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Plakatmotiv: Gemini Man (2019)

Ein Film wie ein
großes Missverständnis

Titel Gemini Man
(Gemini Man)
Drehbuch David Benioff & Billy Ray & Darren Lemke
Regie Ang Lee, China, USA 2019
Darsteller

Will Smith, Mary Elizabeth Winstead, Clive Owen, Benedict Wong, Douglas Hodge, Ralph Brown, Linda Emond, Ilia Volok, E.J. Bonilla, Victor Hugo, David Shae, Theodora Miranne, Diego Adonye, Lilla Banak, Igor Szasz, Alexa György, Fernanda Dorogi, Alexandra Szucs u.a.

Genre Science Fiction, Action
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
3. Oktober 2019
Inhalt

Der in die Jahre gekommene, renommierte Auftragskiller Henry Brogan steht kurz vor dem Ruhestand, als er einen Auftrag bekommt, bei dem er einen vermeintlichen Terroristen in einem fahrenden Zug erschießt. Das stellt sich als Falle heraus, sodass Brogan nun wegen der Ermordung eines bedeutenden Wissenschaftlers verfolgt wird.

Als einige Anschläge auf Brogan scheitern, wird sein 25 Jahre jüngerer Klon Junior auf ihn angesetzt, der die gleichen Stärken, aber auch Schwächen besitzt …

Was zu sagen wäre

Ein Film augenscheinlich, der gedreht wird, um mit Bildtechnik zu experimentieren. Ang Lee (Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger – 2012; Brokeback Mountain – 2005; Hulk – 2003; Tiger & Dragon – 2000; Der Eissturm – 1997; Sinn und Sinnlichkeit – 1995; Eat Drink Man Woman – 1994; Das Hochzeitsbankett – 1993) hat in 3D-Technik und mit super-duper-allerhöchstauflösenden Kameras drehen können, musste dafür aber eine längst veraltet klingende Story inszenieren. Das Ergebnis sind auf der Leinwand ein paar spektakulär tiefe, kontrastscharfe Bilder, die uns dann was vom Klonen erzählen und davon, wie ein Mensch gegen seinen Klon kämpft – also eine Story, die den Odem der 60er Jahre atmet. Wir werden mit der überraschenden Info konfrontiert, dass es einen gewissenlosen Schurken gibt, der Klonkiller züchten will, die bei ihrem Tun nicht mit Gewissensbissen zu kämpfen haben, nicht mit Schmerzen, wenn eine Kugel in ihr Fleisch eindringt. Zu dieser Überraschung passend fragt Ex-Auftragskiller Henry Brogan nach dem Sinn des Klonens: „Wenn sie in der Lage sind, Menschen zu klonen, dann sollten sie doch eher Ärzte, Wissenschaftler klonen. Nicht mich! Warum klonen sie nicht Nelson Mandela?“ „Nelson Mandela hätte keinen Mann in einem fahrenden Zug aus so einer Entfernung töten können“, antwortet Danny Zakarewski, die freundliche, hilfsbereite Agentin. Ach so, setzt sich da der Gedankenapparat des Kinozuschauers in Gang, die Geheimdienste züchten lieber Killer als Menschenfreunde wie Mandela. Das ist überraschend.

Der Film wirkt wie ein großes Missverständnis. Schon die Trailer haben mich vom Film ferngehalten: Da kämpfte Will Smith gegen Will Smith – der eine die jüngere Version des aktuellen – ohne dass eine Geschichte erkennbar wurde. Plakatmotiv: Gemini Man (2019) Es tauchten, außer Clive Owen in seiner dreiundzwölfigsten Schurkenrolle („Jungs wie Henry sind dazu bestimmt, als Kollateralschaden zünden. Machen wir uns doch nichts vor.“), keine weiteren Personen auf. Alles an diesem Trailer rief: Langweilig! Bleib weg!

Die Ironie dahinter ist, dass der Film das Versprechen des Trailers einlöst.

Es gibt doch ein paar Leute mehr, die in diesem Film auftreten. Mary Elizabeth Winstead etwa, die wir seit 10 Cloverfield Lane (2016) und ihrem Auftritt als Tochter des one-and-only John McClane aus den Augen verloren haben (The Spectacular Now: Perfekt ist jetzt – 2013; Abraham Lincoln, Vampirjäger – 2012; The Thing – 2011; Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt – 2010; Death Proof – Todsicher – 2007; Final Destination 3 – 2006); oder Benedict Wong, der sich nach vielen kleinen Rollen gerade als Teil des Marvel Cinematic Universe etabliert (Avengers: Endgame – 2019; Avengers: Infinity War – 2018; Doctor Strange – 2016; Der Marsianer: Rettet Mark Watney – 2015; Kick-Ass 2 – 2013; Prometheus – Dunkle Zeichen – 2012; Moon – 2009; Spy Game – Der finale Countdown – 2001). Die Figuren sind sympathisch, loyal und kampferprobt, die Dramaturgie, in der sie agieren, ist heute aber längst Bestandteil jeder halbwegs ambitionierten TV-Serie und dort möglichst in den ersten fünf Minuten abgearbeitet.

Anders als der Trailer und manche Plakate – „Smith VS Smith“ – suggerierte, tun sich Will Smith und Will Smith nach der Hälfte des Films zusammen. Der eine, weil er außerhalb seines Scharfschützendaseins kein Leben auf die Beine bekommen hat und im Klon eine Art von Nachkomme entdeckt; der andere, der Klon, weil ihm plötzlich Fragen kommen, wer er ist. Im Raum steht, dass der alte, kinderlos gebliebene Profikiller in seinem jüngeren Klon einen Sohn-Ersatz findet, dem er in ein selbstbestimmtes Leben helfen will, in dem Winstead als desillusionierte Agentin eine Art Große Schwester und gleichzeitig Mutterersatz übernimmt. Das ist, weil es ja höchst professionell gefilmt ist, nicht lame; es ist sogar unterhaltsam. Aber eben auf dem Niveau der 90er Jahre, die derzeit ein immer währendes Revival erleben.

Irgendwie habe ich das Gefühl, hier einen Film gesehen zu haben, der was Großes vorhatte. Und grandios auf die Schnauze gefallen ist.

Die Zahlen sind bürgerlich: 138 Millionen US-Dollar hat die Produktion des Films gekostet – ohne Marketingkosten (die heutzutage 50 bis gerne 100 Prozent der Produktionskosten betragen). Eingespielt hat "Gemini Man" weltweit rund 173,5 Millionen US-Dollar.

Wertung: 2 von 8 €uro
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