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Plakatmotiv: Rumble Fish (1983)

Ambitionierter Versuch, europäisches
und US-Kino zu verschmelzen

Titel Rumble Fish
(Rumble Fish)
Drehbuch Susan Eloise Hinton
nach ihrer eigenen Romanvorlage
Regie Francis Ford Coppola, USA, Frankreich 1983
Darsteller
Matt Dillon, Mickey Rourke, Diane Lane, Dennis Hopper, Diana Scarwid, Vincent Spano, Nicolas Cage, Chris Penn, Laurence Fishburne, William Smith, Michael Higgins, Glenn Withrow, Tom Waits, Herb Rice, Maybelle Wallace u.a.
Genre Drama
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
3. August 1984
Inhalt

Rusty James und seine Gang sind mitten in einem blutigen Bandenkrieg. Voller Wut und Stolz imitiert Rusty seinen älteren Bruder, den einst gefürchteten Anführer Motorcycle Boy.

Beim Billard wird Rusty James eine Herausforderung von Biff Wilcox überbracht, dem Anführer einer verfeindeten Gang. Obwohl sein Schulfreund Steve darauf hinweist, dass der Motorcycle Boy solche Kämpfe einst verboten und einen Waffenstillstand zwischen allen Gangs verkündet hatte, nimmt Rusty James die Herausforderung mit dem Hinweis an, der Motorcycle Boy sei nun mal nach Kalifornien verschwunden.

Am Abend treffen sich Rusty James und Biff Wilcox zur verabredeten Schlägerei. Mitten hinein platzt Motorcycle Boy, beendet den Kampf und bringt den bei der Schlägerei schwer verletzten Bruder nach Hause. Rusty James‘ klaffende Wunde heilt in den kommenden Tagen ganz gut, aber dabei verliert er langsam den Bezug zu seiner Umgebung. Sein Vater ist rund um die Uhr betrunken, seit die Mutter abgehauen ist. Seine einzige Bezugsperson bleibt sein großer, von allen bewunderter Bruder. Wie ein Hündchen verfolgt er ihn durch die Straßen, stets erpicht, ihm zu zeigen, was er, Rusty James, für ein großartiger Typ ist.

Damit bringt sich Rusty james zunehmend in Schwierigkeiten: Seine Freundin Patty verlässt ihn, er fliegt von der Schule; und er verliert die bis dahin unangefochtene Stellung als Anführer seiner Gang. Und dann legt er sich auch noch mit dem Polizisten Patterson an, der es schon lange auf den Motorcycle Boy abgesehen hat.

Dem Motorcycle Boy wird klar, dass er Rusty James, der ihm selbst so fremd ist, von dem übermächtigen Bild des großen Bruders befreien und aus dem gewalttätigen Umfeld in der Vorstadt herausholen muss …

Was zu sagen wäre

Man muss diese größtenteils in Schwarz-Weiß gedrehte Produktion als Teil eines Double Features verstehen, dessen erster Film der im selben Jahr vom selben Regisseur gedrehte Die Outsider ist (mit teils identischer Besetzung). Die Outsider war der Versuch, das amerikanische Teenager-Drama der 50er Jahre aufleben zu lassen. Francis Ford Coppola tauchte diesen Film in knallige Farben (Einer mit Herz – 1981; Apocalypse Now – 1979; "Der Dialog" – 1974; Der Pate II – 1974; Der Pate – 1972). "Rumble Fish" nun ist sein Versuch, das klassische US-Kinodrama mit der europäischen Nouvelle Vague zu verschmelzen.

Kunstvoll und mit hohem kameratechnischen aufwand inszeniert Coppola die Geschichte eines Jungen, der außer Vorbildern und Träumen von einer besseren Welt nichts hat – vor allem keine Ahnung, wie er diese bessere Welt je erreichen soll. Seine Freundin Patty, der die 18-jährige Diane Lane gleichzeitig Unschuld und Reife leiht, wäre schon die richtige Stütze, aber selbst diese Hilfe direkt vor seiner Nase erkennt Rusty James nicht.

Es ist im mitteleuropäischen Kinosessel schwer nachzuvollziehen, was diesen Rusty James tatsächlich antreibt. Die Ödnis einer Stadt wie Tulsa in Oklahoma (in der Coppola auch die Outsider gedreht hat) treibt junge Menschen eher raus aus der Stadt. Ähnlich, wie in seinen Outsiders bleibt Coppola aber auch hier der Form verhaftet zulasten des Dramas. Er setzt einfach voraus, dass seine Zuschauer die eingebildete Ausweglosigkeit des Protagonisten akzeptieren und stürzt sich dann ganz in seine Kunst: lange, ruhige Kamerafahrten umschmeicheln das Auge, die titelgebenden Kampffische – Rumble Fish – sind der einzige Farbkleks im ganzen Film und wenn sich Rusty James für wenige Sekunden selbst für einen solchen Fisch hält, strahlt auch er in Farbe.

Diese Fische sind noch die beste Erklärung für den mitteleuropäischen Kinozuschauer, warum die US-Jungs sich so gerne prügeln: Die Fische, klärt der Motorcycle Boy seinen Bruder auf, können nicht anders, wenn sie sich begegnen, müssen sie kämpfen. „Vielleicht hören sie auf, wenn sie mehr Platz haben als hier im Aquarium?“ Diese Allegorie soll sein kaum belesener, im Kampf seine Erfüllung findende Bruder nun verstehen und für sich übersetzen. Am Ende sehen wir ih  als Schattenriss am Meer stehen.

Mickey Rourke als Motorcycle Boy unterstreicht seine Kunst, mit wenig Getue, schmaler Gestik, aber funkelnden Augen die Leinwand sofort in Beschlag zu nehmen (Eureka – 1983; American Diner – 1982; Body Heat – Eine heißkalte Frau – 1981; Heaven's Gate – 1980; 1941 – Wo bitte geht's nach Hollywood – 1979). Neben ihm verblassen seine Mitspieler. Matt Dillon macht seine Sache ordentlich, ist ein breitbeinig schwadronierender Halbstarker, der einfach da weterspielt, wo er in den Outsiders aufhören musste. Diane Lane (Die Outsider – 1983) ist eine Entdeckung, obwohl sie gar nicht so neu ist im Geschäft und gleich in ihrer Filmpremiere „ Ich liebe dich – I love you – Je t’aime“ (1979) neben Shakespeare-Legende Laurence Olivier den Youth in Film Award für die beste Hauptdarstellerin in einem Spielfilm erhielt. Von Miss Lane möchte ich unbedingt mehr sehen – sie ist schön, spielt souverän, ist keine Plastik-Frau und steht in ihren Rollen mit beiden Beinen auf dem Boden. Sehr lebensnah.

Alles in allem ist „Rumble Fish“ ein interessantes Werk eines interessanten Regisseurs („Einer mit Herz“ – 1981; Apocalypse Now – 1979; „Der Dialog“ – 1974; Der Pate – 1972). Auch wenn er mich nicht vom Sessel gerissen hat.

Wertung: 6 von 9 €uro
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