewordenen Familie ins Haus lässt, weil er so gekonnt um Hilfe bittet. Da ist die Erinnerung an mexikanische Flüchtlinge in Gods own Country, die Verknüpfung zu Flüchtlingen, die allmonatlich im Mittelmeer ertrinken, augenfällig: Hier die armen Schutz Suchenden, dort die Reichen, die sich abschotten, weil sie die schwitzenden Schmarotzer nicht haben wollen.
Das Leben im abgeriegelten Haus geht seinen friedlichen Gang. Bis der unbekannte Obdachlose ins Haus gelassen wird, ein Mensch, der nicht in diese schicke Villengegend gehört. Das bringt eine Gruppe junger Weißer gegen unsere Musterfamilie auf. Wenige Minuten später erweist sich das so ausgeklügelte Sicherheitssystem als überhaupt nicht sicher; die Panzerwände können einfach aus ihrer Verankerung gerissen werden. Und weil die Türen dann schon mal offen sind, hängen sich auch gleich die Nachbarn an den wütenden Mob an, weil sie neidisch sind auf das viele Geld der Musterfamilie, das diese mit der Einrichtung der Sicherheitssysteme bei eben diesen Nachbarn gemacht hat. Übersetzt heißt das: Wer Fremde ins Haus/ins Land lässt, holt sich den Ärger gleich mit. Allerdings nicht einen Ärger durch die Fremden.
Der Fremde ist nur der Katalysator für die ohnehin schwelenden Aggressionen der Wohlstandsmenschen untereinander und so entpuppt sich die Purge-Night als etwas für die weiße Oberschicht, die sich endlich und straffrei an Nachbarn rächen können, die sich eine größere Garage leisten können.
Das alles hätte ein sehr guter, historischer, die Kinogewohnheiten überdauernder Film werden können. Aber Ethan Hawke als Familienoberhaupt ist gewohnt blass ("Before Midnight" – 2013; Total Recall – 2012; Gesetz der Strasse – Brooklyn's Finest – 2009; Training Day – 2001; Schnee, der auf Zedern fällt – 1999; Große Erwartungen – 1998; Gattaca – 1997; Reality Bites – Voll das Leben – 1994; "Der Club der toten Dichter" – 1989; Explorers – Ein phantastisches Abenteuer – 1985). Und die anderen Schauspieler, unter denen Lena Headey noch eine gewisse Prominenz besitzt, sind so austauschbar wie Toilettenpapier. Völlig egal.
Ein großer Quatsch, ausgelöst durch einen Jungen, der in einer betont und gewollt blutigen, also lebensgefährlichen Nacht einen zwielichtigen Fremden ins Haus lässt, und einen Vater, der mit einem unsicheren Sicherheitssystem reich geworden ist. Ein kluger Autor und ein cleverer Regisseur hätten daraus ein Jahrzehntwerk machen können.
James DeMonaco hat daraus lediglich dem nachbarschaftlichen Furor am Gartenzaun Feuer gegeben. Endlich dürfen wir dem Typen nebenan in seiner Protzvilla eins einschenken!
Darf's vielleicht ein bisschen intelligenter sein?