IMDB

Plakatmotiv: Alarmstufe: Rot 2 (1995)

Bild-Effecte-Overkill ohne echte Menschen
mit einer Dramaturgie aus dem Setzkasten

Titel Alarmstufe: Rot 2
(Under Siege 2: Dark Territory)
Drehbuch Richard Hatem & Matt Reeves
mit Charakteren von J.F. Lawton
Regie Geoff Murphy, USA 1992
Darsteller

Steven Seagal, Eric Bogosian, Everett McGill, Katherine Heigl, Morris Chestnut, Peter Greene, Patrick Kilpatrick, Scott Sowers, Afifi Alaouie, Andy Romano, Brenda Bakke, Sandra Taylor, Jonathan Banks, David Gianopoulos, Royce D. Applegate, Nick Mancuso, Christopher Darga, Don Blakely u.a.

Genre Action
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
7. September 1995
Inhalt

Der frühere Navy-SEAL Casey Ryback reist mit seiner Nichte Sarah Luxus-Zug Grand Continental zum Grab von Sarahs verstorbenem Vater. Auf der Strecke von Denver nach Los Angeles quer durch die Rocky Mountains wird der Zug von einer Söldnertruppe unter Führung des Computergenies und ehemaligen Regierungsmitarbeiters Travis Dane entführt.

Dane hat einen CIA-Satelliten unter seine Kontrolle gebracht, der auf Knopfdruck die Erde beben lassen kann, und errichtet hier seine Kommandozentrale. Er fordert eine Milliarde Dollar – sonst geht das Pentagon samt Washington zu Bruch. Während Dane eine Kostprobe seiner Macht präsentiert, kann sich Casey verstecken und einen Schurken nach dem anderen ausschalten. Ihm bleiben 45 Minuten, um 200 Geiseln zu retten, denn ihre Bahn befindet sich geradewegs auf Kollisionskurs mit einem anderen Zug …

Was zu sagen wäre

Wer ein mit Atomraketen bestücktes Kriegsschiff aus den Händen von Profikillern befreien kann, der kann auch einen durch wildromantische, aber unwirtliche Berge und Schluchten dahin rasenden Zug voll mit Geiseln von ein paar großmäuligen Killern befreien: Casey Ryback ist zurück, der Koch und Navy-SEAL aus Alarmstufe: Rot (1992). Und in der Küche, so sagt er einem gerade fachgerecht zerlegten Schurken, „bin ich einfach unschlagbar“.

Es geht um einen brillanten Tüftler, der einen Satelliten entwickelt hat, mit der man überall auf der Welt Erdbeben auslösen kann, unter Giftgasfabriken in China ebenso, wie unterm Pentagon in Washington, wo sich ein streng geheim gehaltener Atomreaktor befinden soll. Man kann damit auch Flugzeuge von Himmel holen, man kann alles zerstören, wofür gesichtslose Potentaten im arabischen oder russischen oder asiatischen Raum bereit sind, hunderte Millionen Dollar zu bezahlen. Dieser Tüftler hat seinen Satelliten für die CIA entwickelt, die dafür von irgendwo abgezweigte Millionen frei gemacht hat – die Regierung im Capitol sollte davon nichts mitbekommen, die ist der CIA viel zu friedlich und menschenfreundlich gesinnt (diese Witzfigur-Bürokraten in Uniform gehörten ja schon im Original zum ausschmückenden Beiwerk). Dann hat die CIA den Tüftler eines Tages gefeuert, weil er doch zu irre war um noch kontrolliert werden zu können. Und jetzt rächt der sich. An der CIA. An Washington. An der ganzen Menschheit.

Die Ausgangssituation dieses Actionfilms ist dem Genre angemessen gaga. Das ist ja der Held der Geschichte, der ununterbrochen unter, über, neben und manchmal auch durch den über Schluchten dahin donnernden Luxuszug balanciert, als befinde er sich in einer Einkaufsstraße, wo er mal hier hinein, mal dort hinein schaut, ja auch. Auf dem Kriegsschiff vor drei Jahren hatte er das zumindest hübsch anzuschauende Ex-Playmate Erika Eleniak neben und hinter sich her rennen. Diesmal ist es der farbige Gepäckträger Bobby, dessen Kodderschnauze keine Sekunde still steht. Er soll den Comic Relief in einem Film bieten, der solche befreiten Schmunzler nicht braucht. So aufregend ist die Spannung in dem für klaustrophobischen Actionthrill an sich ja prädestinierten Schauplatz nicht. Wenn es mal unfassbar furchtbar wird auf der Leinwand, merken wir das schon zuverlässig daran, dass ein ranghoher Militär mit starrem Blick „Mein Gott!!“ stöhnt oder Machermäßig bellt: „Geben Sie mir den Präsidenten!“.

Regisseur Geoff Murphy (Freejack – Geisel der Zukunft – 1992) dreht durchgängig im still stehenden Studio. Alles, was aussieht, als stecke man in einem rasenden Zug, ist mit Bluescreen-Technik in den abgedrehten Film eingebaut worden. Das sieht manchmal gut aus und sorgt für einige rasante Actionszenen. Aber man sieht es eben in vielen Szenen auch, lange und deutlich. Wenn schließlich Steven Seagal ("Auf brennendem Eis" – 1994; Alarmstufe: Rot – 1992; Zum Töten freigegeben – 1990; "Nico" – 1988) durch einen auf einer einbrechenden Eisenbahnbrücke in die Tiefe stürzenden, sich in seine Einzelteile zerlegenden, explodierenden Zug Richtung Rettung tänzelt, weil ihm der Regisseur in dem mit blauem Tuch ausgekleideten Filmstudio gesagt hat, er solle jetzt mal so tun, als würde er vor etwas davon laufen, damit aber Seagal an seine schauspielerischen Grenzen bringt, hat der Film einen Grad an Comedy erreicht, dem eher ein bisschen Thrill gut täte.

Rybacks Gegenspieler ist auch ein ehemaliger Elitesoldat. Marcus Penn. Weißhaarige Kurzhaarfrisur, stechender Blick, knurrige Stimme. Ein Typ, der mit schon zu blutigem Brei vermöbeltem Gesicht noch faucht „Ich mach' Dich fertig“, nur um im nächsten Moment mit ausgekugeltem Arm und gebrochenem Genick am Boden zu liegen. Steven Seagals Koch-Figur ist ja vor allem deshalb so beliebt, dass es für eine Fortsetzung gereicht hat, weil er mit flinken Fingern aus Senfsoße, Butter und Olivenöl eine Bombe bastelt und seine Widersacher cool und ohne Schramme zur Sau macht. An dieser Kunstfertigkeit rüttelt Geoff Murphy nicht.

Als kriminelles Mastermind Travis Dane tritt Eric Bogosian ("Dolores" – 1995; "Talk Radio" – 1988) auf, der mit Wonne einen leidenschaftlichen Weltenzerstörer und Cyberterroristen spielt, der mit der fröhlichen Begeisterung eines Jungen vor dem Chemiebaukasten einer Geisel, von der er Informationen braucht, erklärt: „Lehn dich mal zurück und beobachte, was es heißt, wenn eine extrem heiße Nadel in die Pupille eines der schönsten Augen der Welt eindringt. Die Nadelspitze wird die Netzhaus ohne große Schwierigkeiten durchbohren. Die Hitze versiegelt zwar sehr schnell diese Wunde, aber trotzdem überträgt das Instrument auch weiterhin Hitze auf die Flüssigkeit des Augapfels. Die Flüssigkeit fängt irgendwann an zu kochen und der Augapfel wird dann explodieren.“ Des Tüftler Danes Ende ist entsprechend vielseitig.

Es ist nicht so, dass man mit "Under Siege 2: Dark Territory" an einem späten Donnerstagabend nach ein paar Flaschen Bier auf dem Sofa nicht seinen Spaß haben kann. Aber nicht im Kino. Nicht mit diesen geschwätzigen Profikillerdarstellern. Nicht mit diesen papiernen Dialogen von hochdekorierten Offizieren. Und vor allem nicht mit diesem untalentiert plappernden Kofferträger, der wegen sexueller Übergriffigkeit bereits nach fünf Minuten aus dem Zug geworfen gehört.

Wertung: 3 von 10 D-Mark
IMDB