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Plakatmotiv: Der Fischer und seine Frau (2005)

Amüsante Sezierung
alltäglicher Träume

Titel Der Fischer und seine Frau
Drehbuch Doris Dörrie
nach dem gleichnamigen Märchen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm
Regie Doris Dörrie, Deutschland 2005
Darsteller

Alexandra Maria Lara, Christian Ulmen, Simon Verhoeven, Zoe Hüttenhain, Adrian Scherschel, Oliver Heckner, Melanie Lauer, Harald Schröpfer, Eva Christian, Valentin Platareanu, Ulrike Kriener, Elmar Wepper, Carola Regnier, Tanja Schleiff, Eva-Maria Kurz, Rafael Meyer, Gustav-Peter Wöhler, Yvonne Yung Hee Bormann u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
27. Oktober 2005
Inhalt

An einer Bushaltestelle in Japan trifft die Modedesignerin Ida auf Otto und Leo, zwei Tierärzte, die in Japan wertvollen Koi-Karpfen kaufen und verkaufen. Es dauert nicht lange und sie verliebt sich in Otto.

Das Paar heiratet noch in Japan. Zur Hochzeit bekommen sie einen japanischen Glücksbringer geschenkt, der ihnen Glück und Wohlstand verspricht. Zurück in Deutschland sieht die Realität allerdings ganz anders aus: Sie wohnen in Ottos Wohnwagen und kommen gerade so über die Runden.

Da Ida ein Kind erwartet, möchte sie so bald wie möglich raus aus der Enge und findet eine kleine, gemütliche 2-Zimmer-Wohnung. Während sich Otto mit Kind und Koi zufrieden gibt, träumt Ida weiterhin von einem besseren Leben und arbeitet unablässig an ihren Kreationen. Nach ihren ersten Erfolgen zieht die Familie in ein größeres und luxuriöseres Apartment, doch Ida ist unersättlich und droht alles zu verlieren …

Was zu sagen wäre

Höher, Schneller, Weiter lautet das olympische Mantra und Höher, Schneller, Weiter lautet heute auch das Ideal für ein glückliches Leben, wie es uns die VaterMutterTochterSohn-Familie am Frühstückstisch im eigenen Garten in der Margarinewerbung allabendlich im Fernsehen vorführt. Doris Dörrie zeigt, wie verlogen dieses Zerrbild ist (Nackt – 2002; Erleuchtung garantiert – 1999; ¿Bin ich schön? – 1998; Happy Birthday, Türke! – 1992; "Ich und er" – 1988; Paradies – 1986; Männer – 1985; "Mitten ins Herz" – 1983). Um nicht in die Klischeefalle zu laufen, dreht sie die Geschlechterrollen um und orientiert sich an Grimms Märchen um den Fischer und dessen Frau.

Als erstes fällt plötzlich auf, wenn ich den Inhalt lese, dass der Wunsch der Frau nach immer mehr negativ konnotiert ist. Während es völlig normal ist, wenn Männer immer mehr wollen, mehr Geld, mehr Ansehen, mehr Macht, stammt die Märchenvorlage aus einer Zeit, als die Frau sich auf Haushalt und Brutpflege zu bescheiden hatte, während der Mann fremde Länder eroberte. Von Länder erobern ist der Mann in Doris Dörries Film weit entfernt. Er heißt Otto und ist zufrieden mit dem was er hat. Er liebt Koi-Karpfen und kommt über die Runden. Seine Frau Ida denkt nicht an Haushalt und Brutpflege, hat aber eine Modekollektion entworfen, die überraschend auf große Begeisterung stößt und nun kommt sie mit dem Nähen gar nicht hinterher und dann ist sie auch noch schwanger. Dass sie da nicht in der kleinen Bude hocken bleiben möchte, in der beide gerade leben, ist nachvollziehbar, also ziehen sie zuerst aus Ottos Wohnwagen in die kleine Bude und von da in eine 16tel-Haus-Hälfte mit Handtuch-Garten („Das hier ist Hamsterrad“, sagt Otto) und von da in eine große Villa. Ida ist geschäftlich irre erfolgreich, aber unzufrieden: Wenn doch nur Otto endlich auch mal was machen würde. Dabei macht Otto. Er managt den Alltag, kümmert sich ums Kind und hat auch noch Glück, weil ihm ein Koi gehört, der 350.000 Dollar wert ist – die ihn gar nicht interessieren, weil ihm der Kai so gut gefällt. Otto also ist zufrieden im Hier und Jetzt, Ida gestresst, weil sie immer nach dem Dort und Dann strebt. Glücklich werden beide nicht. Ida verzweifelt an ihrem vermeintlich inspirationslosen Gatten. Er verzweifelt daran, dass seine Gattin einfach keine Ruhe gibt. Das Grundmuster ist das der klassischen Ernährer-Ehe, nur dass der Film von einer Ernährerinnen-Ehe erzählt.

"Der Fischer und seine Frau" macht da weiter, wo Dörrie mit Erleuchtung garantiert und Nackt angefangen hat. Mit amüsiertem Blick seziert sie Paar-Routinen und Lebenslügen und verlässt sich dabei auf engagierte Schauspielerinnen und Schauspieler. Alexandra Maria Lara ("Vom Suchen und Finden der Liebe" – 2005; "Der Untergang" – 2004), die wie in Nackt immer noch zu schnell spricht, taumelt glaubhaft zwischen großäugiger Verliebtheit und zickiger Gier. Christian Ulmen ist ein bezaubernder Otto, ein Lebenskünstler, der mit staunenden Augen in die Welt blickt und die Augen dann lieber wieder zumacht.

Fazit: Es geht nicht! Der Traum von gleichzeitiger Selbstverwirklichung, Familiengründung, Liebe und moderner Rollenoffenheit ist maximal das: ein Traum. Im Alltag scheitert der an den Realitäten. Ob dann wie im vorliegenden Film tatsächlich alles gut wird, wenn der Mann nur endlich einmal sagen würde „Ich liebe Dich!“, ist dem märchenhaften Charakter der Vorlage geschuldet. Hilft dem Film aber dabei, zu Herzen zu gehen – wer geht denn auch ins Kino, um sein eigenes Eheleben gespiegelt zu sehen?

Wertung: 4 von 6 €uro
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